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„Die Europäische Union gab mehrere Milliarden Euro Steuergeld für die Angleichung Ostmitteleuropas an den Westen aus, jedoch ohne sichtbaren Erfolg. Leider gibt es innerhalb der EU keine Mechanismen, die darauf achten, ob durch Finanzierungen die gesteckten Ziele auch erreicht werden“, bedauerte der Parlamentsabgeordnete der Jobbik und Vorsitzende der Bürgerinitiative „Lohnunion“ Márton Gyöngyösi in einem Interview des Webportals Alfahír.

Alfahír: Was erwartet Europa, wenn die Kluft zwischen den Kernländern und den peripheren Ländern nicht verringern wird?

Gyöngyösi: Schon heute wird Ostmitteleuropa ausgeblutet und die Tendenz ist steigend. Arbeitsfähige und gut ausgebildete Menschen verlassen ihre Heimat zu Tausenden und damit verlässt auch das geistige Potential die Länder und Regionen und dies kann ja nicht gewollt sein. Die Auswanderung der jungen talentierten Gesellschaftsschicht führt mittel- und langfristig nicht nur zu einer gesellschaftlichen Katastrophe, sondern auch zum Verfall des Pensions-und Sozialsystems. Auch können die Gesundheits- und Bildungssysteme nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Sicherstellung der Leistung der großen staatlichen Versorgungsorgane wird dadurch gefährdet, dass die aktive Gesellschaftsschicht in einem anderen Land das Vorankommen sucht und findet.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die negativen Folgen der billigen osteuropäischen Arbeitskraft auch Auswirkungen auf Westeuropa haben wird, so z.B. durch massiven Druck auf die Löhne und das Versorgungsystem. Österreich führte bereits am 1. Jänner Maßnahmen ein, mit denen Arbeitsgenehmigungen von osteuropäischen Arbeitsnehmer in Österreich blockiert oder eingeschränkt werden sollen. Unter anderem besuchte auch Emmanuel Macron im September das V4-Spitzentreffen in Budapest, um über die Probleme in Frankereich, die durch osteuropäische Arbeitsnehmer entstehen, zu verhandeln.

Alfahír: Soll die Angleichung der ungarischen Löhne auch den Zerfall Ungarns verhindern?

Gyöngyösi: Die Lohnunion ist eine langfristige Zielsetzung. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es ein außerordentlicher Prozess sein wird, dessen Umsetzung Zeit braucht. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass für diese Umsetzung ein nationalpolitisches Programm von Nöten ist. Wir müssen die richtigen Instrumente finden, um die Initiative erfolgreich umsetzten zu können. Dies würde für unsere Region einen Aufstieg bedeuten und damit ein erfolgreiches, solidarisches Europa schaffen.

Unsere Bürgerinitiative ist mit der Vision eines neuen Europas verbunden. Wir möchten uns in die Debatte einmischen, in der bisher nur Juncker und Macron ihre, für uns eher negativen, Vorstellungen bezüglich der Zukunft des Kontinents ausführten.

Die Lohnunion ist eine große Möglichkeit für Osteuropa, nach dem Brexit und der Krisen innerhalb der Europäischen Union, kommt nun endlich eine sinvolle Debatte in Gang. Es geht schliesslich nicht darum, ob alle das Konzept des föderalen Europas annehmen oder aus der EU austreten. Hierzu wurden bereits mehrere Vorschläge auf den Tisch gelegt und es begann eine Art des Dialogs zwischen den Organisationen der Europäischen Union. Nun ist der Moment gekommen, dass auch die ostmitteleuropäischen Länder die massiven Schwierigkeiten die sie betreffen, in diesem Prozess sichtbar machen, und ihre Lösungsvorschläge präsentieren.

Alfahír: Die gezielten Angriffe auf die Lohnunion teilen sich im Großen und Ganzen in zwei Themen. Zum einen der Vorwurf, dass die Jobbik die Umsetzung der Lohnerhöhungen von Brüssel erwartet und daher bereit ist, auf einen weiteren Teil der ungarischen Souveränität zu verzichten. Das andere Argument ist, dass die Lohnunion keine Existenzberechtigung hat, weil die Europäische Kommission keinen Einfluss auf die Löhne nehmen kann.

Gyöngyösi: Diejenigen, die derartige Kritiken formulieren, kennen entweder die Inhalte der Initiative nicht, oder sind einfach nur bösartig. Mit unseren Bemühungen schwören wir der katastrophalen Politik der letzten Jahrzehnte ab. Im Interesse der Verbesserung des ungarischen Lebens und der ungarischen Löhne, möchten wir ein umfassendes Programm ausarbeiten. Naiv ist derjenige, der denkt, dass die Jobbik sich an die Europäische Union nur deshalb wendet, um bestimmen zu lassen wieviel die Ungarn verdienen sollen.

Wir wissen genau, dass die Europäische Kommission keine solchen Befugnisse hat. Darum hat sie bereits mit den anderen EU-Organisationen ausverhandelt, die Instrumente zu bestimmen und zu benennen, mit denen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten angeglichen werden können. Die Union verfügt über ein Mittel, das genau diesem Ziel dient: es heißt Kohäsionspolitik.

Alfahír: Wie effektiv ist diese jetzt?

Gyöngyösi: Die Europäische Union gab mehrere Milliarden Euro Steuergeld für die Angleichung Ostmitteleuropas an den Westen aus, jedoch ohne sichtbaren Erfolg. Leider gibt es innerhalb der EU keine Mechanismen, die darauf achten, ob durch Finanzierungen die gesteckten Ziele auch erreicht werden. Die Kohäsionspolitik hat keinen eigenen EU-Kommissar, es gibt auch keine Berichte und es stört Brüssel offenbar auch nicht, dass ein Teil des Geldes entweder gestohlen, oder für unnötige Maßnahmen verwendet wird. Eine Reform der Kohäsionspolitik wäre nicht nur für die Mitgliedsstatten wichtig, sondern auch für jene Länder, die Netto-Zahler der EU sind, da es auch im Interesse der EU-Bürger liegt, zu wissen wofür man ihre bezahlten Steuerforints/Steuereuros ausgibt.

Quelle: https://alfahir.hu/2017/08/19/gyongyosi_marton_interju_berunio_alairasgyujtes_augusztus_20

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