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Barockes Eckhaus in der Herrengasse (Úri utca) im Budapester Burgviertel (Foto: Csaba Jászai / MTI)

Das aus dem 18. Jahrhundert stammende barocke Eckhaus in der Herrenstraße Nr. 21 ist ein Budapester Juwel. Das Gebäude, einst das lokale Rathaus, schmücken Rokoko-Wandschnitzereien, eine Statue der Pallas Athene, zwei Innenhöfe sowie ein herrlicher Glockenturm mit Zwiebeldach. Es gehört der Stiftung PADA, welche in dem Gebäude ein Wirtschafts-College mit luxuriösen Einrichtungen unterbringen möchte. Auch ein Gourmet-Shop ist hier geplant. Die Finanzierungsquelle dieses Projekts ist hingegen ungewöhnlich: die Stiftung PADA erhielt die Immobilie im Wert von 2,4 Milliarden Forint (7,6 Millionen Euro) als Geschenk von der ungarischen Nationalbank.

Das Projekt in der Herrengasse 21 ist Teil eines sich mehr und mehr ausweitenden Skandals, welcher mehrere Stiftungen umfasst, welche von der ungarischen Nationalbank gegründet wurden. Kritiker meinen, dass diese Gründungen häufig zu Gunsten der Regierung und ihrer Verbündeten erfolgt sei. PADA ist nur eine von sechs Stiftungen, welche die Nationalbank im Jahr 2014 errichtet und mit Zuschüssen in Höhe von etwa 878 Millionen Euro und Immobilienbesitz im Wert von 22 Millionen Dollar ausgestattet hatte. Die Stiftungen sollten sich teilweise selbst erhalten, indem sie Staatsanleihen zeichneten, doch die exakte Finanzgebarung blieb geheim. Die Summen, um die es hier geht, sind für ungarische Verhältnisse gigantisch: das gesamte ungarische Bruttoinlandsprodukt belief sich letztes Jahr auf 110 Milliarden Euro.

Der Gouverneur der Nationalbank, György Matolcsy, hat sich lange Zeit als Gegner der “neoliberalen Ökonomie” gerühmt. Er und die Regierung argumentierten, dass die genannten Stiftungen private Institutionen seien und nicht der Kontrolle durch die Öffentlichkeit unterlägen. Doch Oppositionspolitiker legten im Zuge von Zivilklagen Einzelheiten über die Ausgaben der Stiftungen offen; im März entschied dar ungarische Oberste Gerichtshof, dass diese Ausgaben öffentlich gemacht werden müssen. Die Presse schwelgte daraufhin wochenlang in Offenlegungen über die Geschäftsgebarung der Stiftungen.

So erhielt etwa ein rechtsgerichteter Verlag Zuschüsse, um Bücher von regierungstreuen Journalisten und von Matolcsys ehemaligen Stabschef zu veröffentlichen. Eine Stiftung finanzierte die Veröffentlichung eines sechsbändigen Geschichte Ungarns, welche aber nicht von einem Historiker, sondern von einem Onkologen geschrieben wurde; die Vorstandsmitglieder der Stiftung gingen davon aus, dass damit “die patriotische Stimmung gegen globalistische Ansichten gestärkt werde”. Ein Internet-Nachrichtenportal namens vs.hu erhielt 1,6 Millionen Euro; am 25. April verließ eine Gruppe von Journalisten das Unternehmen aus Protest und erklärten unisono, dass sie über die Zuschüsse nichts gewusst hätten.

Ministerpräsident Viktor Orbán verteidigte György Matolcsy und erklärte, es müssten schon Himmel und Erde zusammenbrechen, bevor er seinen Nationalbankchef verurteilen würde. Oppositionspolitiker hingegen wiesen darauf hin, dass die von der Nationalbank angelegten Geldmittel eigentlich Teil des Staatshaushalts seien und dass die Stiftungen von Leuten geführt würden, die sehr in der Nähe von Orbáns Regierungspartei Fidesz angesiedelt seien. Wie ein ehemaliger Zentralbanker erklärte, gehörten die Stiftungen eindeutig nicht zum Aufgabenbereich einer Zentralbank und der daraus entstandene Skandal hätte ernsthaft den Ruf der Bank als einer unabhängen Institution ruiniert: “Das wird seine Kosten haben, und diese Kosten werden von den Steuerzahlern bezahlt werden.”

