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Militärparade am 9. Mai in Moskau – Screenshot: YouTube

Von Dr. phil. Svetlana Pankratz, Historikerin

Als Angela Merkel am 11. Januar auf Einladung des Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau flog, dachten manche naiverweise, das könne was mit dem Auslaufen des Versailler Vertrags am 10. Januar 2020 zu tun haben.

Zum Beispiel stand auf der Internet-Seite watergate.-tv folgendes: „Die Gespräche in Moskau könnten für Deutschland und Europa interessant werden, sollten die Siegermächte ein Interesse daran haben, Deutschland nach über 100 Jahren wieder in einen souveränen Stand zu versetzen“.

Das Gleiche wiederholte sich, als Anfang Februar eine Meldung darüber erschien, Putin wolle die Weltmächte zu einem Treffen auf höchster Ebene nach Jalta einladen. Man begann wieder über eine Änderung der Nachkriegsordnung zu spekulieren, wonach Deutschland und Europa neu organisiert werden könnte, sobald die Siegermächte das sich wünschten. Naive Träumereien!

In Wirklichkeit wollte Putin die Konferenz zu einem ganz anderen Zweck einberufen. Die Moskauer Deutsche Zeitung gab am 03.02.2020 bekannt: „Russland nutzt den Jahrestag der Jalta-Konferenz, um an die Rolle der Sowjetunion bei der Befreiung Europas vom Faschismus zu erinnern. Am 9. Mai will Kremlchef Wladimir Putin den Sieg der Sowjetunion über Hitler in Moskau mit der größten Militärparade der russischen Geschichte begehen – mit Staats- und Regierungschefs aus aller Welt.“

„Putin meint“, so die Zeitung weiter, dass „die Zeit reif dafür sei, angesichts der Vielzahl internationaler Probleme die Weltmächte erneut zu einem großen Gipfel an einem Tisch zu bringen,“ um zu erklären, dass Russland als „Großmacht den Prozess hin zu einer multipolaren Welt aktiv mitgestalten wolle. (Moskauer Deutsche Zeitung, 03.02.2020).

Warum verbinden die deutschen Patrioten so viele Hoffnungen mit der Person Putin? Wahrscheinlich weil sie ihn idealisieren, für einen vorbildlichen Präsidenten halten, der sich so richtig um das eigene Volk kümmern und im Gegensatz zum links-liberalen Europa eine nationalbewusste Politik betreiben würde. Das glauben die deutschen Patrioten offenbar gerne. Doch das ist es ein Irrtum, dem die Unkenntnis der russischen Realität zugrunde liegt.

Unsere Korrespondenten schreiben uns, dass die Kreml-Propaganda gezielt und absichtlich das „gute“ Russland dem „schlechten“ Westen entgegensetzt. In Moskau werden Militärparaden abgehalten – in Europa „Schwulenparaden“. In der russischen Werbung sieht man europäische Gesichter – in Deutschland sind sie eher die Ausnahme. In der Realität aber sieht man auf den Kinderspielplätzen in Moskau sehr viele asiatisch aussehende Kinder. Was den massenhaften Zustrom der Migranten aus Asien bis jetzt noch einigermaßen im Rahmen gehalten hat war die andauernde wirtschaftliche Flaute im Lande, keineswegs aber die nationale Politik des Kremls. Diese ist nämlich ebenso multikulturell wie im Westen, nur wird sie von patriotischen Phrasen erfolgreich übertönt.

Aber Patriotismus ist in Russland unter Putin Großmachtpolitik, gepaart mit Größenwahn. Es ist ein Art der Agitation, die zur Selbsttäuschung neigt. Es ist eine massive und kitschige, alle Lebensbereiche durchdringende Überbetonung des Landes als Weltmacht, wobei die Menschen im Lande selbst immer mehr in den Hintergrund treten, verarmen, und in ihren Rechten eingeschränkt werden. Das Ganze wird von einer unaufhörlichen Propaganda über militärische oder sonstige Möglichkeiten verstärkt. So die Meinung der russischen Autoren-Publizisten.

Sie vergessen dabei allerdings zu erwähnen, dass in Russland auch heute der Chauvinismus gedeiht, dessen Wurzeln weit zurück in dem Panslawismus des 19. Jahrhunderts reichen. Vor der Revolution gedieh er in der russischen „Intelligenzija“; nach der Revolution wurde er durch den vermeintlichen Internationalismus getarnt; heute unter Putin wird er ganz offen kultiviert und in alle Bevölkerungsschichten getragen.

