web analytics
Bildquelle: Magyar Nemzet

Von ZOLTÁN W.-NEMESSURI | Kanon und Sekten. Dieses geniale Gegensatzpaar wirft mehr Fragen auf, als es möglich ist, in einem einzigen, dicken Band beantwortet zu werden. Die beiden Konzepte sind so alt wie die Menschheitsgeschichte, aber ihr Inhalt ändert sich. Ihre Determinante, der Zeitgeist, bewegt sich in unterschiedliche Richtungen. Meistens in Richtung Wahnsinn, Dekadenz und religiös-ideologischer Fanatismus, während der Pendel nur schwer zurückschwingt. Dies ist der Fall seit dem Untergang der griechischen Stadtstaaten, des Römischen Reiches, der Inquisition, des Bolschewismus, des Nationalsozialismus, des sich über drei Kontinente ausbreitenden Eroberer-Islam, der Kolonialreiche und der frühgeborenen Staatsgebilde.

Aber die Menschheit ist unfähig, diese Lektion zu lernen. “Nie wieder Krieg!” – sagen sie schon seit Jahrhunderten. Unterdessen hat sich eine der dümmsten Phrasen überhaupt, der “Friedenskrieg”, bis zur Auflösung der Sowjetunion und der staatlichen Diktaturen hartnäckig gehalten. Mit anderen Worten, sie dient auch heute noch als Deckmantel für eine gewaltsame wirtschaftlich-politische Expansion.

In der Kunst ist das nicht anders. Der zügellose Extremismus ist auf dem Vormarsch, der sich selbst vom Kult zum Kanon erklärt, d.h. zu Trends, die von einem Teil der Richter gebilligt werden. Wenn es sich nur um einen Wettbewerb handeln würde, hätte niemand etwas dagegen. Es geht um kurzlebige Moden, die zerbröckeln, erneut aufflammen und schließlich aussterben, die aber dennoch solange das Gefüge der Gesellschaft erfolgreich zu zerstören vermögen. In der Vergangenheit war der Aufstieg der antiken Kultur und dann der Länder, die die europäische Kunst wiederbelebten, entscheidend: Italien, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, die deutschen Niederlande, das zaristische Russland und nicht zuletzt Ungarn, aber heute gibt es vor der USA kein Entrinnen, – mit gewissen lobenswerten Ausnahmen – vor ihren materiellen und lügnerischen oder zumindest kitschigen Darstellungen, die weltweit exportiert werden. Von der Propagierung der Homoerotik bis hin zu einer Art umgekehrtem Rassismus wird sie auf die gewalttätigste Art und Weise präskriptiv.

Es ist der politische und kulturelle Imperialismus einer schmalen Schicht, der sich wie eine Seuche ausbreitet.

Sie wäre nicht einmal der Rede wert, wenn sie nicht von einer mächtigen finanziellen und politischen Unterstützung begleitet würde, die alles vom Sport über die Massenkultur, das Bildungswesen und die Justiz bis hin zu den Einkaufsgewohnheiten zerreißt und bespuckt.

Dieses Phänomen ist nicht wirklich neu, denn es reicht vom stalinistischen Barock über Albert Speers Nazi-Biotop-Architekturstil bis hin zu den widerkehrend wilden Auswüchsen der Moderne. Die früher allenfalls trendige Fiktion – z.B. die Volksnahen -Urbanisten – dient seit geraumer Zeit direkten politischen Zwecken und wird nicht einmal verheimlicht.

Religionen, Glaubensvorstellungen und Rituale werden seit langem als Kulte bezeichnet, und Kanons sind ihre anerkannten und akzeptierten Darstellungen. Heute sind die beiden jedoch sehr verworren.

Ihre blinden oder bezahlten Anhänger schreien nach Ausgrenzung, sei es in der Literatur, in der bildenden Kunst, im öffentlichen Leben, in allen Bereichen, wo es eine Gegenkultur gibt. Die jüngste Manifestation ist die so genannte kritische Rassentheorie, d. h. der militante Kulturmarxismus, die Ausbreitung von Gendertheorien und die wütende Verleugnung von Werken und Stilen, die seit Jahrtausenden als wertvoll angesehen werden. Wir wundern uns nicht mehr über die Umschreibung von Werken, das Abreißen von Statuen, die Umbenennung von öffentlichen Räumen und sogar von Produkten und Firmennamen als “rassistisch”. Dies war das Schicksal der jahrhundertealten Apotheke in Wien, die an den Mohren adressiert war, aber es ist auch das Schicksal von Dutzenden historischer Apotheken in Deutschlang, die ebenfalls nach dem Mohren benannt sind.

