Anton Stres, Erzbi­schof im Ruhe­stand von Ljubljana zu Versöh­nung und histo­ri­sche Betrachtungen

Dr. Anton Stres (Photo: Matic Štojs Lomovšek)

Anton Stres, Erzbi­schof im Ruhe­stand von Ljubljana (Laibach): Wir bewegen uns nicht auf eine Versöh­nung zu, das Verbre­chen der marxis­ti­schen Revo­lu­tion ist heute noch lebendig.

In der Sendung Beremo sprach der pensio­nierte Erzbi­schof von Ljubljana, Theo­loge und Philo­soph Anton Stres, über die kommu­nis­ti­sche Revo­lu­tion während und nach dem Zweiten Welt­krieg, die Massaker der Nach­kriegs­zeit und die Bemü­hungen um Versöh­nung und Reli­gi­ons­frei­heit in Slowe­nien. Er wies unter anderem darauf hin, dass sich die Lage im Land in den letzten Jahren nicht entspannt, sondern eher verschlech­tert hat:

„Wir bewegen uns nicht auf eine Versöh­nung zu, sondern entfernen uns immer weiter davon. Die poli­ti­sche Ausgren­zung ist auch eine Fort­set­zung des Krieges. Ausgren­zung bedeutet, dass man jemanden vernichten will. Das ist eine Frage des Krieges. Das ist keines­wegs so unbe­deu­tend, dass man es einfach igno­rieren könnte.“

Anläss­lich des drei­ßigsten Jahres­tages der Versöh­nungs­ze­re­monie in Kočevski Rog und des hundertsten Geburts­tages von Erzbi­schof Dr. Alojzij Šuštar fand heuer im Sommer in der Slowe­ni­schen Akademie der Wissen­schaften und Künste in Ljubljana ein Sympo­sium zum Thema „Slowe­ni­sche Versöh­nung“ statt.

Versöh­nung zwischen Polen und Deut­schen positiv hervorgehoben

Laut Stres stößt der Versöh­nungs­pro­zess immer wieder auf sehr große Hinder­nisse. Die Teil­nehmer an dieser Diskus­sion waren sehr unter­schied­lich. „Jeder schien zu versu­chen, der Versöhn­lichste zu sein, bei einem Versöh­nungs­sym­po­sium kann man nicht wirk­lich seine Muskeln zeigen.“ Er ist über­zeugt, dass die Bemü­hungen allein schon ein Fort­schritt sind und lobens­wert sind. Aller­dings gibt es noch einige große Hinder­nisse, die seiner Meinung nach noch nicht über­wunden sind, damit diese Versöh­nung erreicht werden kann.

„Wir müssen die Versöh­nung zwischen Polen und Deut­schen in Betracht ziehen, oder nach jedem Bürger­krieg, wenn die Zeit gekommen ist und es notwendig ist, zusammen zu arbeiten und zu leben.“

Er erin­nerte daran, dass die EU auch mit dem Ziel gegründet wurde, dass die Euro­päer in Harmonie leben. „Es braucht viel guten Willen, der leider nicht immer ausreicht“, betonte er.

Umfang­rei­ches Lexikon des Theologen

Der Theo­loge und Philo­soph Stres hat vor Jahren ein umfang­rei­ches, tausend Seiten starkes Lexikon der Philo­so­phie vorge­stellt, das prak­tisch nutzbar ist. „Die dank­barsten Nutzer sind vor allem Studenten oder solche, die in die Welt der Philo­so­phie einsteigen. Sie waren in der Regel sehr zufrieden damit“, fügte er hinzu.

Stres begann seinen Beitrag mit dem Titel „Slowe­ni­sche Versöh­nung“, indem er an die konsti­tu­ie­rende Sitzung der ersten demo­kra­tisch gewählten Versamm­lung der Repu­blik Slowe­nien erin­nerte, die Anfang Mai 1991 statt­fand und bei der der neu gewählte Präsi­dent der Versamm­lung, Dr. France Bučar, die berühmten Worte sprach:

„Mit der Verfas­sung dieser Versamm­lung können wir glauben, dass der Bürger­krieg, der uns fast ein halbes Jahr­hun­dert lang gebro­chen und gelähmt hat, vorbei ist.“

Laut Stres war dies ein schöner Wunsch, eine Hoff­nung, die sich noch nicht ganz erfüllt hat.

Geschichte ist auch Wissen­schaft und wird von Gewin­nern geschrieben

„Da betone ich dann mindes­tens drei Dinge, die als Bedin­gung für eine Fort­set­zung gelöst werden müssen. Das erste ist, dass wir nicht akzep­tieren, dass sich die Geschichte nicht ändern darf. Also diese ideo­lo­gi­sche Darstel­lung.„so er Theologe.

Laut Stres ist dies notwendig, wenn wir wollen, dass Geschichte eine Wissen­schaft ist. In der Wissen­schaft ändert sich nämlich alles. Die Wissen­schaft ist ein Friedhof der wissen­schaft­li­chen Theorien:

Wenn eine Darstel­lung dessen, was in einem bestimmten Zeit­raum geschehen ist, nicht wahr ist und der Wahr­haf­tig­keit nicht stand­hält, muss sie geän­dert werden.“

Laut Stres ist dieser Schwur, dass wir die Geschichte nicht ändern werden und dass sie immer so bleiben muss, wie wir sie bisher darge­stellt haben, nicht ange­bracht, aber man muss sich bewusst sein, dass die Geschichte von Gewin­nern geschrieben wird. Das muss aufhören.

Weiters weist Stres auf die unge­löste Zwei­deu­tig­keit hinsicht­lich der mora­li­schen Bewer­tung von Gewalt im Allge­meinen und der prole­ta­ri­schen oder kommu­nis­ti­schen Revo­lu­tion im Beson­deren hin:

„Wir haben in dem Glauben gelebt und auch heute noch liegt es in der Luft, dass die Revo­lu­tion voll­kommen in Ordnung war und dass sie mora­lisch unan­fechtbar ist und dass dieje­nigen, die sich der revo­lu­tio­nären Gewalt wider­setzten, Feinde waren, die im Unrecht waren. Die prole­ta­ri­sche Revo­lu­tion, in deren Namen die OF und die Kommu­nis­ti­sche Partei handelten, führte ihre Verbre­chen auch im Namen höherer Ziele, der histo­ri­schen Herr­schaft, aus. Sie sagten, dass eine prole­ta­ri­sche Revo­lu­tion statt­finden muss, um eine neue Mensch­heit zu schaffen. Das ist eine kommu­nis­tisch-marxis­ti­sche Ideo­logie, eine ideo­lo­gi­sche Geschichts­auf­fas­sung, dass es eines Tages notwen­di­ger­weise eine prole­ta­ri­sche Revo­lu­tion geben wird, dass dies das Gesetz der Geschichte mit eiserner Notwen­dig­keit ist, sagt Karl Marx.“

Dieje­nigen, die anderer Meinung waren, sagten laut Stres, dass ihre Rebel­lion unge­recht­fer­tigt und unbe­gründet sei, ja sogar schon ein Verbre­chen darstelle. „Das gibt es heute noch“, fügte er hinzu.

Dieser Beitrag ist eine gekürzte Form eines Arti­kels in DEMOKRACIJA von Nina Žoher / Nova24tv

2 Kommentare

  1. Die Tsche­chen haben sich mehr oder weniger für die Verbre­chen an Deut­schen entschul­digt, (Töten auf tsche­chisch, wird nicht jeder kennen, Deut­sche wurden u.a. mit Vier­kant­latten von einer Gruppe Deut­schen­hasser totge­schlagen; ein grau­samer Film, möchte ich nie wieder sehen). Kriege sind immer grausam und dienen letzt­end­lich poli­ti­schen Saue­reien. Eine Aufar­bei­tung der Geschichte ist uner­wünscht, dennoch haben sich Bücher­bände wie „Der Große Wendig, Rich­tig­stel­lung zur Zeit­ge­schichte“ gele­gent­lich behaupten können.
    Nun ist es so, das Deut­sche Reich besteht weiterhin fort und auch Preußen gehört zum Deut­schen Reich, und das wissen auch einige Poli­tiker, doch der Erste der wackelt, wird entlassen. So ist das nun mal. Zu Polen: Es ist zu begrüßen, daß sich Polen und die Deut­schen versöhnen. Zusammen arbeiten, sich ergänzen, das ist des Menschen­seins würdig.

  2. Habe ich etwas verpaßt? Wollen die Polen uns die geklauten Fami­lien-Immo­bi­lien zurück­geben? Gut, bei den Juden hat das ja in West­eu­ropa blen­dend funktioniert!

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