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Viktor Orbán und Binali Yildirim (Foto: mno.hu)

150 Jahre Besetzung hin, Migrationsdilemma her – Ungarn Zeichen mit der Türkei stehen auf Harmonie. Am Donnerstag traf Viktor Orbán in Begleitung seiner Minister und Wirtschaftspartner in Ankara ein, um an der bereits dritten türkisch-ungarischen Strategiesitzung teilzunehmen. Die Türken sind mit derartigen Treffen nicht sehr freizügig, denn solche Veranstaltungen werden nur für ihre engsten, zur Region gehörenden, Partner veranstaltet.

Die beiden Länder hegen sichtlich eine sehr freundschaftliche Beziehung. Der türkische Regierungschef Binali Yildirim schenkte dem Fußball-fanatischen ungarischen Ministerpräsidenten eine Galatasaray-Trikot und einen Fußball mit den Unterschriften aller Spieler des Fußballklubs Galatasaray. Orbán pflegt sowieso eine enge Beziehung mit dem Istanbuler Klub, da sein Freund, Adnan Polat, 4 Jahre lang die Mannschaft führte. Wie es sich zeigt, war die gute Freundschaft auch ein lohnender Gewinn für den Geschäftsmann. Unternehmen an denen Polat beteiligt ist, erhielten  das Betriebsrecht türkischer und iranischer Handelshäuser und dies bedeutet gleichzeitig auch viel Geld vom ungarischen Staat. Eine weitere allseits bekannte Tatsache ist, dass die harten Regierungsmethoden des Staatschefs Recep Tayyip Erdogan dem ungarischen Ministerpräsidenten gefallen und so könnte das türkische Modell zu einem Vorbild für einen „illiberalen Staat” auch in Ungarn werden.

Auch der ungarische Außenminister  Péter Szijjártó verfügt über interessante türkische Freundschaften, z.B. die mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Nach dem Putschversuch im letzten Sommer erklärte Szijjártó selbst, dass er sofort seinen Freund anrief, um sich nach dessen Befinden zu erkundigen.

Recep Tayyip Erdogan begrüßt Viktor Orbán in Ankara am 30. Juni 2017 (Foto: MTI)

Aufgrund all dieser Informationen ist es nicht besonders  überraschend, dass das Treffen am Freitag in eben solch einer freundschaftlichen Umgebung stattfand und die Parteien sich gegenseitig hofierten. „Das hochgeschätzte Mitglied der NATO”, „maßgeblicher Faktor”, „wichtigster Verbündeter Europas”, „eine optimistische wachsende Nation”, „eine der stärksten Armee der Welt”, „die Türkei muss respektiert werden“, nur ein kleiner Auszug aus Orbáns Komplimenten von denen auch das ungarische staatliche Fernsehen M1 berichtete.

Orbán zögerte auch nicht sich über die mögliche EU-Mitgliedschaft der Türkei zu äußern. Er sagte, Ungarn werde weder Aufschübe noch Unterbrechungen diesbezüglich unterstützt, denn er ist sich sicher dass die EU ein großes historisches Abkommen mit der Türkei schließen muß. Der ungarische Ministerpräsident führt diesbezüglich aber eine sehr übermütige Rede, denn immerhin sind die Beitrittsverhandlungen seit mehreren Jahren eingefroren und nach den Geschehnissen letzten Jahres gibt es keine Aussicht diese in naher Zukunft wieder aufzutauen. In dieser Frage stimmt Orbán Erdogan Strategie auch zu, der die Europäische Union ja regelmäßig bedroht. Seine rhetorischen Lösungen sind klangvoll und kostenlos, ohne dass er Angst vor realen Konsequenzen haben muss. Gleichzeitig wird für die Türken Ungarn ein immer wertvollerer Partner, denn in einer zunehmend türkenfeindlichen Atmosphäre innerhalb der EU ist ein verbündetes EU-Mitgliedslands sehr wichtig.

Den gegenseitigen Beziehungen wird Erdogans Plan, im Herbst nach Ungarn zu kommen (wegen des Putschversuches musste er letztes Jahr den Staatsbesuch absagen) sehr dienlich sein.  Ein EU-Land, in dem er warmherzig empfangen werden wird.

Und warum lohnte sich das Ganze für Ungarn? Das unvermeidliche Thema der Besprechungen war die Anhebung des Warenverkehrswertes zwischen den beiden Ländern auf 5 Milliarden Dollar, was bisher noch nicht erreicht werden konnte. Laut ungarischer Informationen wurde die 2 Milliarden Grenze überstiegen und langsam nähert man sich der 3 Milliarden Dollar Grenze. Die türkischen Statistiken berichten über bescheidenere Ergebnisse, nämlich von 2,1 Milliarden Dollar.

Abgesehen davon kann man nicht abstreiten, dass sich der ungarische Handel seit Jahren dynamisch entwickelt und daher ist die unausweichliche Ankündigung Szijjártós auch keine Überraschung: Bei der Eximbank wurde ein Kreditrahmen in der Höhe von 255 Millionen Euro für die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen eingerichtet.  Die Türkei denkt in größerem Rahmen, denn die türkische Eximbank stellte einen Kreditrahmen in der Höhe von 750 Millionen Euro sicher. Das Problem daran ist jedoch, dass keiner der beiden Parteien den ersten Schritt machen möchte und sie jeweils auf den anderen warten. Als Ungarn in mehreren türkischen Städten repräsentative Büros für kostspielige Handelshäuser eröffnete und mit offenen Armen auf türkische Investoren wartete, bemängelten die Türken, in der wirtschaftlich stagnierenden Türkei, die ungarischen Geschäftsleute. Der türkische Regierungschef wies darauf hin, dass 500 Anleger aus der Türkei 100 Millionen Dollar in mehrere ungarische Branchen investierten während die Investments der Ungarn kaum 20 Millionen Dollar ausmachten. Und er fügte hinzu, dass diese Investitionen aus Ungarn wachsen müssen.

Eine harte Nuss kann die Ankündigung des Vereins in Ungarn lebender Kurden für die ungarische Regierung werden: Die regionale Provinz von Kurdistan beschloss, dass sie eine Volksabstimmung über die kurdische Unabhängigkeit für den 25. September ausschreibt. Wegen des MOL-Unternehmens und der militärischen Präsenz in Erbil, pflegt Ungarn mit Kurdistan traditionelle eine gute Beziehung. Ankara bedroht jedoch diese Unabhängigkeit.

Quelle: https://mno.hu/kulfold/korbeudvaroltuk-a-torokoket-ankaraban-2405778

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