Das Wichtigste aber, das die deutschen Patrioten wissen sollten, ist der Umstand, dass der Nürnberger Prozess für die Russen so etwas wie die Heilige Schrift für die Gläubigen ist. Alle Anschuldigungen, die im Prozess gegen das Dritte Reich erhoben wurden, sind gültig für alle Zeiten und dürfen nicht angezweifelt werden. Jegliche Versuche, die Urteile zu revidieren oder zu verneinen, werden umgehend unterbunden, bis hin zur Anwendung von Strafmaßnahmen. Auch die kollektive Schuld der Deutschen darf nicht angezweifelt werden.

Wie auch unter Stalin wird die Geschichte des Zweiten Weltkrieges, genaugenommen die Zeitspanne 1941-1945, die auf sowjetische Weise weiterhin „Der Große Vaterländische Krieg“ genannt wird, als Kampf des russischen Volkes gegen die deutschen Okkupanten ausgelegt. So eine Sicht auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts überlappt völlig das antikommunistische Motiv im Kampf Deutschlands und seiner Verbündeten gegen das bolschewistische UdSSR-Regime. Hitlers Ringen mit dem Marxismus bzw. Kommunismus im eigenen Land, also mit der von Stalin gelenkten Kommunistischen Internationale, und dann mit dem kommunistischen Stalin-Regime selbst, wird lediglich als „Auslöschung der minderwertigen Rassen“ interpretiert.

Von der russischen Historiographie wird die Tatsache völlig ignoriert, dass der Zweite Weltkrieg für den Großteil der Russen, sowie der Einwohner der nationalen Republiken (die die Bolschewiken 1920-1923 annektiert und sowjetisiert haben) wie ein zweiter Bürgerkrieg war. Und zwar deshalb ein zweiter Bürgerkrieg, weil auf der Seite der deutschen Wehrmacht in den Jahren von 1941 bis 1945 bis zu 1,5 Mio. sowjetischer Bürger verschiedener Nationalitäten, Kampfverbände aus sowjetischen Kriegsgefangenen sowie Emigranten aus dem ehemaligen Zarenreich (Europäische Freiwillige) kämpften.

Gewiss wehren sich viele bedachtsame Menschen in Russland gegen die aggressiv-lügnerische Propaganda bei der Darlegungsweise der Prozesse, die im Zusammenhang mit der Entstehung und dem Zusammenbruch des Dritten Reiches abliefen. In den 90er Jahren trat eine Reihe Autoren (Geschichtsforscher, Journalisten, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens) in Erscheinung, die sich sehr gewissenhaft mit dem Thema befassten. Das waren: O.J. Plenkow – Prof.Dr.phil. (Geschichte); Andrej Wasiltschenko – Dr.phil. (Geschichte), Historiker und öffentlicher Aktivist; K.A. Salesski – Historiker und Journalist; S.I. Werewkin – Schriftsteller; Kirill Aleksandrow – Dr.phil. (Geschichte).

Ihre Stimmen aber wurden von einer grenzenlosen Hetze gegen die Deutschen übertönt, die Legionen bezahlter Propagandisten über die Fernsehanstalten in die Köpfe der Zuschauer gebracht wurde und so sehr an die Kriegspropaganda längst vergangener Zeiten erinnerte. Und diese Propaganda, die ganz in der sowjetischen Tradition stand, betreibt man heute unter dem Motto „russischer Patriotismus“.

2014 ließ Putin Denkmäler zum Angedenken an die Opfer der stalinistischen Massenverbrechen errichten, worüber RT-Russia News auch weltweit berichtete. Damals verkündete Putin: „Niemand wird daran gehindert, seine Meinung auszudrücken, niemand wird dafür verhaftet oder in ein Lager geschickt, wie es im Jahr 1937 zur Zeit des stalinistischen Terrors war.” (FAZ, 19.04.2014, S. 2)

Schon zwei Wochen danach „vergaß“ er sein Versprechen. Am 9. Mai 2014 – zum Tage des Sieges über das Deutsche Reich – wurde der Artikel gegen die „Rehabilitierung des Nazismus“ in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Unter diesen Artikel kann jeder fallen, der irgendeine Information verbreitet, die für nicht linientreu befunden wird. Der Schuldige wird entweder mit einer Geldzahlung oder mit bis zu 3 Jahren Zwangsarbeit bzw. Freiheitsentzug bestraft.

