Dr. Norbert van Handel zur Weltpolitik

Dr. Norbert van Handel

Ein Gast­kom­mentar von Dr. Norbert van Handel (Steinerkirchen/Traun) *)

Auch wenn Corona und der Isla­mismus in Europa einen großen Prozent­satz des Sorge­po­ten­tials ausmacht, geht die Welt­po­litik weiter.

Hier eine kleine tour d’horizon:

  1. EU
    Man müsste Wahr­sager sein, um zu wissen, wie sich der Brexit wirk­lich entwi­ckeln wird.
    In der Sache Rechts­staat­lich­keit dürfte sich der Euro­päi­sche Gerichtshof gegen Ungarn und Polen stellen.
    Dies wird weitere Turbu­lenzen auslösen.
    Es führte aber indi­rekt dazu, dass hinsicht­lich der Blockade der Corona-Finanz­mittel durch Ungarn und Polen ein Kompro­miss gefunden wurde, der sich im Wesent­li­chen darauf bezieht, dass das so genannte Rechts­staat­lich­keits­prinzip nur dann ange­wendet werden soll, wenn die Verwen­dung von Corona-Mitteln rechts­widrig (z.B. Korrup­tion) ist. Damit können alle leben.
    Schärfer wird in Zukunft die Diskus­sion, ob Einstim­mig­keit oder Mehr­stim­mig­keit wich­tiger EU Beschlüsse notwendig sind, werden.
    Was Mittel­eu­ropa betrifft, wird es immer drin­gender M7, also eine Gruppe der Visegrád-Staaten mit Öster­reich, Kroa­tien und Slowe­nien, zu bilden, wenn man nicht hoff­nungslos von den „Großen“ abhängig sein will.
  2. United Kingdom
    Wie auch immer der Brexit ausgeht, die Unab­hän­gig­keits­be­mü­hungen in Schott­land werden nicht mehr aufzu­halten sein.
    Auch die völlig unkon­trol­lier­bare Zoll­si­tua­tion in Irland wird zu Verwer­fungen führen.
    Wales wird zuneh­mend mehr über­legen sich Schott­land anzunähern.
    Ein Zerfall des United Kingdom ist in nächster Zeit nicht zu erwarten, jedoch erodiert das Grund­ge­rüst des Verei­nigten König­reichs immer mehr.
    Dass Boris Johnson bereits impfen lässt, zeigt dass England nach wie vor schnell reagieren kann.
    Aus der EU hörte man Stimmen wonach dies unso­li­da­risch sei – man fragt sich warum – nur weil die EU nicht in der Lage ist, ebenso schnell zu reagieren?
  3. Ungarn
    Orban
    will den Austritt von Fidesz aus der EVP. Mit der EVP wird es für Ungarn keine Zukunft mehr geben,da diese sich konse­quent den libe­ralen Bemü­hungen von Frau von der Leyen ange­schlossen hat.
  4. Rumä­nien
    Nach dem Rück­tritt des libe­ralen Minis­ter­prä­si­denten Ludovic Orban hat Rumä­niens Staats­chef Klaus Johannis den partei­losen Vertei­di­gungs­mi­nister und Ex Gene­ral­stabs­chef Nicolae Ciuca zu dessen geschäfts­füh­renden Nach­folger ernannt.
    Ob das insta­bile Rumä­nien endlich die Korrup­tion in den Griff bekommt, ist fraglich.
  5. Grie­chen­land
    Grie­chen­land
    beschul­digt die Türkei, einmal mehr Migranten gezielt auf grie­chi­sche Inseln zu schi­cken. Dies­be­züg­lich bestünden zuver­läs­sige Infor­ma­tionen, sagt Migra­ti­ons­mi­nister Notis Mita­rachi. Ein weiteres Indiz dafür, wie wenig die EU in der Lage ist das Migran­ten­pro­blem zu lösen.
  6. Russ­land
    Putin, der seine Verbün­deten nicht im Stich lässt, drängt sanft darauf, dass Lukaschenko in Belarus geht. Über kurz oder lang wird dies auch geschehen, da der derzeitig zwei­fellos welt­beste Diplomat Sergei Lawrow konse­quent mit Lukaschenko die Rück­zugs­mög­lich­keiten bespricht.
    Der UNO Beschluss, dass Russ­land die Krim wieder hergeben muss, wird in Moskau eher Hohn­la­chen auslösen.
    Wäre es möglich gewesen, dass Öster­reich Südtirol wieder zurück­ge­holt hätte – völker­rechts­widrig oder nicht – hätte dies jeder verstanden. Warum also nicht bei der Krim?
  7. China
    Auch im Welt­raum wird China mit seinem „Chang’e 5“ zu den USA und Russ­land aufschließen und eine veri­table Welt­raum­macht werden.
    Noch wich­tiger ist, dass die Chinesen mit der größten Zoll­frei­zone in Fernost Zug um Zug Maßnahmen setzen, um das Projekt Seiden­straße weiter zu entwickeln.
    Nicht nur die Trans­ver­sale selbst, sondern rechts und links davon entwi­ckeln sich Indus­trie­ge­biete, Handels­häfen und neue Verkehrswege.
    Die EU könnte inso­fern reagieren, als dass sie der von Russ­land schon vorge­schla­genen Zoll­frei­zone zwischen Lissabon und Wladi­wostok näher­tritt. Davon hört man jedoch nichts, da Brüssel nur in der Kate­gorie Sank­tionen an Russ­land denkt, was kontra­pro­duktiv ist und durch die stän­digen internen Querelen anschei­nend den Blick auf den Rest der Welt verloren hat.
