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Die Öffentlichkeit hat keine Ahnung was gerade mit den ungarischen nationalen Ressourcen passiert. Diese Unwissenheit liegt aber auch voll und ganz im Interesse von Orbán, denn es können Vereinbarungen mit Kapitalinteresse getroffen werden, und nur diese Kreise wissen darüber Bescheid. Diejenigen, die mit ungarischem Ackerboden langfristig spekulieren wollen, sind der Presse bereits bekannt. Und die ungarische Regierung bereitet sich momentan darauf vor, diesen Spekulanten den Weg zu ebnen.

Nicht nur in Ungarn, sondern auf globaler Ebene steht die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts im Morgenrot der Ernährungskrise an einem Scheidepunkt. Beide Wege sind klar definiert, aber jetzt haben wir möglicherweise noch die Chance uns zwischen diesen beiden Wegen zu entscheiden.

Ein Weg steht dafür, auf unser Recht auf Ernährung zu verzichten und es einigen multinationalen Unternehmen zu übertragen. Die stellen dann das „Material“ für uns her und dies beinhaltet unzählige Chemikalien oder zum Beispiel genmanipuliertes Getreide, das sie auf Feldern anbauen, die durch die Gemeinschaft enteignet worden sind.

Es gibt auch noch einen anderen Weg: Die nachhaltige Landwirtschaft. Ein Ausgleich zwischen Umwelt und wirtschaftlichen Interessen. Einerseits werden die Eigenschaften unserer Umwelt im Auge behalten und andererseits werden Bedürfnisse von Gesellschaften und Kulturen beachtet. Solch eine nachhaltige Landwirtschaft schafft es auch, Auswanderungen zu stoppen, in Ungarn und weltweit, und nebenbei wandert der Profit nicht in die Kassen fremder Großkonzerne.

In Kishantos, einer Musterwirtschaft in der mittelungarischen Ortschaft Hantos, fand letzte Woche eine Konferenz statt. Thema war: „Agrarwirtschaft in Bezug auf die Zukunft der Landwirtschaft und deren Aspekte“. Katalin Rodics, die Agrarwirtschafts-Kampagne-Beauftragte von Greenpeace, hielt einen Vortrag. Weitere Redner waren József Ángyán, Agraringenieur, Universitätsprofessor und ehemaliger Staatssekretär und László Podmaniczky, Dozent der Szent-István-Universität.

Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist die Sicherstellung der Ernährung. Das Fundament hierfür muss sein, dass die Rechte über die Naturressourcen (Wasser, Ackerboden, Energie) bei der Allgemeinheit verbleiben. Derzeit sind jedoch leider ganz andere zentralistische Bestrebungen erkennbar.

József Ángyáns erklärte diese Bestrebungen in verständlichen Worten: Die lokalen Diener der spekulativen Kapitalinteressen rechnen damit, dass der Mark des ungarischen Ackerbodens früher oder später liberalisiert werden muss. Dadurch werden nicht nur die Äcker auf den Markt kommen, deren Inhaber derzeit durch sogenannte Taschenverträge wechseln, sondern die Erdölindustrie kann auch ihre Schuldscheine/ Promessen in Eigentum wandeln. Ein Beispiel hierfür ist der Fall „Monsanto“.

Ungarn steht vor einer agrarstrategischen Entscheidung, das heißt das Land kann zwischen „Agrarbusiness“ oder „Agrarkultur“ wählen.

Durch den EU-Mitgliedsvertrag verschärfte sich die ausgelieferte Lage Ungarns weiter, denn damit wurde, neben 9 weiteren Mitgliedsstaaten, auch Ungarn dazu verpflichtet, den nationalen Markt für die freie Kapitalwirtschaft zu öffnen. Warum setzt sich die ungarische Regierung dagegen nicht zur Wehr und kämpft dafür, diesen EU-Vertrag dahingehend zu verändern. Von der Regierung wurde auch ein darauf abgezielte Referendum der Jobbik abgelehnt.

Die ungarische Regierung hat großes Interesse daran, Superreiche zu unterstützen, denn sie selber  profitiert am meisten davon und es korrespondiert somit mit ihren Plänen, nationales Kapital zu schaffen.