Hier nur ein Beispiel von vielen: Der Historiker Kyrill Aleksandrow schrieb eine Dissertation zum Thema „Russische Freiheitsbewegung“. Seinen Forschungsergebnissen zufolge standen unter dem Wlassow-Kommando Ende April 1945 de jure etwa 120.000 Mann. Der Historiker kam zur Erkenntnis, dass die Wlassow-Bewegung ein sozialer Protest gegen den Stalinismus war. Für diese wissenschaftliche Erkenntnis beschuldigte man ihn des Extremismus und der Geschichtsfälschung und ihm wurde der Doktortitel entzogen!

Aber die Hexenjagd auf die „Revisionisten“ beschränkt sich nicht nur auf russisches Territorium. Beispiel Prag, wo Anfang April – kurz vor dem Tag des Sieges – der Oberbürgermeister in Abstimmung mit den zuständigen Politikern die Entscheidung traf, eine Statue des sowjetischen Befehlshabers Konew zu demontieren. Die Statue wurde zu Zeiten des kommunistischen Regimes aufgestellt. Anstatt der Statue ließ man eine Gedenktafel mit Namen der in den Mai-Kämpfen 1945 in Prag gefallenen Wlassow-Soldaten aufhängen.

Die Beseitigung der Konew-Statue wurde in Russland als Versuch angesehen, das Andenken an den Krieg zu zerstören und seine Ergebnisse umzuschreiben. Gegen die Verantwortlichen (in Prag) leitete das „Untersuchungskomitee der Russischen Föderation“ Strafverfahren „wegen öffentlicher Schändung von Symbolen des militärischen Ruhms Russlands“ ein. Zudem sollen Strafverfahren „gegen die Sympathisanten der Russischen Befreiungsarmee“ eingeleitet werden, schrieb Dmitri Steschin, Sonderkorrespondent der Zeitung KP.

Für Putin und seine Umgebung ist die Sowjetunion der „Hauptsieger“ im Zweiten Weltkrieg, und sie reagieren sehr empfindlich darauf, wenn das im Westen nicht gesondert erwähnt wird. Wie in einem Artikel von ZEIT ONLINE vom 10. Mai 2020 steht, ist Russland darüber empört, dass das Weiße Haus in Washington in Facebook nur Großbritannien und die USA als Sieger im Krieg benannt habe. Die Regierung in Moskau wolle deshalb “ein ernsthaftes Gespräch” mit Washington suchen, hieß es aus dem Außenministerium. In Putins Russland will man, dass die Russen überall und immer als Befreier von der „faschistischen Pest“ gerühmt werden. Das verleiht ihnen in den eigenen Augen internationales Gewicht. Auch deshalb tingeln in letzten Jahren die „Unsterblichen Regiments“ durch die europäischen Länder und betreiben eine antideutsche Propaganda, die seit jeher von stalinistischen Propagandisten betrieben wurde. Und die russischen Massenmedien sind voll Jubel darüber.

Im Putins Russland zählt Stalin als „Befreier Europas“. Die Verherrlichung „seines Sieges“ über Deutschland ist fast zur Staatsreligion geworden und die Verehrung der im Kriege gefallenen Soldaten verwandelte sich in einen Totenkult. Dabei bleiben bis heute viele ihrer Gebeine auf den Schlachtfeldern liegen – nicht mal in Massengräbern wurden sie bestattet.

Stattdessen macht man lieber Demonstrationen für „das heilige Gedenken an die Verteidiger des Vaterlandes“. Zum 75. Jahrestag des Sieges errichtete man im Park Patriot die Domkirche „Auferstehung Christi“, die zukünftige Hauptkirche der Streitkräfte Russlands. Der Dom ist mit fünfzackigen roten Sternen und sonstigen Symbolen der Sowjetmacht ausgeschmückt, welche übrigens 1918-1941 die Geistlichen der russischen Kirche massenweise tötete oder internierte.

Wie die russischen Medien berichten, sind die Kirchenfenster aus Abbildungen der militärischen Orden und Medaillen aus unterschiedlichen Zeiten der russischen Geschichte zusammengesetzt. Auf dem Areal des Kirchenkomplexes plant man eine Galerie als „Weg des Gedenkens“. Hier werden Angaben über mehr als 33 Millionen Soldaten aus dem Großen Vaterlandskrieg dargestellt – erhaltene Fotos und persönliche Gegenstände, Abzeichen der Soldaten und Offiziere. Für die eisernen Treppen wurden angeblich Waffen der Wehrmacht verschmolzen – Pistolen, Gewehre und Kanonen.

