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Hunderttausende protestierten am Donnerstag in rund zweihundert französischen Städten auf der Straße gegen die geplante Rentenreform der Regierung. Die landesweite Demonstration wurde von Streiks begleitet, vor allem im öffentlichen Sektor: Es gab erhebliche Störungen im Fern- und öffentlichen Nahverkehr, die Stromproduktion ging zurück, Ölraffinerien wurden eingestellt und der Unterricht in Bildungseinrichtungen wurde abgesagt – wie Magyar Nemzet.

Dabei ging die Polizei in Paris teils brutal gegen friedliche Demonstranten vor:

Auch in vielen Provinzstädten kam es zu Massen-Protestmärschen: Mindestens 30.000 Menschen waren es in Toulouse, 26.000 in Marseille, 15.000 in Montpellier, 14.000 in Pau und 12.000 in Perpignan.

„Die Mobilisierung ist bedeutender, als wir erwartet hatten”, sagte Laurent Berger, der Vorsitzende der Gewerkschaft CFDT, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bei der Pariser Kundgebung, die am Nachmittag auf dem République-Platz begann. Philippe Martinez, Chef der radikaleren Gewerkschaft CGT, sagte, der Protest gegen die Rentenreform “vereint alle Unzufriedenheit” im Land.

Gewalttätige Proteste in Paris

Wegen der großen Menschenmenge in Paris öffnete die Polizei eine weitere Route für Demonstranten in Richtung des Bastille-Platzes. Anarchistische Demonstranten griffen das Büro einer Versicherungsgesellschaft an und stießen dann mit der Polizei zusammen, die Tränengas einsetzte, um Randalierer zu zerstreuen. Dreißig Personen wurden festgenommen.


Laut Veranstaltern protestierten etwa 400.000 Menschen in Paris.

Bestreikung des Verkehrs, der Stromerzeugung, von Schulen

Verkehrsminister Clément Beaune hatte die Franzosen bereits am Mittwoch gebeten, ihre für Donnerstag geplanten Fahrten zu verschieben und – wenn möglich – auf home-office zu arbeiten. Vor allem der Schienenverkehr und der Pariser öffentliche Nahverkehr waren fast vollständig stillgelegt. Sogar die Stromerzeugung des staatlichen EDF wurde reduziert, mehr als 70 Prozent der Beschäftigten in Ölraffinerien legten ihre Arbeit nieder. Laut Gewerkschaftsangaben sollen 70 Prozent der Grundschullehrer und 65 Prozent der Sekundarschüler gestreikt haben, nach Angaben des Bildungsministeriums sollen es nur 42 Prozent der Grundschullehrer gewesen sein. In Gymnasien protestierten 35 Prozent. Viele Schulen in Paris blieben geschlossen.

Anhebung des Renten-Mindestalters auf 64 Jahre

Mit der Rentenreform will die Regierung das Renteneintrittsalter schrittweise von derzeit 62 Jahren auf 64 Jahre bis 2030 anheben, gleichzeitig aber auch die monatliche Mindestrente für knapp 2 Millionen Kleinrentner auf 1200 Euro (478 Tausend Forint) anheben und damit langfristig auf 80 Prozent des Mindestlohns setzen.
Dem Vorschlag zufolge soll die volle Altersrente ab 2027 nach 43 Dienstjahren fällig werden. Laut Premierministerin Élisabeth Borne soll die Reform das Rentensystem bis 2030 sicherstellen, danach könnten weitere Änderungen erforderlich sein.

Immer wieder versuchten französische Regierungen in den letzten drei Jahrzehnten mehrere große Rentenreformen, um die Alterung der Gesellschaft und das Defizit in der Rentenkasse auszugleichen, die alle von großen Protestbewegungen begleitet wurden. Denn: Obwohl Frankreich eines der niedrigsten Rentenalter in der EU hat, ist eine Anhebung sehr unpopulär: 68 Prozent der Franzosen sind gegen den Vorschlag – laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts ifop-Fiducial.

Entschlossenheit der Regierung

Präsident Emmanuel Macron hatte die Rentenreform bereits im Wahlkampf vor seiner ersten Amtszeit im Jahr 2017 versprochen und dann als Hauptmaßnahme seiner zweiten Amtszeit angekündigt. Da er derzeit aber nicht über eine Mehrheit im Parlament hat, kann es das Gesetz nicht verabschieden. Somit freilich könnte eine anhaltende Protestbewegung auch die Position der Regierung beeinflussen.

„Die Regierung beabsichtigt, die Reform im Geiste des Dialogs, aber mit Entschlossenheit und im Geiste der Verantwortung fortzusetzen”

– sagte Emmanuel Macron am Donnerstag in Barcelona, wo er mit 11 Mitgliedern seiner Regierung auf Einladung des spanischen Premierministers Pedro Sánchez zu einem offiziellen Besuch eintraf. Er fügte hinzu, dass die Rentenreform “demokratisch, eine faire und verantwortungsvolle” Maßnahme sei.

