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Foto: Brian H. Neely / wikimedia (gemeinfrei)

Im Rahmen einer Afghanistan-Reise hat die Bundesministerin für Verteidigung, Ursula von der Leyen, die „positive Entwicklung“ im Land gelobt. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im Oktober glaubt sie an die Sinnhaftigkeit von Friedensgesprächen mit der radikalislamischen Taliban.

Afghanistan ist ein von Kriegen zerrüttetes Land. 1979 begann ein zehn Jahre andauernder Krieg, in welchem die Sowjetunion erfolglos versuchte, das Land unter Kontrolle zu bringen und die neue Macht radikalislamischer, von den USA unterstützter Gruppen zu brechen. Der Erfolg blieb aus, nach dem Abzug der letzten Truppen 1989 stürzte das Land in einen zwölfjährigen blutigen Bürgerkrieg. Als die NATO im Rahmen des „Krieges gegen Terror“ unter US-Federführung 2001 entschied, in Afghanistan einzumarschieren, wurde aus diesem ein wieder multinationaler Krieg.

Für die deutsche Bundeswehr wurde dieser Einsatz zur blutigen Bewährungsprobe. 57 deutsche Soldaten ließen im fernen Afghanistan bis heute ihr Leben, ohne Einberechnung der Verluste aus den Reihen der Spezialkräfte. Offiziell ist der Einsatz beendet, heute wird eine Nachfolge- und Unterstützungsmission durchgeführt. Ergebnis ist jedoch der erneute Vormarsch der Taliban und ein wie selten zuvor zerrissenes Land.

Die Afghanistan-Kriege seit 1979 dienen unbestreitbar als ein mahnendes Beispiel gegen die Einmischung ausländischer Großmächte in fremde Interessen. So ist der ursprüngliche Krieg entstanden, da die Sowjetunion die putschende kommunistische Partei des Landes unterstützen und hiernach die staatliche Struktur als Besatzungsmacht „kurzfristig“ sichern wollte. Auch die Invasion von 2001 dauerte an sich nicht lange, eine nun siebzehnjährige Besatzungszeit hatte die NATO damals gewiss nicht im Sinn gehabt. Der Krieg brachte sowohl die Sowjets als auch die NATO um viele Soldatenleben, internationale Popularität und viel Geld. Auch die westlichen Völker dieser Welt stellen die Sinnhaftigkeit eines solchen Einsatzes schon seit langer Zeit in Frage.

Daher ist es durchaus möglich, die Worte der Verteidigungsministerin im ersten Eindruck positiv aufzunehmen. Betrachtet man allerdings die Hintergründe, verflüchtigt sich diese Hoffnung. Wie Der Tagesspiegel berichtete, lobte von der Leyen den afghanischen Präsidenten, im Hinblick auf die im Herbst anstehenden Wahlen, zur Aussöhnungstaktik mit den Taliban. Sie glaube, dass die Taliban „bereit sind, der Gewalt abzuschwören und die Verfassung zu achten“. Sie glaubt also, dass ein Krieg in der dortigen Situation keine Lösung sein kann. Eine richtige, wenn auch durchaus späte Erkenntnis. Aus dem Mund der Ministerin jedoch auch ein Armutszeugnis.

Afghanistan war vor dem Krieg ein relativ fortschrittliches Land, nach radikalem Islamismus hatte man Anfang der siebziger Jahre vergeblich gesucht. Alle ausländischen Kriegsparteien müssen sich heute eingestehen, dass es nicht das afghanische Volk war, welches sich grundlos radikalisierte. Es waren die Kriege fremder Interessen, welche junge, unschuldige Menschen in die Arme radikaler, religiöser Kräfte und letzten Endes so oft in den Tod trieben. Warum ist also die Einsicht nach einer friedlichen Lösung, selbst mit den Taliban, ein Armutszeugnis?

Die Regierung und die Demokratie sind in Afghanistan heute nicht stabil. Die Taliban ist alles andere als friedlich, durch ihren „Konkurrenten“, den Islamischen Staat, radikalisieren sie sich, wie in einem Wettstreit, immer weiter, damit sie keine Anhänger verlieren. Währenddessen spricht die deutsche Ministerin von Versöhnung, es geschieht aber kein Abzug ihrer Truppen aus dem Land. Die Nachfolgemission, welche auch schon ein deutsches Soldatenleben forderte, wird aufgestockt und verlängert. Ihre Worte repräsentieren also nicht ihre Taten. Und gerade die versöhnlichen Worte sind völlig fehl am Platz. Auch wenn die Taliban nur durch den Krieg an sich entstanden ist, ist sie zweifelsohne unser Feind. Man kann keine Annäherung an einen Feind machen, welche auch heute noch von der „Zerstörung des Westens“ predigt. Gleichzeitig davon zu sprechen, dass die Taliban bereit seien, von „der Gewalt abzuschwören und die Verfassung zu achten“, ist nichts weiter als eine Offenbarung grenzenloser Unwissenheit oder Naivität.

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