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1. Vorwort

Es war ein anderes Leben, an das ich mich heute manchmal erinnere. Leistungssport, ein Marathonlauf, keine große Herausforderung. Mit dem Hängegleiter in den Bergen unterwegs, der Segelkunstflugschein, die Fahrt mit dem Motorrad, das Surfen am Neusiedlersee, der Sprung vom 10-Meter-Turm – es war spannend.

Nur wenige Tage vor meinem Unfall, der mein Leben völlig verändert hat, hatte ich bei einem Schaufensterbummel einen jungen Mann im Rollstuhl gesehen. Dahinter seine Frau – hübsch. Mein erster Gedanke: Mitleid. Was ist das für ein Leben? Ich sollte es bald erfahren.

Es war mein dritter Flug an diesem Sommertag. Gutes Wetter am Kulm, freilich ein bisschen windig, aber kein Problem. Ich hatte im Vorfeld neben meinen anderen Fluglizenzen auch den Sonderpilotenschein für Paragleiter erworben und wollte an diesem Tag wieder einmal den Ausblick von oben mit einem unkomplizierten Fluggerät genießen. Nach einem problemlosen Routinestart flog ich die Hangkante entlang und genoss den Ausblick auf den Stubenbergsee. Ich liebte es, tief zu fliegen, die Bäume in Griffweite zu haben und den Wanderern zu winken. Nur 15 Meter über Grund, dann plötzlich eine starke Turbulenz, der Schirm klappt. Keine Chance, den Rettungsfallschirm zu werfen, keine Chance, den Schirm wieder zu öffnen. Nur ein Gedanke: überleben – irgendwie.

Es folgt ein unendlich langer Fall, die Erde rast auf mich zu, die Zeit bleibt stehen. Ich schlage hart auf, bekomme keine Luft, dann höllische Schmerzen im Rücken und ein taubes Gefühl in den

Beinen – nein, eigentlich gar kein Gefühl in den Beinen. Ich kann nicht aufstehen, kann mich kaum bewegen. Das Handy steckt in der Hosentasche. Ich erreiche es nicht. Irgendwann werde ich gefunden, der Helikopter kommt, ich werde bewusstlos.

Dann ein Piepsen, eine Menge Geräte, die Intensivstation. Man hat mir eine ganze Menge Titan in die gebrochene Wirbelsäule geschraubt. Auch das Rückenmark ist schwer geschädigt. Die Diagnose: Querschnitt komplett und ein langes, hartes Training, um den Umgang mit dem Rollstuhl zu lernen. Der Ersatz für meine Beine.

Es folgten bange Tage im Krankenhaus und ein halbes Jahr Rehabilitationsaufenthalt am Weißen Hof in Klosterneuburg. Lernen, sich im Bett alleine aufzusetzen, vom Bett in den Rollstuhl zu rutschen. Das Duschen mit dem Duschrolli. Schön, wenn man nach einigen Wochen auf dem Rücken wieder einmal auf dem Bauch liegen kann. Vom Rollstuhl aufs WC, auch nicht so leicht. Behindertensport, das hat mir Spaß gemacht.

Es ist ein eigenartiges Gefühl, plötzlich behindert zu sein. Man will es zuerst nicht wahrhaben. Und doch gewöhnt man sich mit der Zeit daran. Mehr noch, ich weiß, dass ich in den letzten Jahren unendlich viel gelernt habe. In den vielen Monaten auf Rehabilitation habe ich viele starke Persönlichkeiten kennengelernt, mehr als in den Jahren zuvor in meinem Job in der Luftfahrt oder dann in der Politik. Menschen, die ganz am Boden waren und sich wieder aufrichten konnten, die ihr Leben wirklich gemeistert haben. Menschen, die ihre Mitte gefunden haben – trotz aller Turbulenzen.

Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die vor einer ausweglosen Situation stehen, ein Schicksal zu meistern haben, vielleicht ein kleines Fenster brauchen, um den Ausblick auf ein neues Leben zu finden. Ein Leben voll von neuem Glück.

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