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Für die meisten Menschen ist es schon bekannter, dass Viktor Orbán vor dem Systemwechsel 1989-90 durch ein Soros-Stipendium ermöglicht in Oxford studierte. Danach verstrichen 30 Jahre, und die Welt stand Kopf für den ungarischen Ministerpräsidenten. Der einstige Soros-Stipendiant und Zivilaktivist hat heutzutage zwei Erbfeinde: Stipendianten und Zivilaktivisten.

Ein Brief wurde neulich veröffentlicht, der angeblich Viktor Orbán selbst 1988 der Soros-Stiftung zukommen ließ, um sich seine politischen Studien finanzieren zu lassen. Der Lebenslauf und der Motivationsbrief gelangten in der französischen Wochenzeitung L’Express an die Öffentlichkeit, und laut des ungarischen Webportals „Mérce” (dt. „Maßstab”) bewarb sich der 25-jährige Viktor Orbán um ein Stipendium, um an der Universität Oxford studieren zu können.

Das ca. 10.000 Dollar-Stipendium erhielt er letzendlich, und studierte vom Geld George Soros’ genau  wie auch ein maßgeblicher Anteil von Politikern der jetzigen Fidesz-Regierung.

Im englischsprachigen Motivationsbrief schrieb Viktor Orbán über die Fragen der gesellschaftlichen Selbstorganisation, sowie auch darüber, dass die Politikwissenschaftler die Veränderungen der ungarischen Gesellschaft der 80er Jahre häufig als „die Wiedergeburt der Zivilgesellschaft” bewerten. Im Folgenden veröffentlichen wir die deutsche Übersetzung des Briefes:

„Das Thema meiner Forschung ist die Zivilgesellschaft in Ostmitteleuropa. Im Laufe meiner Studien habe ich angefangen, mich mit der Problematik der Zivilgesellschaft zu beschäftigen. In diesem Thema habe ich meine Diplomarbeit verfasst, und jetzt bin ich als Mitglied einer die ostmitteleuropäischen Zivilorganisationen erforschenden Gruppe tätig.

Die in der ungarischen Gesellschaft vom Anfang der 1980er Jahre entwickelten Tendenzen bewerten die Politikwissenschaftler als eine Wiedergeburt der Zivilgesellschaft. Das Konzept ’Staat versus Zivilgesellschaft’ scheint seit Jahren als Schlüsselwort der Politikwissenschaft und des öffentlichen Lebens. Dieses Konzept wird auch von offiziellen Politikern, von unabhängigen politischen Bewegungen, und von Politologen verwendet, aber interessanterweise konnte bisher niemand die Bedeutung der Kategorie bestimmen.

Trotz der zwischen den polnischen und ungarischen Entwicklungslinien bestehenden Unterschiede nutzten die ungarischen Bewegungen die Theorie „der neuen Evolution” maßgeblich für sich. Sogar sind die Programme einiger neuen Organisationen als eine modernisierte, für die ungarischen Verhältnisse geplante Version des neuen Evolutionismus zu betrachten. Einerseits sehen wir die Trennung des Staates, andererseits die Trennung der Gesellschaft. Die Kontrolle über die Gesellschaft befindet sich im Wandel.  Wahrscheinlich wird dieser Prozess der Geschehnisse sich auch in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen. Es ist gut möglich, dass wir mit einem von der Diktatur zur Demokratie führenden Übergang in Ostmitteleuropa rechnen müssen. Eines von den Hauptelementen dieses Übergangs könnte die Wiedergeburt der Zivilgesellschaft sein. Ich bin der Meinung, dass die Beziehung zwischen dem Staat und der Gesellschaft, vielleicht sogar in ganz Ostmitteleuropa im Wandel ist, und dieser Prozess verfügt in jedem Land über spezielle Merkmale.

Die in Oxford zu verbringenden Monate wären sehr nützllich in der Hinsicht, dass dieses Problem Ostmitteleuropas auch aus einem anderen Aspekt untersucht werden könnte. Das Konzept der Zivilgesellschaft wurde in Ostmitteleuropa aufgrund der Werke von Hegel und Marx bekannt. Mich interessiert die Erscheinung des Problems in den englischenliberalen Traditionen (z.B. Hobbes, Locke, Paine, Mill). Ich bin ebenfalls auf moderne Theorien neugierig.

Über die in Oxford ausgearbeitete berühmte analytische Methodik habe ich viel gehört. Mit der Anwendung dieser Methodik möchte ich die neuen theoretischen Konzeptionen finden, die die Beschreibung des in unserer Region verlaufenden Prozesses ermöglichen, die zwischen der reinen Theorie und der empirischen Ebene positioniert sind.

Nach meinem besten Wissen kann ich in Oxford bekannte und für mich wichtige Referenten treffen, (z.B.Brus, Pelczynski, Raz).

Früher habe ich mit Oxford-Stipendianten gearbeitet, die über die dortigen günstigen Arbeitsumstände viel erzählt haben.

Viktor Orbán”

Als Kommentar zum Brief wurde in der französischen Zeitung vermerkt: Orbán sah bereits im Jahre 1988, dass die Zivilgesellschaft als Gegengewicht der politischen Macht Potenzial besitze. Dieses Potenzial wolle nun der bis zum Ministerpräsidentenstuhl gelangte Soros-Stipendiat vollständig abschaffen.

Quelle:

https://alfahir.hu/2018/04/03/orban_viktor_soros_gyorgy

https://alfahir.hu/2018/03/31/orban_viktor_soros_osztondij_level_oxford_soros_gyorgy

Den Brief finden Sie hier:

La note envoyée par Viktor Orban à la fondation George Soros

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