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Foto: www.foederalist.eu

Von Mariann Őry

Manchen Mitgliedern der europäischen Parlamentsfraktion der Parteifamilie ist  in den letzten Jahren der ständige Krieg gegen Fidesz und Viktor Orbán wichtiger als die Probleme ihrer eigenen Wähler. Von Zeit zu Zeit sammeln sie Unterschriften, stellen Forderungen auf, machen Krach und bombardieren die Parteiführung mit ihren Briefen. Man kann dem Präsidenten der Volkspartei, Donald Tusk, wirklich nicht vorwerfen, dabei kein guter Partner zu sein. Der gefallene polnische Politiker mag bereits mehrere Kalender vollgekritzelt haben, während er die Tage zählte, bis er Fidesz endlich loswerden könnte.

Dieser Tag will aber irgendwie nicht kommen, und zwar deswegen, weil Tusk nicht die erforderliche Mehrheit für den Ausschluss der ungarischen Regierungspartei zusammenzimmern kann. Er entließ kurzerhand die drei „Parteiweisen”, warf die Arbeit erfahrener und angesehener Politiker aus dem Fenster, weil sie nicht das sagten, was er hören wollte. Er bezieht sich auf dieses und jenes, aber er traut sich einfach nicht, das Thema zur Abstimmung zu stellen. Er weiß, was das bedeuten würde: Spaltung, Chaos, Scheitern.

Der Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat entweder ein gefährliches Spiel begonnen oder einfach die Kontrolle über die Ereignisse verloren. Er weiß, dass die definitive Entscheidung in der Parteifamilie noch nicht gefallen ist. Er weiß auch, dass die dominierende Kraft der Volkspartei, der neue Vorsitzende der deutschen CDU, Armin Laschet, auch noch nichts von sich gegeben hat, was das Thema so oder so entscheiden würde. Dennoch lässt er zu, dass die Fraktion mit völlig destruktiven, zerstörerischen, lebensbedrohlichen Tendenzen überwuchert wird.

Ministerpräsident Viktor Orbán, Vorsitzender der Fidesz, hat Weber am vergangenen Wochenende klargemacht, dass im Falle der Aufnahme der Regeländerung auf die Tagesordnung und der Abstimmung noch in dieser Woche, wonach ganze Delegationen suspendiert oder ausgeschlossen werden können, die Fidesz-Mitglieder die Fraktion verlassen werden. Man kann einem solch abscheulichen Angriff auch mit nichts anderem begegnen.

Othmar Karas · Foto: Foto-AG Gymnasium Melle / Wikimedia CC 3.0

Die Fraktionsleitung besteht zwar darauf, dass es bei diesem Vorschlag nicht um Fidesz geht, aber natürlich geht es um Fidesz! Er wurde nämlich von Othmar Karas aufgeworfen, der auch Tamás Deutsch bereits aus der Partei werfen wollte. Das ist der österreichische Politiker, der seit Jahren das Verhältnis zwischen den beiden Ländern und den beiden Regierungsparteien vergiftet.

Was macht diesen Vorschlag wahrlich niederträchtig? Die Institution der Suspendierung, welche hier aus der Schublade gezogen wurde, ist einerseits eine Manifestation der Unentschlossenheit der Volkspartei, ihrer Unfähigkeit zu handeln, ihres vorauseilenden Gehorsames im Bezug auf die aggressiven Liberalen. Auf der anderen Seite ist sie hinterhältig, weil sie die Konfrontation und den potentiellen Bruch, der mit einem Ausschluss einhergeht, nicht auf sich nehmen möchte, weil sie ihre eigene Anzahl nicht verringern will.

Sie beraubt die Fidesz-Mitglieder ihrer Rechte, hindert sie an der Arbeit, für die sie von fast zwei Millionen Ungarn demokratisch ermächtigt wurden, will sie aber dennoch behalten, um die Volkspartei nicht durch den Verlust von Parlamentssitzen zu benachteiligen.

Wenn das allein nicht ausreichen würde, dürfen wir nicht vergessen, dass die dritte Welle der Coronapandemie in Europa gerade wütet. Glauben Othmar Karas und seine Mitstreiter ernsthaft, dass die Mitgliedschaft der Fidesz in der Volkspartei genau jetzt das größte Problem für ihre Wähler sein soll? Nicht, dass ihre Existenz, ihre Gesundheit, ihr Leben in Gefahr sind? Dass sie sich von einem Lockdown zum nächsten hangeln und keine Ahnung haben, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten werden, was mit ihren Lieben geschehen wird?

Die von der Volkspartei geführte Europäische Kommission hat mit der Impfstoffbeschaffung ein Riesendesaster veranstaltet, davon tönt es in  Österreich, Deutschland und in der gesamten Europäischen Union. Es gibt nicht genügend Impfstoffe, die Regierungen in ganz Europa stehen unter enormem Druck, sie laufen Wettlauf gegen die Zeit, und das Tempo wird nicht durch die Impfrate bestimmt, sondern durch die Virusmutanten.

Damit sollte sich die Volkspartei befassen.

Sie sollte sich schämen!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei MAGYAR HÍRLAP und in deutscher Übersetzung von Dr. Andrea Martin bei UNGARN REAL, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.


Aktualisierung (3.3.2021, 11:00 Uhr):

Orbán zieht FIDESZ-Abgeordnete aus EVP-Fraktion zurück

Die Abgeordneten der ungarischen FIDESZ-Partei verlassen die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament. Dies teilte der ungarische Ministerpräsident und FIDESZ-Vorsitzende Viktor Orbán am Mittwochvormittag in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit, nachdem die EVP-Abgeordneten eine Reform ihrer Geschäftsordnung beschlossen hatten. “Wenn Fidesz nicht willkommen ist, dann fühlen wir uns nicht verpflichtet, in der Fraktion zu bleiben”.


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