Auch die Europäische Zentralbankneldete sich zu Wort. In ihrem im vergangenen Monat veröffentlichten Jahresbericht äußerte die EZB Besorgnis über die verschwenderischen Ausgaben der Stiftungen der ungarischen Nationalbank. Die Zentralbank sage zwar, dass die Stiftungen rechtlich unabhängige Organisationen seien und über ihre eigenen Kuratorien verfügen. Doch György Matolcsy sei Vorsitzender des Vorstandes von einer Stiftung und Vorstandmitglied einer weiteren. Und viele der Begünstigten der Stiftungen seien Fidesz-affin oder mit der der Regierungspartei irgendwie verbunden.

Ungarn hat eine lange Tradition darin, keine scharfe Trennlinie zwischen öffentlichen und privaten Vermögen zu ziehen. Während des “wilden Kapitalismus” Anfang der 1990er Jahre erwarben sozialistische Politiker Staatseigentum auf die billige Tour, wobei sie Verbindungen und das schwache Rechtssystem für sich nutzten. Budapester Zyniker behaupten nun, dass die Fidesz-Gegner wütend darüber seien, dass Fidesz in solchen Dingen viel besser organisiert sei als die Sozialisten. Fidesz führt nach wie vor in den Umfragen, doch die Enthüllungen über die Stiftungen der Zentralbank werden auf längere Sicht politische Konsequenzen haben. Man wird, wie ein politischer Beobachter räsonniert, das Gefühl nicht los, dass “die ungarische Regierung mehr für private Interessen arbeitet als für die Allgemeinheit.”

Quelle: http://www.economist.com/news/europe/21698062-groups-funded-bank-gave-grants-pro-government-journalists-and-more-besides-how

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Groups funded by the bank gave grants to pro-government journalists, and more besides
May 2nd 2016 | BUDAPEST | Europe

THE 18th-century baroque corner mansion at 21 Uri Street is a jewel in Budapest’s crown. The building, which once served as the local town hall, boasts rococo wall carvings, a statue of Pallas Athena set into an exterior sconce, two interior courtyards and a marvellous onion-domed clock tower. It is owned by PADA, an educational foundation, which plans to turn it into an economics college, kitted out with luxurious facilities and a gourmet wine-and-cheese shop. But the source of the project’s funding is unusual: PADA received the property, valued at 2.4 billion forints ($8.8m), as a gift from the Hungarian national bank.

The development at 21 Uri Street is part of a growing scandal over foundations created by the national bank, which critics say are often run for the benefit of the government and its allies. PADA is one of six foundations which the bank set up in 2014, funding them with total grants of about $1 billion, as well as property worth $25m. The foundations were expected to support themselves in part by investing in government bonds, but their finances remained secret. The sums involved are huge for Hungary, where the entire GDP was $125 billion last year.

The national bank’s governor, Gyorgy Matolcsy, has long prided himself on his opposition to “neoliberal economics”. He and the government argued that the foundations were private institutions not subject to public scrutiny. But opposition politicians sued to get details of the foundations’ spending, and in March the country’s top courts ruled that it must be made public. For weeks, the press has delighted in revelations of the foundations’ profligacy.

The foundations have awarded grants to a right-wing publisher to publish books by pro-government journalists and by Mr Matolcsy’s former chief of staff. One funded the publication of a six-volume heroic history of Hungary, written not by a historian but by an oncologist, which board members believed would “strengthen the patriotic sentiment against the globalist views”. An internet news site, vs.hu, received $1.8m; on April 25th a group of its journalists resigned in protest, most saying they had not known about the grants.

Viktor Orban, the prime minister, has defended Mr Matolcsy, saying “heaven and earth would have to collide” before he would condemn the bank chairman. But opposition parties say the funds should have been part of the state budget, and that the foundations are run by government cronies close to Mr Orban’s ruling party, Fidesz. The foundations are clearly not part of a central bank’s remit, says one former central banker, who thinks the scandal has seriously damaged the bank’s reputation for independence: “This will have a cost, and that cost will be paid by taxpayers.”

The European Central Bank will also be concerned. In its annual report last month, the ECB expressed concern over the foundations’ lavish spending. The central bank says the foundations are legally established, independent organisations with their own boards of trustees. But Mr Matolcsy is chairman of the board at one foundation, and sits on the board of another. Many of the foundations’ beneficiaries are allied to or connected to Fidesz.

Hungary has a long tradition of blurring the line between public and private assets. During the vadkapitaliszmus (“wild capitalism”) of the early 1990s, Socialist politicians acquired state-owned property on the cheap, taking advantage of connections and a weak legal system. Budapest cynics say that Fidesz’s opponents are simply angry because it is better-organised than the Socialists. Fidesz is still ahead in the polls, while the opposition remains weak and splintered. But the revelations about the central bank’s foundations will have political consequences in the long term, says Peter Kreko of Political Capital, a think-tank. They underline a sense that “the government is working for private interests, not the public good.”

Associate: tooloans.com

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