Natürlich hat die linksextreme-wildliberale Machtübernahme eine Vorgeschichte, die so weit in die junge Vergangenheit zurückreicht wie die anderen Gewaltexperimente. Ihr frühester und erfolgreichster Theoretiker, Antonio Gramsci, ein Begründer der Kommunistischen Partei Italiens, und der ausgesprochene Stalinist Palmiro Togliatti, entwickelten gemeinsam eine Methode, die von der Kultur über die Bildung und die Justiz bis hin zur totalen Umgestaltung der Lebensweise reichte und die nicht nur von der Sowjetunion angewandt wurde. Es waren (auch) ihre Gründungsprinzipien, die zur Entstehung des Euro-Kommunismus nach dem Zweiten Weltkrieg und zur Schaffung der Terrorbrigaden, vor allem in Deutschland und Italien, führten. Einer ihrer Nachfolger, der amerikanische Politaktivist Saul Alinsky, Autor des Buches “Die 12 Regeln der Radikalen”, fasste in einer richtigen kleinen Bedienungsanleitung zusammen, wie man Unruhen schürt (“Attack, attack from all directions…” und “Look for ways to increase insecurity”), kurz gesagt, die Gesellschaft destabilisiert. Seine Methode wird seit langem von Geheimdiensten vom KGB bis zur CIA angewandt, aber

Alinsky war der erste, der sie in die Praxis linksextremer “zivilgesellschaftlicher” Organisationen einführte.

Der sanfte Hippiekult der 1960er Jahre und der innovative und integrative literarische, musikalische und künstlerische Ansatz der Beat-Bewegung wurden zu einer offenen Verhetzung, ähnlich der des russischen Anarchisten Bakunin, mit starker internationaler Unterstützung.

In jüngster Zeit hat sich dieses Überschreiten der Grenzen der Normalität von einem kranken Experiment der “Sensibilisierung” zu einer täglichen Praxis entwickelt.

Im Westen sind Homoerotik und sogar Pädophilie in alle Lebensbereiche eingedrungen, von Kindergärten und Schulen bis hin zu Hochschulen und der Justiz. Sie hat sich zu einem eigenen Genre in Film, Literatur, bildender Kunst und populärer Musik entwickelt. Jüngstes Beispiel dafür ist der Film “Titane”, der bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, was das Publikum schockierte und empörte. Die Regisseurin Julia Dicourna nahm den Preis mit den Worten entgegen: “Danke, dass Sie die Monster hereingelassen haben”. Kurzum:

Der mehr oder weniger geschlossene Kult einer auffälligen Zwergminderheit ist zum Kanon geworden, so sehr, dass er in Ungarn – zumindest unseren Kindern zuliebe – gesetzlich eingeschränkt werden musste.

Das beunruhigendste europäische Beispiel für diesen neuen Zeitgeist sind die fast zensorisch ausgrenzenden deutschen Medien mit ihren schwerwiegenden Verzerrungen des öffentlichen Lebens und selbsternannten Richtern. Dazu gehören eine Reihe von Angriffen auf die nationalstaatliche Souveränität, die Abkehr vom traditionellen Familienmodell, die Propagierung einer unkontrollierten Migration, die absolute Darstellung der Klimasituation und nicht zuletzt der direkte politische Einsatz von Kunst. Gleichschritt, marsch! Ein vertrautes Bild aus der Vergangenheit, nicht wahr?

Ein Professor namens Joachim Krause, Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, beschreibt ein solches Verhalten wie folgt:

„Ein Deutschland, wo die Politik vom postmodernen Liberalismus bestimmt wird, ist eine Last für Europa“.

Krause erkannte, dass eine selbstzerstörerische Propaganda, die vom Kult zum Kanon wird, leicht die Ressourcen des Kontinents, seinen sozialen Frieden, seine kulturellen Errungenschaften, all das Schöne und Gute, das unsere Jahrtausende des Kampfes hervorgebracht haben, aufzehren kann. Ostmitteleuropa hört (vorerst) zu, aber die große Frage ist, welche Wendung der Kampf weiter westlich nehmen wird.

Zum Autor: Zoltán W.-Nemessuri ist Schriftsteller
Deutsche Übersetzung: Dr. Gergely Muraközi

Quelle: Magyar Nemzet

 

Von Redaktion

2 Gedanken zu „Die Zerstörung der Normalität ist zur täglichen Praxis geworden“
  1. Das Ziel der Aktion ist, unabhängig vom konkreten Mittel, Entfremdung:
    Entfremdung von der eigenen gewachsenen Umgebung, Familie und Selbstverständnis.

    Paradiesvögel und Sonderlinge gab es auch früher schon, waren aber meist mehr oder weniger akzeptiert und ohne großes Aufheben im lokalen Alltag eingebunden. Heute werden sie als “Vorbild” für die breite Gesellschaft dargestellt, und verlieren damit selber die Deutungshoheit über ihren Sonderstatus. Es ist eine kleine Schicht die diese Eskalation aggressiv vorantreibt, und es ist nicht so recht erkennbar wie weit die dortigen Personen nur zur Mehrung ihres eigenen Einflusses auf Kosten anderer mitmachen oder wissen daß das letztlich auch nur Spaltung und Ablenkung als weitere Trittstufe der großen Transformation unseres gesamten Lebens ist. Die Revolution wird jedenfalls auch hier ihre Kinder fressen.

    16

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert