Doris von Sayn-Witt­gen­stein zu EU und Rechts­staat­lich­keit (Video+Interview)

Doris Fürstin v. Sayn-Wittgenstein · Foto: privat (©)

Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein, MdL Schleswig-Holstein, hielt Mitte des Monats eine inter­es­sante Rede zum Thema „EU und Rechts­staat­lich­keit“ vor dem Landtag von Schleswig-Holstein und führte im Anschluss daran mit UNSER MITTELEUROPA ein ausführ­li­ches Inter­view zur aktu­ellen Lage in Deutsch­land und (Mittel-)Europa, das wir – passend zum Jahres­aus­klang – nach­ste­hend veröffentlichen.

Tran­skript der Rede (vgl. Video unten):

Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Gestern wurde mit Polen und Ungarn ein Kompro­miss ausge­han­delt, der wohl auch das EU-Parla­ment passieren wird.

Es ist an Dreis­tig­keit nicht zu über­bieten, wie mit der Verknüp­fung der Auszah­lung von Finanz­mit­teln an vorgeb­liche „Rechts­staat­lich­keit“ ein poli­ti­sches Schwert gegen souve­räne Mitglied­staaten geschmiedet werden soll, um sie so zu disziplinieren.

Die schäd­li­chen Folgen dieser Forde­rung haben nicht auf sich warten lassen.

So fordert etwa der öster­rei­chi­sche Poli­tiker van Handel bereits öffent­lich, dass sich die Visegrád-Staaten mit Öster­reich, Slowe­nien und Kroa­tien zu einem Mittel­eu­ropa der Sieben inner­halb der EU formieren, um zu vermeiden – ich zitiere mit Erlaubnis -, dass Deutsch­land, Frank­reich und ihre Mitläufer gnadenlos die kleinen christ­li­chen Länder über­rollen und ihre Iden­tität zerstören. Zitat Ende.

Wollen wir eine derar­tige Spal­tung in Europa? Der rich­tige Weg hinsicht­lich der behaup­teten Rechts­ver­let­zungen ist doch das Verfahren nach Artikel 7 zum Schutz der Grund­werte nach dem EU-Vertrag und nichts anderes.

Die Verbin­dung von Förder­leis­tungen und angeb­li­cher „Rechts­staat­lich­keit“ hat in meinen Augen etwas von Erpres­sung souve­räner Natio­nal­staaten und ihrer Völker an sich.

Dies lehne ich als Deut­sche beson­ders im Hinblick auf unsere eigene Geschichte ab.

Vielen Dank!


Im folgenden das Exklusiv-Inter­view von Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein mit UNSER MITTELEUROPA: 

Frage: Sehen sie das von Baron van Handel entwi­ckelte M7-Modell als zukunfts­wei­send an? Könnte eine „Donau­kon­fö­de­ra­tion“ souve­räner Staaten nicht gene­rell ein Modell für eine künf­tige EU sein?

Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein: Die Euro­päi­sche Union sollte ja ursprüng­lich ein Staa­ten­bund souve­räner Vater­länder sein. So wurde sie uns jeden­falls schmack­haft gemacht. Wir erleben mitt­ler­weile jedoch eine Regu­lie­rungswut aus Brüssel, die das Leben der euro­päi­schen Völker zuneh­mend in nicht mehr verständ­li­cher und annehm­barer Weise beein­flußt. Das Indi­vi­du­elle, die Viel­sei­tig­keit und die Kultur der euro­päi­schen Völker, was in meinen Augen so charak­te­ris­tisch und wert­voll für Europa ist, bleibt hierbei auf der Strecke. Viel­mehr scheinen wirt­schaft­liche Inter­essen das Leben der Völker zu diktieren. Man sollte eben­falls nicht vergessen: In der angeb­lich so demo­kra­ti­schen EU zählt noch nicht einmal jede Bürger­stimme gleich; Deutsch­land ist z.B. von der Anzahl der Sitze im Parla­ment unterrepräsentiert.

Viele Deut­sche wünschen sich aus den oben genannten Gründen mitt­ler­weile einen Dexit.

Gerade in Zusam­men­hang mit der kürz­lich aufge­kom­menen Rechts­staat­lich­keits­frage wäre auf deut­scher Seite Zurück­hal­tung geboten gewesen. Ich nenne hier beispiel­haft: Weisungs­ge­bun­dene Straf­ver­fol­gungs­be­hörden, ehema­lige Poli­tiker im Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (Gewal­ten­tei­lung?), Beset­zung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nach Partei­en­pro­porz, Partei­en­fi­nan­zie­rung, Agita­tion des Verfas­sungs­schutzes in einer frei­heit­li­chen Demokratie.

Kürz­lich meldete die „WAZ“, daß die Kabi­netts­mit­glieder in Nord­rhein-West­falen aufgrund eines Beschlusses der Verfas­sungs­kom­mis­sion (!) zukünftig nicht mehr auf das „Wohl des deut­schen Volkes“, sondern das „Wohl des Landes Nord­rhein-West­falen“ verei­digt werden. Hier wird eine deut­liche Entkop­pe­lung vom Souverän erkennbar, ohne daß sich hier­gegen Wider­stand regte.

Die von Baron van Handel genannten Staaten (M7) haben ähnliche geo-stra­te­gi­sche Inter­essen (u.a. auch geogra­phi­sche Nähe zu Rußland), zudem geschicht­liche und kultu­relle Über­schnei­dungen. Die „Verbrüs­se­lung“ wie z.B. die poli­ti­sche Bevor­mun­dung dieser Länder in Zusam­men­hang mit der sog. „Flücht­lings­krise“ und die jüngsten Vorkomm­nisse im Rahmen einer Diskus­sion über Rechts­staat­lich­keit führen zu einer EU-kriti­schen Haltung, die verständ­lich erscheint. Das schweißt diese Länder zusätz­lich zusammen.

Ihre Soli­da­ri­sie­rung unter­ein­ander ist als Reak­tion deswegen voll­kommen verständ­lich; hier deuten sich Konflikte an, die mögli­cher­weise weitere Unstim­mig­keiten inner­halb der EU befördern.

Ist die „Mitteleuropa“-Perspektive von Fried­rich Naumann heute noch zeit­gemäß? Und ist viel­leicht Angela Merkel in gewisser Weise Nach­lass­ver­wal­terin dieser Perspek­tive? (So wird es jeden­falls von manchen Beob­ach­tern in Ostmit­tel­eu­ropa empfunden.)

Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein: Ausgangs­punkt für die EU, wie wir sie heute kennen, war ja die EWG. Aller­dings hatten sich hier Staaten zusam­men­ge­schlossen, deren wirt­schaft­liche Ansätze ähnlich waren. Wenn man, wie es den Anschein hat, die EU haupt­säch­lich als Wirt­schafts­pro­jekt betrachtet, sollte man das auch ehrlich sagen; dann müßten aber auch stren­gere und inner­halb des Wirt­schafts­raumes gleiche fiska­li­sche Maßstäbe zugrunde gelegt werden. Ob Frau Merkel eine Form von Wirt­schafts­im­pe­ria­lismus verfolgt, kann ich nicht sagen; ich kann Frau Merkels Entschei­dungen ohnehin nicht nachvollziehen.

Es kann jeden­falls nicht verwun­dern, daß von den ostmit­tel­eu­ro­päi­schen Staaten Angela Merkels Politik gegen­über den Visegrád-Staaten gewis­ser­maßen als Blau­pause des Mittel­eu­ropa-Konzepts von Fried­rich Naumann ange­sehen wird. Denn dieses sah einen in erster Linie wirt­schafts­po­li­tisch inte­grierten Staa­ten­bund vor. Was wir heute sehen, ist, daß in diesen Ländern zahl­reiche west­liche, insbe­son­dere bundes­deut­sche Konzerne dort inves­tieren, indem sie ihre Betriebe dorthin verla­gern, um billiger produ­zieren zu können, und Unter­nehmen aufkaufen, um damit lästige Konkur­renz ausschalten. Die Lage ist tatsäch­lich so, daß der Wirt­schafts­riese Deutsch­land in dieser Region viel­fach als Hegemon wahr­ge­nommen wird. Schauen Sie doch nur auf die großen deut­schen Lebens­mit­tel­ketten, die in fast allen Staaten der ehema­ligen k.u.k. Monar­chie präsent sind!

Welche poli­ti­schen Kräfte in Deutsch­land sehen sie als konstruktiv für ein „Europa der Vater­länder“ an, wie UNSER MITTELEUROPA es gemeinsam mit patrio­ti­schen Menschen in ganz Europa propagiert?

Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein: Es gibt starke poli­ti­sche Kräfte in der Alter­na­tive für Deutsch­land, die sich ein Europa souve­räner Staaten wünschen; aller­dings wird das Bild der Partei nach außen hin von einem wirt­schafts­li­be­ralen Flügel dominiert.

Auch in der sog. „Quer­den­ken­be­we­gung“ sehe ich viel­ver­spre­chende Ansätze. Die „Corona-Krise“ mit den damit einher­ge­henden desas­trösen wirt­schaft­li­chen Entschei­dungen („Lock­down“), die Beschnei­dung der Frei­heits­rechte und der im Raum stehende Impf­zwang haben zu einer Mobi­li­sie­rung der Menschen beigetragen. Das Gute: Diese Situa­tion hat bei vielen zu einem Erwa­chen geführt, sie eint die Menschen, gleich­gültig wie sie bisher poli­tisch einge­stellt waren. Es gibt zudem bei den „Quer­den­kern“ eine gute Gesprächs­kultur und einen fairen Umgang mitein­ander. Das läßt hoffen.

Wie stehen Sie heute zur AfD, speziell zu deren „Flügel“-Kämpfen und Ausgren­zungs­ri­tualen? Wäre eine Initia­tive wie die von FPÖ-Gene­ral­sek­t­retär Schned­litz nicht viel vorteilhafter?

Doris Fürstin v. Sayn-Witt­gen­stein: In der Alter­na­tive für Deutsch­land finden ja nicht nur Ausgren­zungs­ri­tuale statt: Tatsäch­lich werden gerade die Leis­tungs­träger der Partei oft von jenen ausge­grenzt, die bisher wirt­schaft­lich nicht erfolg­reich waren und inner­halb der Partei als sog. „Beute­ge­mein­schaft“ bezeichnet werden. Diese Partei­mit­glieder grenzen nicht nur aus, sie verleumden andere Mitglieder öffent­lich und schaden so der ganzen Sache, weil es ihnen allein um ihr wirt­schaft­li­ches Fort­kommen geht.

Ich bin gegen „Distan­ze­ritis“: Es ist ja kein Geheimnis, daß sich die Regie­rungs­par­teien den Staat unter den Nagel gerissen haben und ihn dazu mißbrauchen, um den poli­ti­schen Gegner zu zerstören. „Distan­ze­ritis“ ist ein stra­te­gi­scher Fehler in der poli­ti­schen Ausein­an­der­set­zung. Dadurch werden oft Mitstreiter beschä­digt, die an jenen alten Werten fest­halten, die bisher das Über­leben der euro­päi­schen Völker gesi­chert haben. Damit ist ganz klar, daß die Ausgrenzer das Geschäft des Gegners betreiben. Ob sie das mit Absicht tun, ist hierbei voll­kommen gleich­gültig, weil es allen auf die poli­ti­sche Wirkung ankommt.

Die Initia­tive von FPÖ-Gene­ral­se­kretär Schned­litz war ja wohl sein persön­li­cher Vorstoß. Er wandte sich gegen Abgren­zungen im eigenen Dritten Lager. Inwie­weit diese Linie von der gesamten FPÖ mitge­tragen wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

Anfang Januar 2021 wird der Verfas­sungs­schutz vermut­lich die Beob­ach­tung der Alter­na­tive für Deutsch­land bekannt­geben. Ich bin gespannt, wie sich dann z.B. die Staats­be­diens­teten inner­halb der Alter­na­tive für Deutsch­land zu ihrer Partei stellen.

Es bleibt auf alle Fälle spannend.

Eine spani­sche Version dieses Inter­views erschien bei El Correo de España.


Kommentar von Dr. Norbert van Handel:

Die Ausfüh­rungen von Doris Fürstin von Sayn-Witt­gen­stein sind völlig nachvollziehbar.

