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Illustration: unsplash / Magyar Nemzet

Von Tamás Fricz

Die 1976 gegründete Europäische Volkspartei (EVP) ist nach ihrer eigenen Definition “eine Familie von politischen Organisationen der rechten Mitte, die tief in der Geschichte und Zivilisation des europäischen Kontinents verwurzelt sind und von Anfang an eine Vorreiterrolle bei europäischen Projekten gespielt haben”.

Attila Kovács, der EU-Projektleiter des Ungarischen Zentrums für Grundrechte, hat in seinem jüngsten Artikel Úton az ideológiai kiüresedés felé [Auf dem Weg in die ideologische Leere] in der Magyar Hírlap vom 22. März die Etappen dieser Linken der Volkspartei bis zum heutigen Tag ausführlich mit Dokumenten und wichtigen Zitaten beschrieben, so dass ich mich nicht damit, sondern mit den Folgen der Transformation der Volkspartei und dem aktuellen Stand des politischen Zeitgeistes in Westeuropa beschäftigen möchte.

Um es klar zu sagen: Die Volkspartei bezeichnete sich in den 1970er Jahren und auch noch in den frühen 2010er Jahren als eine Familie von politischen Mitte-Rechts-Organisationen.

Andererseits sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder im März 2021 nach dem Austritt des Fidesz aus der EVP, dass der Fidesz nicht mehr in die EVP passe, weil dieser politische Dachverband “eine Partei der bürgerlichen Mitte und keine Partei der Rechten” sei. Die EVP hat also ihre Ideologie und ihre Werte geändert: Sie ist nicht mehr eine Partei der Rechten, auch nicht der rechten Mitte, sondern der (bürgerlichen) Mitte.

Einerseits ist diese antipodische Wende ein typisches und spektakuläres Symptom der radikalen Wende im westeuropäischen Zeitgeist, die in den 1990er Jahren begann und in den letzten Jahren wirklich ausgeprägt wurde, andererseits ist sie aber auch ein Katalysator und weiterer Auslöser für diesen Prozess. Im Wesentlichen besetzt heute der so genannte Mainstream der westeuropäischen linksliberalen Seite die politische Mitte, während man die politischen Parteien, die sich derzeit in der Mitte und am rechten Rand befinden, wie Fidesz, die polnische Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), Salvinis Lega, Melonis Fratelli d’Italia, Berlusconis Forza Italia, die bulgarische GERB, Janez Janšas Slowenische Demokratische Partei, die Schwedendemokraten, die FPÖ usw. an den rechten Rand gedrängt und als populistisch, autokratisch, fremdenfeindlich bezeichnet werden.

Mit anderen Worten, was man tut, ist, diese oder jene Partei als rechtsextrem zu bezeichnen, und dann, nach einer Weile, absichtlich das Adjektiv “extrem” fallen zu lassen und allgemein über die “Rechten” zu sprechen, als ob sie dasselbe wären wie die extreme Rechte. Es ist eine teuflische Logik, deren Ziel es natürlich ist, alle Parteien und Politiker, die sich auch nur ein wenig rechts von der politischen Mitte befinden, als schlichtweg extremistisch, antidemokratisch, nazistisch, rassistisch, unionsfeindlich, antikonservativ, autokratisch und diktatorisch abzustempeln und zu erklären, dass mit solchen Parteien keine Zusammenarbeit möglich ist, weil sie die Feinde der Freiheit, der Demokratie, der Toleranz und des Humanismus, der Solidarität seien.

Die historische Sünde der Volkspartei besteht gerade darin, dass sie ihren Mitte-Rechts-Charakter nicht bewahren konnte und jetzt offenbar auch nicht will, was allerdings die linksliberale Seite – von der äußersten Linken bis zu den Grünen, den Liberalen und den Sozialdemokraten – daran hinderte, in den Mainstream-Medien und der Presse ein einheitlich negatives Bild der Rechten in den Augen der europäischen Öffentlichkeit zu erzeugen. Immerhin hat die Volkspartei viele Jahre mit der sozialistischen Parteienfamilie zusammengearbeitet, zum Beispiel auch unter dem treuen Wertehalter Wilfried Martens, und dabei ihre christdemokratischen, konservativen oder Mitte-Rechts-Werte beibehalten und bekundet. Wie Attila Kovács zitiert, lautete das 1992 festgelegte und 2012 bekräftigte Gründungsprinzip der EVP: “Wenn die EVP ihre eigenen Werte ablehnt, vergisst, vernachlässigt oder verwässert, wird sie nichts weiter sein als ein bloßes Machtinstrument, ohne Seele und Zukunft.”

Ja, das war ein weiser und zukunftsweisender Satz aus Martens’ Zeit. Hätte die Volkspartei in den 2010er und 2020er Jahren ihr Mitte-Rechts-Image beibehalten, auch nach dem Ausbruch der Migrationskrise 2015, hätten die Linksliberalen die politische Mitte nicht besetzen können, weil es in dieser Mitte immer noch eine Linke und eine Rechte gegeben hätte, und die Rechte hätte nicht einheitlich mit Haut und Haaren als extremistisch erklärt werden können.