Es ist auch kein Zufall, dass Förderprogramme der Europäischen Union eher die Entwicklung des Marktes als die der Landschaft unterstützen. Für die Entwicklung des Marktes reicht es, einen Ackerboden einfach nur zu besitzen und ihn vielleicht einmal jährlich zu bearbeiten, während man für die Entwicklung der Landschaft gemeinschaftliches Eigentum an Grund und Boden gestalten müßte. Eine Sache, die nicht im Interesse der Firmen, die sich hinter der Orbán-Regierung verstecken, liegt.

Eurostat belegt eine fatale Entwicklung: Während der Großgrundbesitz in den gutsituierten wirtschaftlichen Ländern bei durchschnittlich 20% liegt – Schweiz 54 ha, Niederlande 135 ha, Belgien 150 ha, oder Frankreich 274 ha – belegen die osteuropäischen Länder die letzten Listenplätze, so als würden sie auch wirtschaftlich nicht zu Europa gehören – Ungarn 3,164 ha, Tschechien 3,531 ha, nur Polen ist eine Ausnahme, hier sind es nur rund 250 ha.

Bei der Veranstaltung wurde József Ángyán gefragt, ob dies ein Zeichen dafür ist, dass es Menschen gibt, die bereits darauf warten mit dem ungarischen Ackerboden spekulieren zu können? Der Agraringenieur antwortete und fasste die staatlichen „Grund und Boden Privatisierungen“ wie folgt zusammen:

„Die Öffentlichkeit hat keine Ahnung was gerade mit unseren nationalen Ressourcen passiert. Diese Unwissenheit liegt aber auch voll und ganz im Interesse der Politik, denn es können Vereinbarungen mit Kapitalinteresse getroffen werden, und nur diese Kreise wissen darüber Bescheid. Diejenigen, die mit ungarischem Ackerboden langfristig spekulieren wollen, sind der Presse bereits bekannt. Und die ungarische Regierung bereitet sich momentan darauf vor, diesen Spekulanten den Weg zu ebnen.“

Er führte weiter aus, es ist kein Zufall, dass ungarische Damen und Herren arabische Länder besuchen. Nicht zufällig inspizierte der saudi-arabische Milliardär das Dorf Seregélyes (Komitat Fejér/Weißenburg in Mittelungarn) und nicht umsonst poussiert Viktor Orbán mit dem arabischen Bankier. Es gibt sicherlich auch gute Gründe, warum Lőrinc Mészáros, der Strohmann des Ministerpräsidenten, oder István Tiborcz, der Schwiegersohn Orbáns, genau mit diesen Kreisen Geschäfte machen.

„Da ein Ende des Ölzeitalters in Sicht ist, muß man sich umorientieren und der Profit muß durch die Investition in eine neue, aber ebenso wichtige Ressource generiert werden. Arabische Dollarmilliardäre entdeckten den Ackerboden und die natürlichen Ressourcen, und wenn es ihnen gelingt, so können sie dann für Lebensmittel so viel verlangen, wie sie wollen“, erklärt József Ángyán.

Er erklärte weiter, dass es ein mehrstufiger Prozess ist, der es nicht unbedingt erforderlich macht, dass die Araber selbst sofort Grundeigentum erwerben. Dafür gibt es die Strohmänner, ungarische lokale Vassallen, wie der Bürgermeister Lőrinc Mészáros des Ortes Felcsút. Diese Strohmänner bereichern sich zwischenzeitlich durch den liberalisierten Ackerboden-Markt und die bereits auf europäischer Ebenen existierenden “Verpflichtungsanteilsverfahren“  durch Spekulation. Danach verkaufen sie unsere Ressourcen, die aus Gründen der Staatssicherheit geschützt sein sollten, mit großem Profit weiter.  

„Das arabische Ölkapital teilt mit dem regierungsnahen „nationalen Kapital“ den Profit der Ausbeutung Ungarns. Man sieht, es reichen ein paar hundert Menschen, um Ungarn zu zerstören, “ warnt Ángyán.   

Wer nicht glaubt, dass dieses „land grabbing” funktioniert, soll sich Äthiopien ansehen: das an Hungersnot leidende Land erzeugt den Reis für Saudi-Arabien.