“Es ist okay und legitim, dass jeder seine Meinung äußert. Ich vertraue den Organisatoren der Demonstrationen, dass der legitime Ausdruck der Unzufriedenheit auf eine Weise erfolgt, die unseren Landsleuten nicht zu viel Unannehmlichkeiten bereitet und natürlich keinen Aufruhr und Zerstörung mit sich bringt”, betonte der Präsident.

Der Gesetzesvorschlag, welcher der Öffentlichkeit auf einer Pressekonferenz am 10. Januar vorgestellt wurde, wird von der Regierung auf ihrer Sitzung am 23. Januar diskutiert. Der Gesetzentwurf wird ab dem 30. Januar vom zuständigen Ausschuss der Nationalversammlung geprüft und am 6. Februar im Plenum debattiert.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Magyar Nemzet, unserem ungarischen Partner der europäischen Medienkooperation.

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10 Gedanken zu „Frankreich vor Rentenreform: Soziales Pulverfass Europas – Erneut Ausschreitungen (VIDEOS)“
  1. Denen bleibt gar nichts anderes übrig, als eine Rentenreform durchzuführen, da der deutsche Zahlemann in naher Bälde nicht mehr kann und sich damit auch die Gelddruckerei der EZB erledigt hat, außer die wünschen, dass die 1200€ Mindestrente nur noch für ein Brot und ein Stück Butter reichen.

    1. Trotzdem strömen sie alle herein, egal wie viele es nicht schaffen. Hier gehts denen auch ohne viel Kohle viel besser als zu Hause. Und wenn das Geld alle ist, schreckt das auch die Flut nicht ab

  2. Was ist das Problem mit 1.200 € Rente (wenn die Preise nicht weiter steigen)? Ich selbst kann mir meine Knete frei einteilen, brauche aber auch nur etwa 1.600 € monatlich, und dabei ist schon einiger Luxus enthalten, oder Annehmlichkeiten, die man Jedem gönnt. Zu Hartz-Zeiten gab’s gut 800 € für Wohnung, Kost und Logis, und davon hatte ich trotz anderer teurer Hobbies noch 40-50 €/Monat für Musikinstrumente & Co. angespart, insgesamt 1.000 €. Wiederum: Als Student und Entrepreneur (oder Handwerker) damals lag mein Einkommen bei meinetwegen 1.300 €/Monat. Davon konnte ich mir aber auch ein Auto leisten, meine Hobbies, essen gehen und in den Urlaub fliegen.

    P.S.: Zwischenzeitlich hatte ich auch mal sehr viel mehr verdient. Nicht dass man noch denkt, ich sei eine Lusche.

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    1. “Als Student und Entrepreneur (oder Handwerker) damals lag mein Einkommen bei meinetwegen 1.300 €/Monat. Davon konnte ich mir aber auch ein Auto leisten, meine Hobbies, essen gehen und in den Urlaub fliegen.”

      Die Betonung liegt m. E. auf DAMALS !!! – Da wäre meine Frage, wann denn DEIN DAMALS !!! war in welchen Jahren? – Bei den heutigen Kosten und Preisen ist man damit im Armutsbereich – jedenfalls in Teutscheland – und viele haben hierzuland noch weit weniger als dieses als Rente oder Arbeitseinkommen.

      Meines Erachtens.

      1. Ich kenne einen langjährigen Hartzler, der sich einen Kleinwagen leistet und einmal jedes Jahr auf Sylt Urlaub macht in seiner Stamm-Pension. Er hat sonst kaum Ausgaben für Hobbies oder Laster und lebt bescheiden.

        Das war aber vor ein paar Jahren, und bei den heutigen Preissteigerungen wird er Auto und Urlaub schwerer bezahlen können. Viel finanziellen Spielraum hatte er ja noch nie.

      2. Er redet wohl von DM? Wie gibts das, das er manchmal viel verdient manchmal nicht? Sozialwohnung etc? Unsereines hat keine Chance für so etwas. Da kommen “Andere” zuerst dran das war schon vor Jahren so und wird immer drastischer.

    1. Macron = Neoliberalismus pur (abseits seiner kulturlosen Teufelsanbeterei) und er wird vor allem auch von vielen jungen Menschen gewählt und das nicht etwa, weil die reich wären und damit Nutznießer seiner Politik, sondern weil sie reich werden wollen! Eine Stimmabgabe bei einer Wahl vom herbeigeträumten Zukunfts-Ich sozusagen. So hiernzerwaschen abgedriftet muss man erstmal mal sein.. facebook, Instagram, TikTok, Netflix & Co. machens möglich.

  3. Klar, warum Macron sich für ein strarkes Europa ausspricht.
    US-amerikanische Weltretter saugen Europa aus, machen die Völker Europas abhängig und treiben sie in den dritten Weltkrieg….
    Denn davon leben sie.

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    1. Das mit dem starken Europa das hat doch schon die Merkel immer wiederholt. Hat aus uns aber nur ein männchenmachendes Volk gemacht. Der der sich wehrt, der kann was erleben

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