Ja, in Russland versäumt man keine Gelegenheit die Deutschen öffentlich zu diffamieren. 2017 begann man im Militär-Freizeitpark Kubinka mit dem Bau eines „Mini-Reichstages“. Für die Urheber der Aktion soll das Projekt den „Sieg über den Nazismus“ symbolisieren. Gemäß einer Aussage von Verteidigungsminister Sergej Schoigu, wird der Nachbau dazu dienen, „ … dass unsere Junarmisten (Jungen und Mädchen aus der militärpatriotischen Jugendbewegung JUNARM, d. Autorin) nicht irgendwas Zufälliges erstürmen können, sondern ein konkretes Objekt“.

Als der deutsche Außenministeriumssprecher Martin Schäfer sagte, Deutschland würde etwas Vergleichbares zur “Erziehung und Ertüchtigung der deutschen Jugend nicht unbedingt bauen, und das gilt auch für die Art und Weise, wie das betrieben wird”, gab man ihm zu verstehen, gäbe es kein Deutschland, gäbe es auch keinen Krieg, und er sei gut beraten, sich still zu verhalten.

Bereits am 23. April 2017, ohne das Bauende abzuwarten, veranstalte das Verteidigungsministerium zusammen mit Hundert verschiedenen patriotischen Gesellschaften und Vereinen für die Geschichte den Angriff auf Berlin und das Erstürmen des Reichstages. Die Aufgabe der Teilnehmer war es „auf dem Reichstags-Gebäude die Flagge der Sowjetunion zu hissen“. Das Spektakel wurde weltweit propagiert, damit man nicht nur die eigene Jugend patriotisch erziehe, sondern auch der ganzen Welt zeige, wer eigentlich die „faschistische Hydra“ vernichtet habe.

„Erwartet werden über 7000 Gäste“, – meldeten die Veranstalter. Sie versprachen eine einzigartige Show – spektakuläre Explosionen (von Pyrotechnikern aus „Mosfilm“ bewerkstelligt), Säulen von Flammen, von Flammen erfasste Menschen, Kanonendonner, Motorengebrüll von Panzern und Flugzeugen, sensationelle Stunts von professionellen Darstellern. Das Ganze vor einem Hintergrund mit Baugerüst und Baukränen. Die Übertragung der Reichstagserstürmung lief im Fernsehen anderthalb Stunden lang. Die Fragmente der Sendung kann man sich im youtube.com ansehen.

„Die Veranstaltung – monatelang das Hauptthema der wichtigsten Medien – erwies sich in Wirklichkeit als eine ziemlich peinliche und armselige Inszenierung. Reichlich Dreck und Staub, Massen von gelangweilten Statisten und schlecht gestellte Szenen. Viele Teilnehmer verbrachten die meiste Zeit auf demselben Fleck – mit Herumstehen oder Herumsitzen. Der Höhepunkt des Spektakels: Die Rotarmisten rannten über das offene Gelände zum „Reichstagsgebäude“. Auch der Nachbau vom Reichstag missglückte – so Ilja Warlamow im Artikel „Bei Ihnen klebt der Reichstag nicht mehr!“.

Zurzeit wird Russlands Verfassung um den Artikel zum „Schutz der historischen Wahrheit“ erweitert, beispielsweise der „Wahrheit“ über das Massaker von Katyn. Obwohl schon das internationale Militärtribunal in Nürnberg die sowjetischen Versuche zurückwies, das Katyn-Verbrechen der Wehrmacht anzulasten, blieb und bleibt in UdSSR-Russland die NKWD-Lüge weiterhin als „unwiderlegbare Tatsache“ bestehen.

Wir erinnern uns – im November 2010 nahm die Staatsduma eine Erklärung „Über die Tragödie von Katyn und ihre Opfer“ an, in der klar und deutlich zugegeben wurde, dass „Das Verbrechen von Katyn … auf direkte Anweisung von Stalin und anderen sowjetischen leitenden Politikern hin verübt wurde“. In seiner Entscheidung stützte sich die Staatsduma auf ein Gutachten der Russischen Akademie der Wissenschaften aus dem Jahre 1993, das auf den Beschluss der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft Russlands erfolgte.

