Italien: Salvinis Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Von Bill Ravotti
 

Draghi hat ihm am Wochenende mit 800 neuen Illegalen eine klare Botschaft übermittelt.
Nachdem Matteo Salvini seine weitere Unterstützung der Regierung mit der Beendigung der illegalen Anlandungen verknüpft hatte, scheint Mario Draghi Salvini am Wochenende mit mehr als 800 neuen Illegalen eine Botschaft geschickt zu haben.

Nach anfänglicher Skepsis folgte Salvini vor Monaten dem Rat des inneren Kreises der Lega, sich der Einheitsregierung Draghis in Italien anzuschließen.

Die Lega-Insider bestanden darauf, dass Salvinis „EU-Facelifting“ sein Image verbessern und damit seine Aussichten auf das Amt des Ministerpräsidenten erhöhen würde.

Offensichtlich haben sie sich verrechnet und nicht mit dem schnellen Aufstieg von Giorgia Meloni gerechnet, deren Partei in mehreren Umfragen die Lega überholt hat (die Abstände sind gering).

„Die Lega will sich Draghi anschließen, um ihren Namen in Europa reinzuwaschen und ihren Ruf als euroskeptische Partei loszuwerden“, so eine hochrangige Quelle der Lega, die die Politik mitgestaltet hatte.

Um ihren Namen reinzuwaschen? Warum eigentlich? Es handelt sich um die Partei, die vor zwei Jahren die EU-Wahlen in Italien dominierte.

Aber wie Salvini schnell feststellt, kann die Lega die Linke in Italien nicht aus der EU herausdrängen. Die Zahlen für die Lega, die bei den letzten EU-Wahlen 2019 die meisten Stimmen erhielt (34 %), sinken weiter. Heute liegt die Lega nur noch bei etwa 20 %, was einen Rückgang von etwa 41 % in nur zwei Jahren bedeutet.

Im Gegensatz dazu erhielten Melonis Fratelli d’Italia (FdI) 2019 nur 6,5 % der Stimmen, liegt aber heute bei 20-21 %, was einem Anstieg von etwa 215 % entspricht.

Diese Umfragen stellen eine große Umkehrung des Schicksals dar.

In der Zwischenzeit setzt die Draghi-Regierung die Kapitulation an Italiens Grenzen fort. Am Wochenende erhielten weitere 800 Illegale die Erlaubnis, in Italien zu landen, nur wenige Tage nachdem Salvini erklärt hatte, dass seine Unterstützung für die Regierung gefährdet sei, wenn die Landungen fortgesetzt würden.

Welchen Beweis braucht Salvini denn noch?

Ein deutsches Migranten-Überführungsschiff mit 257 Illegalen an Bord legte am Samstag in Sizilien an, nachdem die italienischen Behörden die Erlaubnis erteilt hatten… und Stunden später erhielt ein französisches „humanitäres“ Schiff mit 549 Illegalen an Bord eine ähnliche Hafenerlaubnis.

Salvini und die Lega haben sich aus freien Stücken dazu entschlossen, diese einwanderungsfreundliche Regierung zu unterstützen, wohl wissend um die Vergangenheit des derzeitigen Innenministers in Sachen Migration. Es ist schwer zu verstehen, dass Salvini dachte, die Dinge würden anders laufen.

Das war ein kolossaler Fehler. Nur Giorgia Meloni, als patriotische Opposition, stand zu ihren Prinzipien und weigerte sich, dieses Einheitsregime zu unterstützen.

Ja, Salvini hat giftige Ratschläge erhalten, aber Salvini hat auch einen freien Willen. Er hat sich entschieden, dieser Regierung beizutreten, zu der auch Matteo Renzi und die einwanderungsfreundlichen Sozialisten gehören.

Vor ein paar Tagen hat Salvini klar gesagt, dass seine Unterstützung gefährdet sei, wenn die Regierung Draghi weiterhin die Einreise gewähre.

Es sieht jedoch so aus, als hätte Draghi Salvini gerade seine Antwort geschickt: über 800 Illegale in nur zwei Tagen. Taten sprechen lauter als Worte.

Zweifellos verliert Salvini an Glaubwürdigkeit, und viele sind über seine jüngsten Entscheidungen verwundert. Wenn Salvini jetzt nicht aus der Regierung austritt, wie kann man ihm dann zutrauen, Italien in Zukunft zu führen?

Dennoch braucht Italien (und Europa) sowohl Meloni als auch Salvini im selben Team. Es ist zu befürchten, dass einige (insbesondere die EVP) versuchen, die beiden zu entzweien. In der Tat sind gewisse Spannungen zu spüren, die die derzeitige rechte Koalition in Zukunft belasten könnten.

Zweifellos hat Salvini in den letzten Monaten sehr enttäuscht, auch wenn der Autor dieser Zeilen noch nicht bereit ist, ihn ohne weiteres über Bord zu werfen. Salvini scheint hingegen wirklich zu entschlossen zu sein, seine Chancen, Italiens nächster Ministerpräsident zu werden, zu kompromittieren. Aber er könnte in einer Regierung Meloni einen sehr guten Innenminister abgeben.

Für Salvini ist es an der Zeit, die EU-Maske abzulegen. Er muss sich Meloni anschließen, um für das Gute zu kämpfen und damit beginnen, Druck auf diese Regierung auszuüben, um Neuwahlen in Italien anzuregen.

Wie viele Landungen sind genug, fragte Salvini neulich. Das ist eine sehr gute Frage, die Salvini selbst beantworten muss, da er diese Regierung weiterhin unterstützt.

Draghi gab seine unmittelbare Antwort mit weiteren 800 Illegalen in zwei Tagen. Jetzt ist es an der Zeit, dass Salvini Draghi mit Taten antwortet, indem er aus seiner Regierung austritt.

Italiens verlorener Sohn muss nach Hause zurückkehren.

Bill Ravotti ist US-Amerikaner und mit einer Tschechin verheiratet. Er ist der Gründer des auf die Analyse des politischen Geschehens in der V4, in den ost- u. mitteleuropäischen Ländern und in der EU spezialisierten unabhängigen Portals V4Report. Bill Ravotti arbeitet als CFP und war 1996 und 1998 republikanischer Kandidat für den US-Kongress. Ferner leitete er den Wahlkampf von P.J. Buchanan in Pennsylvanien.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der VISEGRÁD POST, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.