Dabei war die Politikerin, die von ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung her in dieser Hinsicht den größten Schaden anrichtete und der Volkspartei “die Seele nahm” und sie in die Umarmung der Linken trieb, keine andere als Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Dass das Wort “rechts” im “entwickelten” Westen langsam zum Modewort wird, wird vielleicht nicht einmal von der westlichen Mainstream-Intelligenz bemerkt, die es als selbstverständlich hinnimmt, da die Linke, der Linksliberalismus, für sie die einzige progressive, humanistische und tolerante politische Denkweise ist. Die jüngeren Generationen sind sich nicht einmal darüber im Klaren, dass die westliche Lebensweise und der Wohlstand, die sie jetzt zu demontieren und auszurotten versuchen, auf die Mitarbeit solch prominenter westlicher Christdemokraten und Mitte-Rechts-Politiker wie Robert Schuman, Alcide de Gasperi, Konrad Adenauer, Charles De Gaulle, Helmut Kohl, Giscard d’Estaing, Jacques Chirac, Margaret Thatcher und viele andere zurückzuführen ist. Und diese Politiker und ihre Parteien wurden in den Jahren des Kalten Krieges von prominenten linken Politikern der Linken wie Willy Brandt, Helmut Schmidt, François Mitterrand anerkannt und respektiert, Politiker auf beiden Seiten der Mitte, die sich gegenseitig respektierten und aufeinander aufbauten, um die Wohlfahrtsstaaten Westeuropas zu schaffen – wobei sie, links und rechts zusammen, ihr Bestes taten, um ihre Überlegenheit gegenüber dem kommunistischen Sowjetimperium zu zeigen.

Diese jahrzehntealte politische Formel wurde in den letzten Jahren durch das Aufkommen eines verrückten, selbstbewussten, kommunistischen Liberalismus umgestoßen, der von globalistischen alten Knaben wie dem 83-jährigen Klaus Schwab, dem Präsidenten des Weltwirtschaftsforums, und Vater des Great Reset (siehe Globaler Kommunismus) und natürlich dem 90-jährigen George Soros, diesem bedeutenden “Philanthropen und Humanisten”, inspiriert und finanziert wurde. Und die Volkspartei hat sich diesem globalistischen Ehrgeiz nicht widersetzt, sondern hat sich von ihm einfach gängeln lassen.

Die westliche linksliberale, globalistische, pro-migrantische und gender-verrückte Intelligenzia, handelt, wenn sie die Rechten aus Europa und der EU praktisch exkommuniziert, im Sinne von “sie wissen es nicht, aber wir wissen es”. Wir in Mittel- und Osteuropa aber haben Jahrzehnte des Kommunismus erlebt und wissen genau, was sie nicht wissen oder nicht verstehen wollen: dass der Kommunismus der Zeitgeist in der östlichen Hälfte Europas war, wonach die Rechten nichts anderes als Faschismus waren, oder zumindest ein politisches und gesellschaftliches System, das unendlich ungerecht war, Arbeiter unterdrückte, Demonstranten auf der Straße und Schwarze in Amerika verprügelte, verkommen und unmoralisch und deshalb verachtenswert und erzfeindlich.

Mit anderen Worten: Bisher war der Kommunismus das linke System, das die Rechten für undarstellbar und zum Feind erklärt hat.

Niemals hätten wir Mitteleuropäer, die wir heute mit dem Geist der Freiheit gesegnet sind, geglaubt, dass es der Westen sein würde, der nach unserem Beitritt zum freien Westen das Recht – den Erbauer und Hüter seiner Freiheit, seines Wohlstandes und seiner Demokratie – wieder als unanständig und feindlich brandmarken würde. Wir würden es heute noch nicht glauben, wenn wir nicht jeden Tag in den europäischen Medien entsprechende Aussagen von westeuropäischen Politikern und natürlich auch von Brüsseler und EU-Politikern hören würden.

Der Kommunismus, der das Recht außer Kraft setzte, war ein unlebbares und unerträgliches System. Heute ist es der globalistische Liberalismus, der die Rechten verflucht. Wir haben ein Déjà-vu-Gefühl: Nach vier Jahrzehnten ist die Linke, der Linksliberalismus, die einzig richtige Art des Denkens und der Politik, und die Rechte ist des Teufels. Wir Mitteleuropäer wissen, was das bedeutet – und wir werden nicht noch einmal darauf hereinfallen.

Herr Orbán hat nicht umsonst gesagt: Die Volkspartei ist endgültig zu einem Anhängsel der europäischen Linken geworden, und jetzt müssen wir eben die europäische Rechte ohne die EVP aufbauen.

 

Der Autor ist Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Berater am Ungarischen Zentrum für Grundrechte.

Quelle: Magyar Nemzet


Ein Gedanke zu „Ausgrenzung durch die globalistischen Liberalen“
  1. Ich bestreite, daß es eine echte Mitte gibt. Denn wo Rechts hin zur Mitte aufhört, beginnt bereits der linke Extremismus, der gegen die Grundbedürfnisse des Menschen wirkt durch Zerstörung der Moral, Kampf gegen Ehe, Familie und Privateigentum.
    Natürlich gibt es links Stehende, die das nicht wahrhaben wollen, aber die treibenden Kräfte sind extrem. Von diesen wird am Recht gedrechselt bis nichts mehr paßt. Das sieht man an unserem Asylchaos. Zuerst, daß das Recht für eigene politische Interessen gebeugt wird. In DE hat niemand Anspruch auf ein Asylverfahren, es sei denn zB ein Tscheche, der in seinem Land von Staats wegen verfolgt und schikaniert würde. Oder er käme mit eigenen Flügeln herein geflogen.
    Als ewiger CSU-Wähler kann ich Herrn Orbán nur Recht geben. Die ehemals große CSU hat mich sitzen lassen. Sie hat das Feld geräumt, das jetzt die verteufelte AfD wieder fruchtbar machen will.
    Warum hat der restliche Polithaufen nichts gegen Kommunisten in Parlament und demnächst in der Regierung?

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