Was war da los! Ein Enkel von Stalin reichte beim Gericht eine Klage ein, er verlangte, dass die Staatsduma die Erklärung zurückzieht und er selbst 100 Mio. Rubel als Wiedergutmachung ausgezahlt bekommt. Das Gleiche wurde auf der Internetseite der Kommunistischen Partei gefordert. Es erschienen mehrere Publikationen, in denen die Autoren eifrig den „Mythos“ widerlegten, der NKWD hätte die polnischen Offiziere erschossen. In ihnen wurde behauptet, die „hochgeheimen“ Dokumente aus Politbüro des ZK der KPdSU seien gefälscht worden und die Experten seien Lügner. Die Erklärung der Staatsduma wurde als „schockierend“ und „hetzerisch“ beschimpft. Und viele Russen halten die Erklärung für einen „sittenwidrigen und prinzipienlosen Akt der nationalen Demütigung“.

Die Erklärung wurde nicht zurückgezogen. Dennoch verteidigen auch heute noch Tausende Teilnehmer verschiedener Foren mit rasender Wut den Stalinismus und bezeichnen schon allein die Freigabe der Dokumente über die Massenmorde als Verrat.

Anders ist es auch nicht möglich, denn die Schulbücher und das Internet sind voll mit Beispielen von irrealer Brutalität der deutschen Soldaten im Krieg. Es erscheinen Bücher fürs breite Publikum, die der „Hitlerschen Vernichtungspolitik“ in den okkupierten Gebieten der UdSSR gewidmet sind. So der Direktor der Stiftung „Historisches Gedächtnis“, Mitarbeiter des Instituts für Geschichte bei der Russischen Akademie der Wissenschaften, Alexander Djukow. 2007 erschien sein Buch „Wofür kämpften die sowjetischen Menschen“, 2014 wurde das Buch neu verlegt.

Darin beschreibt er ausführlich – mit Auszügen aus „Dokumenten und Erinnerungen der Augenzeugen“ – Verbrechen der deutschen Soldaten auf dem russischen Boden. Viele (wenn nicht sogar alle) Beispiele sind dem 1973 gedruckten Buch „Ende des Dritten Reichs“ von W.I. Tschuikow entnommen, der übrigens für sowohl eigenhändige als auch befehligte Erschießungen der eigenen Soldaten und Offiziere im Krieg bekannt ist. Die im genannten Buch beschriebenen Verbrechen sind so unglaublich monströs, dass sogar der erschütterte russische Leser Zweifel bekommt. (https://gercenovec.livejournal.com/14685.html)

Aber Auszüge aus solchen Büchern verbreiten sich im Internet, mit beispielsweise solchen grotesken Überschriften (hier wortwörtlich) «Zum Spaß schnitten sie Nase und Ohren ab und zerdrückten die Panzer mit Raupen: Die Haltung der Deutschen gegenüber sowjetischen Kriegsgefangenen».

Ferner wurden auf der Webseite «История.РФ» (https://histrf.ru/) Fotokopien von Dokumenten des Zentralen Archives des Verteidigungsministeriums eingestellt, die der „Befreiung“ Europas durch die Rote Armee gewidmet sind. „Es ermöglicht nicht nur den Wissenschaftlern und Sachkundigen, sondern auch den Geschichtsinteressierten sowie den breiten Massen, diesen Stoff für die Verewigung der Heldentaten unserer Soldaten zu verwenden, die Europa Frieden gebracht und die Völker vor deren Vernichtung gerettet haben“ – so steht es in der Erläuterung.

Unter anderem gibt es dort Meldungen über die Befreiung der sogenannten „Todeslager“. Zum Beispiel, „Akt der Politverwaltung der 1. Weißrussischen Front über die Gräueltaten der deutsch-faschistischen Verbrecher im KZ Sobibor – erstellt und unterschrieben am 22. Juli 1944 von zwei Obersten, einem Major und zwei Kapitänen.

Sie schreiben, dass im KZ Sobibor, Woiwodschaft Lublin, vom Juli 1942 bis Juni 1943 (also in 365 Tagen) die Deutschen „auf dem Feuer“ um die 1 Million Menschen verschiedener Nationalitäten verbrannten. Jeden Tag 1.000 Menschen.“

Eine seltsame Arithmetik, bei der die Multiplikation von 365 mit 1.000 nicht 365.000, sondern 1 Million ergibt. Abgesehen davon, dass es völlig unmöglich wäre, jeden Tag 1.000 Leichen im Feuer zu verbrennen, auch nicht in einem Krematorium.

Die propagandistische Aggressivität gegenüber dem deutschen Volk, angefangen mit dem Verschweigen seines Beitrages zur Entwicklung und Formung Russlands, bis hin zur Dämonisierung der Deutschen im Zusammenhang mit dem Krieg 1941-1945, hat nie aufgehört. Im Russland Putins wird sie noch fleißiger betrieben. Besonders in Zeiten um die Jubiläen zu Kriegsereignissen übersteigt die antideutsche Propaganda-Hysterie alles auch nur Erdenkliche.

Das Ergebnis ist, dass „unkritische Menschen sich schnell aufregen und den Hass auf die ganze deutsche Nation übertragen. Leider sind es sehr viele. Die Propaganda in Russland, die den Sieg über die Deutschen zum Hauptthema macht, rechnet leider genau mit zahlreichen solchen Leuten.“ – schreibt Dmitry Sawwin auf der Seite https://harbin.lv.

Russlanddeutsche mit abgelehnten Anträgen auf die Aufnahme in Deutschland müssen in einer Atmosphäre des Hasses leben. Im Internet auf https://rd-zeitung.eu wurde ein Brief von Alexander Schulz, dessen Vater 1936 aus Ukraine nach Kasachstan deportiert und 1942 erschossen wurde, veröffentlicht. Ende 90er siedelte er aus Kasachstan nach Russland über.

5 Jahre lang wollte man nicht mal seinen Antrag auf die Einbürgerung in Russland annehmen.

Er schreibt: „Und nun erleben wir in Russland die Zeit, in der man den Stalinismus und die Repressionen lobt und rühmt, anstatt sie zu verurteilen. Meine Familie hat wieder Angst, sich als Deutsche auszugeben und den Namen Schulz zu tragen. Mit einem deutschen Namen bin ich in Russland „Faschist“. Fremde Leute zwingen meine Tochter, sich dafür zu entschuldigen, dass sie deutsch ist.

Das TV ergießt sich in Vorwürfe, wonach an allem Unglück in Russland der Krieg und die Deutschen schuldig seien. Es werden Filme gedreht, in denen „Faschisten“ aus Flugzeugen herab wehrlose Kinder erschießen. Sogar die deutsche Zuwendung an die noch lebenden russischen Kriegsveteranen wird im TV als Gnadengeschenk dargestellt.

Schmerzlich und beleidigend klingen die Aussagen: „Verrecke Fritz“, „Zu gütig war Stalin, ich hätte den Abschaum wie die Tollhunde erschossen“. Die Drohung „wir können es wiederholen“ hört man aus allen Richtungen. Wenn diese aufgepeitschten Leute zum Handeln übergehen, kann sich meine Familie nicht retten“, – schreibt Alexander.

So ist die Situation im heutigen Russland. Deshalb sollen sich die deutschen Patrioten von ihren Illusionen (wie etwa der Befreiung Königsbergs) trennen und in der Sache der Befreiung Deutschlands von den historischen Lügen nicht auf Putin setzen. In der Vergangenheit gingen Russlands (die UdSSR) Regierungen zweimal Bündnisse mit Feinden der Deutschen ein. Heute ist sie ebenfalls auf der Seite derjenigen, die für die fortwährende Unterdrückung und Verunglimpfung der Deutschen sind.

Noch lebt die Hoffnung auf ein geistreiches friedliches Russland. Hoffnung darauf, dass es dort noch Menschen gibt, die für die Wahrheit einstehen werden. Man muss sich aber noch gedulden, bis sich die Wahrheit dort zum Allgemeingut etabliert.

 

Quelle: Die Russlanddeutschen Konservativen – info-rdp@gmx.de

 

9 Gedanken zu „Russland heute: Der Blick von innen <em>oder:</em> eine kalte Dusche für leichtgläubige deutsche Patrioten“
  1. Sie warnen zurecht vor einer Idealisierung Putins. Er arbeitet natürlich nicht “für Deutschland” und das deutsche Volk, sondern für Russland und dessen Interessen. Und Putin hat auf diesem Weg sehr viel erreicht, wenn auch tw. mit fragwürdigen Methoden.

