Portugal: Inter­view mit André Ventura, dem Vorsit­zenden der Rechts-Partei Chega

André Ventura ist der Vorsit­zende der portu­gie­si­schen natio­na­lis­ti­schen Partei Chega (Es reicht), die 12 Abge­ord­nete hat. Er kandi­dierte bei den portu­gie­si­schen Präsi­dent­schafts­wahlen 2021 und erhielt fast 12% der Stimmen. Lionel Baland traf ihn für Breizh-info.

Breizh-info: Ihre Partei hat bei den Wahlen in Portugal einen Durch­bruch erzielt, obwohl dies anfangs über­haupt nicht offen­sicht­lich schien. Wie erklären Sie sich dieses Ergebnis?

André Ventura: Ja, viele Leute haben gedacht, dass das nicht passieren würde. Wir sind jetzt die dritt­größte Partei in Portugal, hinter den Sozia­listen und den Sozi­al­de­mo­kraten, und wir hoffen, sehr schnell zweit­größte Partei zu werden.

Der Grund für diesen Erfolg ist, dass die Bevöl­ke­rung unzu­frieden ist. Sie ist wütend über verschie­dene Dinge, die in den letzten zehn Jahren in Portugal passiert sind: Korrup­tion, nied­rige Löhne im Vergleich zu anderen Ländern und die wirt­schaft­li­chen Bedin­gungen. Den Portu­giesen wird bewusst, dass osteu­ro­päi­sche Länder, die der EU deut­lich später als Portugal beigetreten sind, ein schnel­leres und stär­keres Wirt­schafts­wachstum aufweisen als Portugal. Die Menschen machen die System­par­teien, die Sozia­listen und Sozi­al­de­mo­kraten, die abwech­selnd die aufein­an­der­fol­genden Regie­rungen geführt haben, für diese Situa­tion verant­wort­lich. Die Menschen wünschen sich einen echten Wandel, und das erklärt, warum Chega so gut bei der Bevöl­ke­rung ankommt und so stark wächst.

Breizh-info: Gibt es in Portugal ein Einwanderungsproblem?

André Ventura: Wir haben eines, aber es ist zum Beispiel nicht mit dem vergleichbar, das Frank­reich hat. Wir haben uns von einem Auswan­de­rungs­land, das wir jahr­zehn­te­lang waren, zu einem Einwan­de­rungs­land entwickelt.

Wir sind nicht gegen jegliche Einwan­de­rung und gegen Einwan­derer. Wir möchten, dass die Menschen, die kommen, arbeiten, Steuern zahlen und an unserem gemein­samen Leben teil­haben, unsere Kultur nicht zerstören und nicht von den Sozi­al­leis­tungen des Staates und der Steu­er­zahler leben.

Es gibt auch Bedro­hungen. So war Portugal im vergan­genen Jahr das zweit­größte Land der Welt, was die Vergabe der Staats­bür­ger­schaft an Ausländer betrifft. Dies stellt ein Problem dar. Heut­zu­tage nimmt Portugal Tausende von Menschen auf, und jetzt auch mehr Menschen aus der Ukraine und anderen osteu­ro­päi­schen Ländern. Wir müssen klug sein und darüber disku­tieren, wie wir sie aufnehmen können, damit wir eine Gesell­schaft haben, die in Harmonie lebt und nicht in einem Konflikt zwischen Gemein­schaften, die einer­seits aus Minder­heiten und ande­rer­seits aus der Mehr­heit der Bevöl­ke­rung bestehen.

Breizh-info: Mit welchen poli­ti­schen Parteien aus anderen Ländern möchten Sie sich verbünden?

André Ventura: Wir sind Mitglied von „Iden­tität und Demo­kratie“ und wollen das auch bleiben. Wir wollen abwarten, was sich beim Wieder­aufbau der Rechten in Europa zwischen den Konser­va­tiven und Iden­tity and Demo­cracy tut. Wir hoffen, dass wir bei den nächsten Wahlen mehrere Abge­ord­nete ins Euro­päi­sche Parla­ment wählen werden. Wir sind froh, Mitglied von Iden­tität und Demo­kratie zu sein, wir kämpfen für Iden­tität und Demo­kratie und fühlen uns dabei wohl.

Breizh-info: Und Sie haben gute Bezie­hungen zu Vox in Spanien?

André Ventura: Ja. Der Vox-Führer Sant­iago Abascal und ich haben gute Bezie­hungen. Außerdem haben unsere jewei­ligen Parteien gemein­same Treffen. Dies, obwohl Vox bei den Konser­va­tiven ist – von der ECR, den Euro­päi­schen Konser­va­tiven und Refor­misten – und wir der Iden­tity and Demo­cracy ange­hören. Wir sind uns in Bezug auf Wachstum und Botschaft sehr ähnlich, da die portu­gie­si­schen Probleme in einer Reihe von Berei­chen die glei­chen sind, mit denen die Spanier zu kämpfen haben. Deshalb sind unsere beiden Parteien in den letzten zwei oder drei Jahren so stark gewachsen.

