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Man sollte meinen, dass sich die österreichische Bundespolitik mit genug zeitraubenden Aufgaben konfrontiert sieht. Regierungskrise, Migrationsdruck und Verwaltungsreform prägen seit Wochen und Monaten die Schlagzeilen. SPÖ- Kulturminister Thomas Drozda beweist jedoch mit seinem Vorstoß zur Umbenennung des Wiener Heldenplatzes eindrücklich, dass er sich augenscheinlich amtstechnisch nicht ausgelastet fühlt.

Von Christopher Freiherr von Mengersen

Der Heldenplatz, zugehörig zum Hofburg-Gelände und 1878 mit dem heutigen Namen versehen, sei historisch „einigermaßen belastet“ und solle daher eine „adäquatere“ Bezeichnung erhalten. Damit verweist der Sozialdemokrat wohl auf die Tatsache, dass 1938 den versammelten Massen auf dem Heldenplatz der Anschluss Österreichs an das deutsche Reich verkündet wurde. Wo jedoch da der Zusammenhang mit dem damals bereits seit 60 Jahren institutionalisierten Namen zu finden sei, erläuterte Drozda gegenüber der „Presse am Sonntag“ nicht. Vielmehr sprach er über mögliche neue Bezeichnungen für den Heldenplatz. So würde ihm etwa „Platz der Republik“ oder „Platz der Demokratie“ vorschweben.

Durch die Hintertür regte der Minister zudem an, eine Debatte über die Denkmäler für den Wien-Verteidiger zur Zeit der Türkenbelagerung, Prinz Eugen, und Erzherzog Karl zu führen. Zu einer direkten Infragestellung ließ er sich nicht hinreißen, da er selbst feststellte, dass in einem derartigen Fall das Bundesdenkmalamt unverzüglich intervenieren würde.

In der Bundesrepublik Deutschland sind gerade im vergangenen Jahrzehnt derartige Vorstöße vielerorts in Mode gekommen. Linke Kräfte initiieren beispielsweise bundesweit Umbenennungsentscheide hinsichtlich des ehemaligen Feldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, der als einziges bundesdeutsches Staatsoberhaupt bislang direktdemokratisch gewählt worden war, sowie gegen Offiziere, Würdenträger und Repräsentanten der Kaiserzeit und der Weimarer Republik, die aus heutiger Sicht mit dem Bedenklichkeitssiegel „reaktionär“ gebrandmarkt würden. Nun drohen derlei bilderstürmerische Versuche auch im österreichischen Nachbarstaat Schule zu machen.

Doch wohin führt es, wenn ein Staat und dessen Repräsentanten damit beginnen, die eigene Geschichte zu relativieren? Waren es doch, betrachtet man es völlig wertneutral, keine „Demokraten“ oder „Republikaner“, die Napoleon Bonapartes Eroberungsstreben bei Aspern einen ersten Schlag versetzten, sondern Erzherzog Karl von Österreich-Teschen, dessen Reiterstandbild auf dem Heldenplatz die Inschrift „Dem beharrlichen Kämpfer für Deutschlands Ehre“ ziert.

Wenn ein Staat die Existenz seiner vergangenen Helden leugnet und ihre Ehrung vergehen lassen will, welche Zukunft wird ihm da beschieden sein? Welche starken Herzen werden bereit sein, für ihn in Stunden höchster Not zu streiten? Dass derlei Überlegungen keinerlei Eingang in das Denken eines Kulturministers gefunden haben, stellt dem Intellektualismus der österreichischen Polit-Eliten ein bedeutungsschweres Negativzeugnis aus.

Öffentlich haben sich bereits ÖVP und FPÖ für eine Beibehaltung des Heldenplatzes ausgesprochen, genau wie etwa 95% der Abstimmenden in einer Online-Befragung. Dass die Bilderstürmer von heute demokratische Voten jedoch in vielen Fällen scheuen, wie der Teufel das Weihwasser, zeigt das Beispiel der pommerschen Stadt Greifswald. Die dortige Erst-Moritz-Arndt-Universität musste aufgrund eines Entscheids des demokratisch nicht legitimierten Universitätssenat ihren Namen ablegen, da dieser angeblich nicht mehr zeitgemäß sei. Diejenigen, die ihre Geschichte auch in Wien nicht geklittert sehen wollten, sollten schleunigst damit beginnen, sich zu organisieren. Bevor auch hier abgehobene Politdarsteller einfache und schnelle Tatsachen schaffen.

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