    Allerdings wäre ein Zusammengehen Russlands und der Siedlungsgebiete der Deutschen sehr stark im gemeinsamen Interesse. Die BRD-Politiker kommen jedoch Russland dabei keineswegs auch nur einen einzigen Schritt entgegen, sie folgen der Agenda des Barnett-Globalismus und “Neo”-Liberalismus der internationalen Finanzoligarchie.
    Daher ist es umso wichtiger, daß die volkstreue Opposition in der BRD und Österreich Verbindung mit der volkstreuen Opposition im russischen Volk pflegt.

    Ein kleiner Einwand gegen den Text:
    Der Rußlandfeldzug wurde durchaus nicht aus antikommunistischen Motiven geführt, selbstverständlich auch nicht aus dem Grund, Slawen auszurotten und Deutsche anzusiedeln.
    Der Grund war ein rein militärischer. Stalin stellte die größte Offensivarmee an die Grenze und schickte sich an, Europa zu erobern.

  2. Frau Historikerin……

    Putin idealisieren….. nein tu ich nicht.
    Aber da ich ……seitdem ich 12 war, damals las ich noch den Spiegel, mir die Politik und Gesellschaft erlese, weiss ich sehr genau darum …..was ab 1990 in Russland geschah.
    Gamals, als die ersten Fabriken einen Teil der “Betriebsewinne” behalten durften und sich die Belegschaft eine Sauna baute….. sich am Anfang einer neuen Konjunktur wähnte. Wie ungeheuer Naiv sie doch alle waren…. mit ihren Träumen und wie wenig sie vom Markt verstanden hatten.
    1 Jahr später ga es die Firmen nicht mehr, sie konnten gegen den Westen mit seiner ungeheuren Schlagkraft nicht konkurrieren.
    Und …….ich weiss auch was vorher passierte, ja ich kenne die Geschichte Russlands der letzten 500 Jahren einigermassen.

    Und darum sage ich ………noch nie hatte man in Russland so viel Lebensqualität wie heute. Denn gerade ab 1917 war sie besonders schlecht.
    Noch nie gab es so viel Rechtssicherheit wie unter Putin….. aber sie denken wir würden den Idealisieren…… nun ja, das machen unsere Sozis mit Stalin, Lenin und Consorten, aber nicht wir mit Putin.
    1990 dachte man das Russland in den nächsten 50 Jahren nicht wieder auferstehen würde, uns auf ewig als armer Bruder zur Last falle.

    Ich habe mitverfolgt wie die Oligarchen das Land plünderten, wie die sich Gas und Ölvorkommen einverleibten und nicht mal Steuern dafür zahlten, wie Russland den IWV einlud um zu beraten wie man dagegen vorgehen könnte.

    Und ich mochte Putin nicht, war aber Gottenfroh das der EX-Geheimdienstmann es schaffte die Oligarchen unter Kontrolle zu bringen und das Land zu stabilisieren.

    Putin ist nicht das Wunschresultat der Bemühungen, aber er ist das beste was in 500 Jahren bislang zu haben war.

    Die Schweiz brauchte von 1191 bis 1849 um die Demokratie wie wir sie kennen, zu errichten.
    Geben wir Russland noch 100 Jahre dazu, das wäre sicher nicht zu grosszügig.

    Russland ist ein so schönes Land……. seine Bewohner empfinde ich als sehr erfrischend, freundlich und so wenig politisch korrekt das es mir gut tut.
    Und viele kämpfen ums überleben und gerade darum sind die so normal geblieben.

  3. Einen größeren Unsinn habe ich noch nicht gelesen. Und wer ist eigentlich Dr. phil. Svetlana Pankratz?? Ich bin über Jahre lange Zeit in Russland unterwegs und habe eines in Russland noch NIE erlebt: Ressentiment gegenüber Deutsche. Ganz im Gegenteil: bei meiner Teilnahme am ‘Unsterblichen Regiment’ werde ich immer wieder gefragt, warum wir der im 2. WK gefallenen deutschen Soldaten nicht gedenken. Dieser Beitrag entspricht in keinster Weise den Tatsachen und ist wieder nur ein Versuch des ‘Russlandbashing’. Aus welchen Gründen auch immer.

  4. Hat leider gar nichts mit der Realität zu tun. Die Fakten sind aus dem Zusammenhang gerissen und ins Narrativ gepresst, denn diese Fakten richten sich gegen Nazis, nicht gegen deutsche. Deutsche an sich sind in Russland ziemlich hoch angesehen. Diverse russland-deutschstämmige Politiker, Wissenschaftler oder Top-Manager liessen sich sonst nicht erklären. Zu keinem Zeitpunkt in meinem Leben in Russland hatte ich je ein Nachteil ein deutscher zu sein.