  8. USA
    Der neue Kongress will den Trup­pen­abzug, den Trump geplant hat, stoppen. Die Funk­tion „Welt­po­li­zist“ der USA (damit Kriegs­po­litik) wird wieder steigen und der Fokus auf eine florie­rende Wirt­schaft sinken.
  9. Türkei
    Die EU will wieder die Sank­tionen prüfen, anstatt den Kandi­da­ten­status der Türkei zu streichen.
    Die böse Saat, die Merkel dadurch, dass sie sich in der Flücht­lings­frage von Erdogan erpressen ließ, säte, geht weiter auf, weil das Immi­gran­ten­pro­blem in keiner Weise gelöst ist.
  10. Vene­zuela
    Maduro hat einen über­ra­genden aber zwei­fel­haften Wahl­sieg bei nied­rigster Wahl­be­tei­li­gung erlangt.
    Juan Guaidó, der Hoff­nungs­träger des Westens, hat die Wahl boykot­tiert, was ein großer stra­te­gi­scher Fehler war.
    Wie immer das Ausland es sieht, Nicolás Maduro sitzt nun wieder fest im Sattel und ohne Inter­ven­tion von außen, die schwer möglich scheint, wird daran auch nicht zu rütteln sein.
    Der Aufruf von Guaidó, eine Volks­ab­stim­mung (worüber?!) durch­zu­führen, entbehrt leider jeder poli­ti­schen Realität.
  11. Aser­bai­dschan
    Wladimir Putin hat den Konflikt mit Arme­nien gestoppt.
    Bedau­er­li­cher­weise verloren dabei die Arme­nier einen nicht unbe­trächt­li­chen Teil ihrer Einfluss­zone. Dies war wahr­schein­lich der Preis, der zu zahlen war, da die mili­tä­ri­sche Unter­le­gen­heit der Arme­nier ansonsten noch größere Verwer­fungen gebracht hätte. Inwie­weit die Ruhe, die nun in diesem Konflikt eintritt, anhält, wird die Zukunft zeigen.
  12. Äthio­pien
    Abiy Ahmed hat scheinbar die Rebel­lion in der Region Tigrai beendet. Es darf voraus­ge­sehen werden, dass damit die Unruhen nicht zu Ende sind. In diesem stra­te­gisch wich­tigen Teil Afrikas ist die Ausbrei­tung der Unruhen in den Sudan aber auch von Soma­li­land bis Kenia zu befürchten. Eine weitere Region in Ostafrika, die zuneh­mend mehr auf dem Radar der Welt­po­litik stehen wird.
    Immer größere Hungers­nöte sind zu erwarten.
    Ob Wirt­schafts­auf­schwung und Stabi­lität in Äthio­pien weiter­gehen, muss mit einem großen Frage­zei­chen versehen werden.
  13. Japan
    Die beiden eher west­lich ausge­rich­teten Staaten Japan und Südkorea streiten schon seit Jahr­zehnten um die felsigen Insel­gruppen zwischen ihren beiden Staaten.
    Jetzt hat Japan erneut seine Ansprüche auf Takes­hima formu­liert. Südkorea protes­tiert scharf.
    Jüngst bekräf­tigten China, Japan und Südkorea das Ziel einer lang­fris­tigen Frie­dens­lö­sung mit Nord­korea. Wenn nun Japan Südkorea von der Liste der bevor­zugten Handels­partner streicht, ist zu befürchten, dass dies auch auf die Verhand­lungen mit Nord­korea reflektiert.
  14. Brasi­lien
    Wir sind eindeu­tige Verfechter von Neutra­lität und Nicht­ein­mi­schung in andere Länder, weshalb auch der Regie­rungs­stil Präsi­dent Bolso­n­aros, der sich zuneh­mend mehr auf Polizei und Militär stützt, hier nicht kommen­tiert werden soll.
    Was aber die inter­na­tio­nale Gemein­schaft sehr wohl zu inter­es­sieren hat, ist die immer größere Zerstö­rung des Regen­waldes. Diese schadet nämlich wirk­lich dem Klima und sollte Anlass sein, so lange mit Brasi­lien keine präfe­ren­zi­ellen Handels­ab­kommen zu schließen, bis hier die Macht des Groß­ka­pi­tals gegen die Zerstö­rung der grünen Lunge (und der Indi­genen) zurück­ge­drängt wird.

M7 – ein Mittel­eu­ropa der Sieben

Poli­tisch ist es jetzt drin­gend notwendig, dass die Visegrád-Staaten, Öster­reich, Slowe­nien und Kroa­tien – ein Mittel­eu­ropa der Sieben (M7) – sich inner­halb der EU zusam­men­finden, um zu vermeiden, dass Deutsch­land, Frank­reich und ihre Mitläufer gnadenlos die kleinen christ­li­chen Länder über­rollen und ihre Iden­tität zerstören.

 


*) Webseite des Gast­au­tors: norbert.vanhandel.at/

 

1 Kommentar

  1. Als Mittel­deut­sche sage ich einfach „Danke “ Herr van Handel für Ihre Worte. Von alldem hört und liest man bei uns nichts. Von der Zerstö­rung des Regen­waldes und damit auch des Lebens der Indi­genen weiß ich auch schon länger. Das muß auch unbe­dingt ein Ende haben. Über die Forde­rung der UNO an Rußland, die Krim zurück­zu­geben, kann auch ich nur lachen und mit dem Kopf schüt­teln. Ich würde mich freuen, wenn Südtirol endlich zu Öster­reich käme.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein