Marsch für das Leben und die Familie in Warschau

Marsch für das Leben und die Familie in Warschau · Bildquelle: VP

Am Sonntag, den 19. September, füllten sich die Straßen des histo­ri­schen Zentrums von Warschau mit Teil­neh­mern des Marsches für das Leben und die Familie. Die Veran­stal­tung wurde bereits zum sech­zehnten Mal in Folge orga­ni­siert. Letztes Jahr fanden solche Märsche am selben Tag in 140 polni­schen Städten statt, aber dieses Jahr wurde die Veran­stal­tung aufgrund der sani­tären Situa­tion nur in der Haupt­stadt orga­ni­siert. Das Motto des dies­jäh­rigen Marsches lautete „Papa, sei mit mir, führe mich, beschütze mich“, und die Orga­ni­sa­toren wollten damit beson­ders Kardinal Stefan Wyszyński würdigen, der eine Woche zuvor selig­ge­spro­chen worden war. Der Mann, den die Polen als Primas des Jahr­tau­sends bezeichnen, war bekannt für sein Enga­ge­ment für die Vertei­di­gung von Ehe und Familie sowie für seinen Wider­stand gegen die Abtrei­bung, die von den Kommu­nisten lega­li­siert und verharm­lost worden war, nach dem Vorbild dessen, was heute in mehreren west­eu­ro­päi­schen Ländern prak­ti­ziert wird, vor allem in Frank­reich und Groß­bri­tan­nien, die nach Russ­land die mit Abstand höchste Abtrei­bungs­rate unter den euro­päi­schen Ländern haben.
 

Die Orga­ni­sa­toren des Zentrums für Leben und Familie (Centrum Życia i Rodziny) und des Christ­lich-Sozialen Kongresses (Chrześci­jański Kongres Społeczny) wurden vor der Veran­stal­tung von Staats­prä­si­dent Andrzej Duda begrüßt, der bereits im vergan­genen Jahr als einfa­cher Teil­nehmer an dem Marsch teil­ge­nommen hatte. Die Initia­tive wurde auch von vielen konser­va­tiven Medien und katho­li­schen Orga­ni­sa­tionen, Jour­na­listen, Sport­lern, Schau­spie­lern und Pries­tern unter­stützt. Die Teil­nehmer wurden auf Twitter vom Vorsit­zenden der polni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Erzbi­schof Stanisław Gądecki, begrüßt. Im Anschluss an den Marsch wurde in der Heilig-Kreuz-Kirche in der Krakauer Vorstadt (Krakow­skie Przedmieście) unweit des Präsi­den­ten­pa­lasts eine Messe gefeiert. Viele Persön­lich­keiten des öffent­li­chen Lebens, die für ihre lebens­be­ja­hende Haltung bekannt sind, schlossen sich dem Umzug der Fami­lien an, darunter der Ombuds­mann für Kinder­rechte, Mikołaj Pawlak, die natio­na­lis­ti­schen Abge­ord­neten Robert Winnicki und Krzy­sztof Bosak von der Konfe­deracja und der stell­ver­tre­tende Klima­mi­nister Jacek Ozdoba von Soli­darna Polska, der Partei von Justiz­mi­nister Zbigniew Ziobro, der der PiS-geführten Regie­rungs­ko­ali­tion der Verei­nigten Rechten ange­hört. Die PiS selbst war bei der Demons­tra­tion am 19. September nicht vertreten, zumin­dest nicht offiziell.

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„Die Straßen von Warschau sind voller lächelnder und glück­li­cher Fami­lien! Danke, dass Ihr mit uns seid!“

Aber ist es heute in Polen noch notwendig, gegen Abtrei­bung zu demons­trieren und für den Schutz der Voran­stel­lung von Ehe und Familie zu kämpfen? Immerhin konnten die polni­schen Pro-Life-Bewe­gungen im vergan­genen Jahr einen großen Erfolg für das Recht auf Leben feiern: Nach langem Kampf hat das Verfas­sungs­ge­richt die euge­ni­sche Abtrei­bung für illegal erklärt, und Abtrei­bungen sind in Polen nur noch dann erlaubt, wenn die Schwan­ger­schaft das Ergebnis einer Verge­wal­ti­gung ist oder wenn sie das Leben oder die körper­liche Gesund­heit der schwan­geren Frau gefährdet. Darüber hinaus haben Dutzende von lokalen Behörden, darunter mehrere Woiwod­schaften, zwischen 2019 und 2020 eine Charta für Fami­li­en­rechte (die vom Institut Ordo Iuris, einer Verei­ni­gung von Pro-Life- und Pro-Fami­lien-Anwälten, ausge­ar­beitet wurde) verab­schiedet, die Vorschläge zur Stär­kung von Ehe und Familie auf lokaler Ebene enthält, und viele andere haben Erklä­rungen verab­schiedet, in denen sie verspre­chen, die LGBT-Ideo­logie nicht zu fördern.