Dass sie logi­scher­weise aus Sicht einer nord­deut­schen Spit­zen­po­li­ti­kerin kommen und demnach natür­lich nicht zu 100% deckungs­gleich mit den Inter­essen Südost­mit­tel­eu­ropas sein können, beweist ja gerade, dass die EU kein Einheits­topf und keine Super­union werden darf. Dies würde die kultu­relle Iden­tität der einzelnen Mitglieds­länder zerstören.

Die Aufgaben der EU sind Frieden in Europa zu garan­tieren und die vier großen Frei­heiten (freier Personen‑, Waren‑, Dienst­leis­tungs- und Geld­ver­kehr) zu sichern.

Der freie Waren­ver­kehr klappte zum Beispiel in der Coro­na­krise nicht, als einzelne Staaten medi­zi­ni­sche Hilfs­güter, die andere schon bezahlt hatten, für eigene Zwecke zurück­halten wollten – ein Skandal sondergleichen.

Da die großen früher konser­va­tiven Parteien, wie etwa CDU in Deutsch­land oder ÖVP in Öster­reich links der Mitte agieren, ist es schlechthin eine Frage des poli­ti­schen Über­le­bens natio­nale, wert­kon­ser­va­tive Parteien aufzu­bauen und zu stärken, die ein genuines Über­leben der einzelnen Nationen in ihrer kultu­rellen Viel­falt, ihren Tradi­tionen, ihrer seit Jahr­hun­derten gepflo­genen Lebens­weise sicherstellen.

Nur so können globa­lis­ti­sche Pläne zur Multi­kul­tu­ra­li­sie­rung Europas verhin­dert werden.

Überaus gefähr­lich ist die prak­tisch gren­zen­lose Immi­gra­tion aus uns fremden Kultur­kreisen, die bewusst voran getrie­bene Isla­mi­sie­rung des Konti­nents und die zuneh­mende Schwäche der christ­li­chen Kirchen, die eigene Reli­gion zu schützen und zu stärken.

Hier versagt die EU voll­kommen und gerade hier ist auf Grund der demo­gra­phi­schen Entwick­lung größte Gefahr gegeben, wenn Europa nicht isla­misch werden soll.

Die Aussagen der Fürstin sehe ich ganz genau in diese Rich­tung gehend und ich wünschte mir, dass mehr Poli­tiker so denken würden wie sie.

Hint­an­zu­halten sind vor allem lächer­liche, eitle Klein­kriege in den Parteien, die eigent­lich die Aufgabe hätten ihre Länder und damit Europa für die Zukunft zu sichern.

Trotz aller Schwie­rig­keiten muss man opti­mis­tisch bleiben und jeder an seiner Stelle für eine lebens­werte Zukunft der nächsten Gene­ra­tionen kämpfen.

Ein harter Kampf – aber er muss geführt werden !


2 Kommentare

  1. Was Doris von Sayn-Witt­gen­stein fest­stellt ist zwar richtig, aller­dings nur die halbe Miete. Diese EU ist nichts anderes, als eine Vorfeld-Orga­ni­sa­tion derer, die den „großen Reset“ inzwi­schen ganz offen prokla­mieren. Natio­nal­staaten haben in der schönen neuen Welt des Trans­hu­ma­nismus schlicht keinen Platz mehr. Genau deshalb steht übri­gens Israel fest an der Seite eines gewissen Herrn Trump. Der ist der einzige Groß­macht­ver­treter, der gegen die Globa­li­sie­rung hält. Was zur Zeit läuft, ist der Kampf der Global­listen gegen die Staaten, die das erkannt haben, bzw. die Staa­ten­führer, die sich nicht haben bestechen lassen.
    Inso­fern hat „Corona“ direkt auch etwas mit diesem Thema zu tun, da inzwi­schen glas­klar ist, dass Covid19 ein Instru­ment für den „Reset“ ist. Natür­lich sind Menschen, wie von Sayn-Witt­gen­stein, die sich nicht verbiegen und nicht käuf­lich sind, hoch gefährdet und werden im Zweifel aus dem Weg geräumt. Der 6. Januar , der wohl entschei­dend ist, ob die Wahl­fäl­schung in den USA durch­geht oder nicht, wird deshalb für die Natio­nal­staaten dieser Welt von enormer Bedeu­tung sein

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