    Dieser Artikel würde nur unter der Voraussetzung stimmen, daß die Russen zwischen Deutschen und Nazis nicht unterscheiden. Was absolut nicht der Fall ist.

    1. Wenn Ihre Version richtig wäre, würde das bedeuten, daß es heute böse Menschen im deutschen Volk gibt, die Juden vergasen, fremde Völker vernichten, Länder überfallen und die Weltherrschaft anstreben. Denn das ist das Bild, das sich die Menschen von einem “NAZI” machen.
      Ich habe in meinem ganzen Leben keinen einzigen Menschen getroffen, der so denkt.
      Ich bezweifle sehr, daß Sie einen solchen präsentieren können.
      Wenn Putin gegen “NAZIS” wettert, meint er also Deutsche.

  5. Interessanter Artikel, gerne gelesen. Aber ich sehe es doch etwas anders:
    Um es kurz zu fassen, ist das Land aus meiner Sicht eine Art Drecksloch, aber mit viel Herz und guten Menschen. Die tatsächlich einzige Leistung in den letzten hunderten Jahren war der Sieg über Deutschland – und auf diese Opferbereitschaft seiner Vorfahren sollte und muss jeder Russe noch heute stolz sein, da wir damals nicht als Krieger oder Befreier oder Eroberer gekommen sind, sondern als Vernichter.

    Russland heute, dass ist der Versuch zu bestehen. Gegen den Sturm der Zeit. Ein Sturm, der mit Reagenzgläsern in UNO-Versammlungen oder durch inszenierte Revolutionen ganze Regionen für Jahrhunderte in’s Chaos stürzt. Oder eben subtiler, wie in Deutschland, indem man parasitär die komplette politische und mediale Kaste auf Selbstvernichtung programmiert.

    Deutscher Patriotismus, das ist bereits Geschichte. Dieses Land, eigentlich die ganze westliche Zivilisation, wird erst aus Ruinen wieder auferstehen. Die Probleme unserer Zivilisation, sind die überhaupt noch zu lösen? Und wie – mit Gewehren?
    Putin ahnt oder weiß, was da kommen wird; was in Russland geschieht ist nichts anderes als die Vorbereitung auf’s Überleben, wenn bei uns die Anarchie ausbricht.

    Ich überlege ernsthaft, mich nach Russland abzusetzen, bevor es hier richtig losgeht. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, findet unsere Zivilisation gerade sein Ende – die Weltgeschichte hat sich entwickelt, weil die Menschen mit Optimismus in die Zukunft blickten, mit der Hoffnung auf eine bessere Zeit: Das ist in unserer Zivilisation komplett abhanden gekommen, ich fürchte mich vor dem was da in 10 oder 20 oder 50 Jahren hier sein wird.

    1. Wir sind keineswegs als Vernichter gekommen! Das ist auch eine Geschichtslüge. Die Deutschen haben nur deshalb Krieg mit der Sowjetunion geführt, weil die Sowjets schon aufmarschiert waren und bereits kurz vor unserer Grenze standen!

  6. Tief enttäuscht von so viel Haß. Trotzdem bleibe ich dabei das unsere Völker Blutsbrüder sind.
    Schade das wir nie zusammen kommen, denn das was jetzt ansteht wird alle fressen.
    Der Krieg angestachelt von ein paar Superreichen, welcher uns alle betreffen wird, wird tatsächlich alles verändern. Die übersteigerte Selbstsicht wird vielen vergehen, angesichts dessen was sich sich seit Jahren ankündigt. Links gegen Rechts gegen Mohs gegen Budhisten gegen Reich gegen Arm gegen gegen gegen, bereitet euch vor, für eure Lieben oder nur euch selbst, bereitet euch vor…

  7. “Auch die kollektive Schuld der Deutschen darf nicht angezweifelt werden.”

    Die Schuldigen sind längst verstorben. Die heutigen Deutschen haben an den Ereignissen vor ihrer Geburt nicht teilgenommen und tragen darum keine Schuld daran.
    Jedoch nehmen viele an den unseligen heutigen Ereignissen teil. Das kann eine neue Schuld begründen, denn wer an Verbrechen teilnimmt, ist schuldig.

    Alternativen sich von der verirrten Masse zu distanzieren, gibt es. Beispielsweise kann man ins Kloster gehen …
    … und Schilder malen mit der Botschaft:

    JESUS SAVES

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