Breizh-info: Mit welcher Partei in Portugal möchten Sie sich an der Regie­rung des Landes beteiligen?

André Ventura: Die Situa­tion ist schwierig. Die Umfragen zeigen es: Selbst die besten Umfragen sagen, dass wir in einer Koali­tion mit der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Partei – der Mitte-Rechts-Partei – an die Macht kommen müssen. Wir haben bereits erklärt, dass wir bereit sind, uns an einer solchen Regie­rung zu betei­ligen, aber mit Vorbe­din­gungen: Reform der Justiz, des Steu­er­sys­tems und des poli­ti­schen Systems.

Wenn die Sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Partei bereit ist, sich zusam­men­zu­setzen, zu reden und über solche Reformen zu disku­tieren, können wir viel­leicht eine Koali­tion für die nächsten Parla­ments­wahlen aushan­deln und dann eine Regie­rung bilden. Andern­falls wird diese Partei keine Mehr­heit haben, um ihre Regie­rung zu unter­stützen. Es wird keine rechte Mehr­heit ohne uns geben und wir werden nicht Mitglied der Exeku­tive sein. Diese Reformen, die wir vorschlagen, sind die Reformen, die Portugal braucht: Korrup­ti­ons­be­kämp­fung, Steu­er­re­form, poli­ti­sche Reform sowie eine gewisse Kontrolle der Einwanderung.

Breizh-info: Wann haben Sie Ihre poli­ti­sche Partei Chega gegründet?

André Ventura: Chega wurde 2018 gegründet. Die meisten Führungs­mit­glieder kommen aus der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Partei. Es waren also Personen, die aus dieser Partei kamen, die Chega gegründet haben. Wir haben dann unseren Platz im poli­ti­schen Raum gefunden. Inner­halb von vier Jahren sind wir vom Nichts auf den siebten Platz aufge­stiegen, jetzt sind wir Dritter geworden und wollen in vier Jahren Erster sein.

Breizh-info: Haben Sie in Portugal Zugang zu den Medien?

André Ventura: Am Anfang nicht. Aber da wir die dritt­größte poli­ti­sche Kraft des Landes geworden sind, werden wir nun in den Medien akzep­tiert, aber oft sind sie uns gegen­über feind­lich gesinnt. Aber jetzt bekommen wir die Zeit, die uns norma­ler­weise aufgrund der Wahl­er­geb­nisse, die wir erzielt haben, zuge­standen werden sollte.

Am Anfang war es schwierig, weil wir sowohl in Bezug auf unsere Botschaft als auch auf unsere Akti­vi­täten stark boykot­tiert wurden.

Breizh-info: Unter­halten Sie beson­dere Bezie­hungen zu Brasi­lien, einem Land, in dem Portu­gie­sisch gespro­chen wird?

André Ventura: Ja, wegen unserer Geschichte und unserer Sprache, aber auch im portu­gie­sisch­spra­chigen Afrika. Wir haben sehr gute Bezie­hungen zum brasi­lia­ni­schen Präsi­denten Jair Bolso­naro und seiner Regierung.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei BREIZH-INFO, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.

5 Kommentare

  1. Nun ja…ich habe 5 Jahre eine Hand­wer­ker­firma in Portugal gehabt. Einwan­derer können nur Steuern zahlen, wenn die Portu­giesen einen nicht schwarz zahlen wollen. Ab dem zweiten Jahr habe ich frech behauptet, das mein Blei­be­recht davon anhängt ob ich genau verdiene.
    Fast alles ist hier Schwarz­ar­beit und so ne Korrup­tion wie hier habe ich noch nie erlebt. Der Kampf gegen Korrup­tion wird erfolglos sein..die Gesetze sind gut, aber nicht einmal die GNR kennt diese.

    • In Italien und Grie­chen­land ist es doch ähnlich,deshalb haben die auch mehr Eigen­heime und mehr Geld unterm Kopf­kissen als der Deutsche.Korruption ist ja was anderes…aber da fällt mir gerade ein,nicht nur in Grie­chen­land muss man zahlen damit man im Kran­ken­haus behan­delt wird,auch in Polen soll es so sein…sonst wartet man ewig…

  2. @KW: Ja was soll er Sagen? Wenn es kein Geld aus „Brüssel“ gibt, droht der „Staats“ Bankrott.

    Es gibt viele Formen der Abhän­gig­keit, so schafft man „Gefolg­schaft“

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