Pro-Fami­lien- und Pro-Life-Anhänger in Polen sind sich jedoch bewusst, dass der Kampf für sie noch lange nicht gewonnen ist. Trotz des Verbots werben Abtrei­bungs­händler und Abtrei­bungs­be­für­worter im öffent­li­chen Raum für ihre Dienste (die in der Regel Reisen ins Ausland oder den Versand von Abtrei­bungs­pillen per Post umfassen), ohne von Polizei und Staats­an­walt­schaft behel­ligt zu werden. In der Tat herrscht in diesem Bereich ein Klima der Straf­lo­sig­keit, da die Regie­rung von Mateusz Mora­wi­ecki, wie auch frühere Regie­rungen, sich weigert, zu reagieren. Was die Familie betrifft, so versucht das Euro­päi­sche Parla­ment mit seiner Entschlie­ßung vom 14. September über die Aner­ken­nung von „Homo-Ehen“ in allen EU-Mitglied­staaten erneut, dem Heimat­land des Heiligen Johannes Paul II. ein anderes Fami­li­en­mo­dell aufzu­zwingen. Darüber hinaus übt die Kommis­sion zuneh­mend Druck aus, um ihre brand­neue „Stra­tegie für die Gleich­stel­lung von LGBTIQ in der EU“ durch­zu­setzen, und droht damit, Polen über den „Rechts­staat­lich­keits­me­cha­nismus“ EU-Mittel zu entziehen oder Zahlungen an Regionen auszu­setzen, die Beschlüsse gefasst haben, die nicht mit den in Brüssel vorherr­schenden progres­sis­ti­schen Ideen über­ein­stimmen. Infol­ge­dessen geben einige polni­sche Woiwod­schaften wie Klein­polen und Heilig­kreuz ihr früheres Enga­ge­ment für den Schutz und die Förde­rung der Familie auf, um wich­tige Finanz­mittel nicht zu verlieren.

Justiz­mi­nister Zbigniew Ziobro bezeich­nete vergan­gene Woche die ideo­lo­gi­sche Erpres­sung der Euro­päi­schen Kommis­sion als „Wirt­schafts­ter­ro­rismus“, während gleich­zeitig die in Städten wie Warschau oder Danzig verab­schie­deten LGBT+-Chartas, auf die die Charta der Fami­li­en­rechte und die Erklä­rungen der lokalen Behörden gegen die LGBT-Ideo­logie abzielten, weiterhin in Kraft bleiben und nicht von den euro­päi­schen Gremien unter Druck gesetzt werden. Doch die Anfang 2019 vom Warschauer Bürger­meister Rafał Trzas­kowski unter­zeich­nete LGBT+-Erklärung sieht beispiels­weise vor, die Förde­rung der LGBT-Ideo­logie in Schulen durch­zu­setzen, unter anderem durch die Einbe­zie­hung von Mitglie­dern von LGBT-Lobby­ver­bänden und durch die umstrit­tenen Stan­dards für die Sexu­al­auf­klä­rung in Europa, während die EU-Grund­rech­te­charta das Recht der Eltern fest­schreibt, ihre Kinder nach ihren eigenen Über­zeu­gungen zu erziehen. Die Warschauer LGBT+-Erklärung schreibt außerdem vor, dass Unter­nehmen, die für die Stadt­ver­wal­tung arbeiten wollen, eine interne Politik zur Förde­rung von LGBT-Einstel­lungen und ‑Ideen verfolgen müssen, was gegen die EU-Vorschriften zum freien Wett­be­werb verstößt.

Aufschrift auf dem Trans­pa­rent: „Ja zum Leben“ – Bild: Agnieszka Golańska-Bault

Die Postu­late des Marsches für das Leben und die Familie wurden von Robert Bąkie­wicz, einem der Anführer der Natio­nalen Bewe­gung und Orga­ni­sator einer anderen popu­lären Veran­stal­tung in Polen, dem Unab­hän­gig­keits­marsch, formu­liert. Am Ende der Demons­tra­tion wandte er sich an die Menge:

Wir sind hier versam­melt, um polni­sche Kinder zu schützen, um ihnen das Recht zu geben, geboren zu werden […], um polni­sche Kinder zu schützen, die einer verderbten Ideo­logie ausge­setzt sind, die leider in unseren Schulen präsent ist […]. Es ist nicht hinnehmbar, dass die natür­liche Ordnung und das Recht des polni­schen Staates vom Euro­päi­schen Parla­ment unter­graben und ange­griffen werden, während das polni­sche Parla­ment schweigt […] Es ist nicht hinnehmbar, dass extre­mis­ti­sche Gruppen Verbre­chen im Zusam­men­hang mit der Abtrei­bung fördern und recht­fer­tigen, während der Gene­ral­staats­an­walt [der Justiz­mi­nister, NdR.] so tut, als würde er die Anstif­tung zu Verbre­chen nicht sehen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die parla­men­ta­ri­schen Ausschüsse, die den Bürger­ent­wurf zur Kündi­gung der geschlech­ter­ideo­lo­gi­schen Istanbul-Konven­tion beraten sollten, seit über sechs Monaten nicht mehr zusam­men­kommen konnten. Das ist einfach inak­zep­tabel!

Das Plakat für die Demonstration

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