Ein Lösungsansatz wäre das genossenschaftliche Modell, das die Wettbewerbsfähigkeit familiärer Landwirtschaften sichert und im Westen bereits erfolgreich funktioniert. In Ungarn scheint dies aber nicht zu funktionieren, warum weiß allerdings niemand! Die Ungarn schaudern wenn sie nur an die kommunistische Kolchosen denken, aber die besagte Genossenschaft ist ganz anders aufgebaut, fügte Ángyán erklärend hinzu.

Den ungarischen Landwirten sollte klar werden, dass sie allein nicht bestehen können, weil sie damit alle Vorteile verlieren, die sie als Genossenschaft ausverhandeln können, wie zum Beispiel bei der gemeinsamen Bestellung, Aufarbeitung, oder auch gemeinsamen Vermarktung. „ Ich sehe es so, dass der ungarische Staat weder in der Stärkung der Landwirte, noch im Aufbau eines genossenschaftlichen Modells interessiert ist. Daher ist es auch nicht überraschend, dass es immer noch keine gesetzlichen Regelungen bezüglich landwirtschaftlicher Genossenschaften gibt, obwohl dies in der „Landesstrategie“ festgelegt wurde.

Die Politik der Orbán-Regierung orientiert sich an den großen Kapitalinteressen, „denn wer allein über 28.000 ha disponiert, braucht keine Genossenschaft.“ Wir fragen, warum niemand etwas dagegen unternimmt? Es gibt keinerlei Rebellion! „Meine feste Überzeugung ist es, dass sich die ungarische Gesellschaft in völliger Apathie und in einer Art hypnotisiertem Zustand befindet“, beantwortet Katalin Rodics unsere Fragen.

„Die städtische Bevölkerung erkennt nicht, dass ihre Ernährung und ihr ganzes Leben völlig davon abhängen, was mit der Landwirtschaft passiert. Und diejenigen, die vom Ackerboden leben und davon betroffen sind, verfügen kaum über Interessenvertretungen. Denn auch die MAGOSZ (Allianz ungarischer Landwirtkreise und Landwirtvereine) steht auf der anderen Seite“, sagte er.

Auf der anderen Seite gibt es Ungarn, die die enorme Bedeutung nationaler Ressourcen sehr wohl erkennen, es sind die Mitglieder der ungarischen Regierung und sie sammeln fleißig diese Güter.

Die wichtigste natürliche Ressource Ungarns, die ergiebigen Felder, steht direkt mit der Machtergreifung im Zusammenhang. Erstaunlich ist aber, dass sechs große Unternehmen 70-80% des globalen Saatkorn-Handels beherrschen und „wer füttert, diktiert“, warnte Katalin Rodics. Die jüngste Ausführung der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) zum Thema Glyphosat bestätigt Rodics Aussage: Glyphosat, einer der Pfeiler des Konzerns Monsanto, ist völlig ungefährlich! Weiters ist es auch sehr merkwürdig, dass der Agrarminister Sándor Fazekas und der Nachbar von Kishantos, Tibor Zászlós sich aktiv darum bemühen, die ungarische GMO-Neutralität zu schwächen.

„Die Großkonzerne werden immer mächtiger und erhalten dadurch Zugriff auf die Fundamente der Menschheit und das ist eine furchtbare Gefahr“, warnt die Mitarbeiterin von Greenpeace und sie ergänzt: „Das Fundament der Stabilität ist die Vielfalt, aber die agrarchemikalischen Konzerne haben nur ein paar wenige Pflanzenarten und dies mach das System vollkommen instabil! Weil es durch die gewinnorientierte landwirtschaftliche Produktion zu vermehrtem und übertriebenem Einsatz von Chemikalien kommt, wird auch unsere Umwelt zerstört.

Seit 2004, dem Beitritt Ungarns zur EU, verringerte sich der ungarische Vogelbestand um satte 25-30 Prozent und es sind auch bestäubenden Insekten wie Bienen in Gefahr!

Quelle:http://alfahir.hu/2017/03/24/olajlobbi_anagyan_jozsef_rodics_katalin_allami_foldek_foldmutyi

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