Sozialer Verrat und Rüstungs­wahn: Darum verlässt Lafon­taine die Linkspartei

Dirk Vorderstraße/flickr (CC BY 2.0)

Vor über 20 Jahren verließ Oskar Lafon­taine die SPD. Grund: Verrat an der sozialen Gerech­tig­keit. Er wech­selte zur Links­partei, ehemals PDS. Heute verließ er diese Partei eben­falls. Grund: Der gleiche.

Wie seine Ehefrau Sahra Wagen­knecht stand Lafon­taine zuneh­mend im Wider­spruch zur Rest-Partei. Die war als ehema­liger Anwalt der Arbeiter zum links­grünen Hipster-Milieu umge­schwenkt. Außerdem, so Lafon­taines Vorwurf,  habe sich die Linke von ihrer Frie­dens­po­litik verab­schiedet. Zwar kriti­siert er den Russ­land-Ukraine-Konflikt als völker­rechts­widrig, lehnt aber die Begeis­te­rung seiner Partei­ge­nossen für milli­ar­den­schwere Aufrüs­tung ab.

Oskar Lafon­taine hat diese Vorwürfe auf seiner Website ausführ­lich darge­legt. COMPACT-Online gibt diesen Abschieds­text unge­kürzt wieder.

„Heute bin ich aus der Partei Die Linke ausge­treten. Hier meine Erklärung:

Die Linke wurde gegründet, um den Sozi­al­abbau und die Lohn­drü­ckerei der Agenda 2010 rück­gängig zu machen. Außerdem sollte nach der Betei­li­gung Deutsch­lands am völker­rechts­wid­rigen Jugo­sla­wi­en­krieg und am Krieg in Afgha­ni­stan eine neue Kraft entstehen, die sich wieder konse­quent für Frieden und Abrüs­tung und die Beach­tung des Völker­rechts einsetzt.

Normal- und Gering­ver­diener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten
Mit einer an diesen Zielen ausge­rich­teten Politik erreichten wir bei der Bundes­tags­wahl 2009 11,9 Prozent und zogen in die Bürger­schaften Bremens und Hamburgs sowie in die Land­tage von Schleswig-Holstein, Nieder­sachsen, Nord­rhein-West­falen, Hessen und im Saar­land ein. Spätes­tens 2015 aller­dings begann die dama­lige Partei­füh­rung der Linken, den poli­ti­schen Kurs zu verändern.

Im Zuge dessen wandelte sich die Linke allmäh­lich zu einer Partei, die ähnliche Ziele verfolgt und sich um dasselbe Wähler­mi­lieu bemüht wie die Grünen. In der Folge wandten sich viele Arbeit­nehmer und Rentner ab, gingen zurück zur SPD, wurden Nicht­wähler oder stimmten aus Protest für die AfD oder sons­tige Parteien. Bei der letzten Bundes­tags­wahl wählten gerade noch 5 Prozent der Arbeiter die Linke.

Nach dem sozialen Profil sollen auch die die frie­dens­po­li­ti­schen Grund­sätze abge­räumt werden

Es ist nicht mehr zu über­sehen: Normal- und Gering­ver­diener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten. Nach dem sozialen Profil sollen jetzt auch noch die frie­dens­po­li­ti­schen Grund­sätze der Linken abge­räumt werden.

Der völker­rechts­wid­rige Krieg gegen die Ukraine wird dabei zum Anlass genommen. Am Morgen der Sonder­sit­zung des Bundes­tags, auf der Kanzler Scholz sein gigan­ti­sches Aufrüs­tungs­pro­gramm verkün­dete, plädierten der außen­po­li­ti­sche Spre­cher der Frak­tion, Gregor Gysi, die Partei­vor­sit­zende Hennig-Welsow und andere Frak­ti­ons­mit­glieder dafür, dem Antrag der Regie­rung zuzu­stimmen, der sich für stei­gende Rüstungs­aus­gaben und umfas­sende Waffen­lie­fe­rungen an die Ukraine aussprach.

Sie konnten sich damit zum Glück nicht durch­setzen. Unmit­telbar danach wurde aus dem Partei­vor­stand heraus öffent­lich ange­kün­digt, dass dieje­nigen, die für den sozialen und frie­dens­po­li­ti­schen Grün­dungs­kon­sens der Linken stehen, nament­lich auch ich, aus der Partei gedrängt oder ausge­schlossen werden sollen. Passend dazu hat mir die Bundes­schieds­kom­mis­sion mitge­teilt, dass das gegen mich laufende Partei­aus­schluss­ver­fahren ausge­rechnet an die Berliner Landes­schieds­kom­mis­sion abge­geben und von ihr entschieden werden soll.

Im Saar­land ließ Bundes­partei zu, dass ein Betrugs­system instal­liert wurde

Die schlei­chende Ände­rung des poli­ti­schen Profils der Linken ist die Ursache der vielen Wahl­nie­der­lagen. Im Saar­land ließ die Bundes­partei seit Jahren zu, dass ein Betrugs­system instal­liert wurde, bei dem auf der Grund­lage mani­pu­lierter Mitglie­der­listen Bundes­tags- und Land­tags­man­date vergeben werden.

Ein normales Partei­mit­glied, das nicht in das Betrugs­system einge­bunden ist, hat keine Chance, ein Mandat zu erhalten. Ich habe einst die SPD verlassen, weil sie zu einer Partei geworden war, die im Gegen­satz zur Tradi­tion der Sozi­al­de­mo­kratie Willy Brandts Nied­rig­löhne förderte, Renten und soziale Leis­tungen kürzte und die Betei­li­gung der Bundes­wehr an völker­rechts­wid­rigen Kriegen unter­stützte. Ich wollte, dass es im poli­ti­schen Spek­trum eine linke Alter­na­tive zur Politik sozialer Unsi­cher­heit und Ungleich­heit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitge­gründet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben.

Einer Partei, in der die Inter­essen der Arbeit­nehmer und Rentner und eine auf Völker­recht und Frieden orien­tierte Außen­po­litik nicht mehr im Mittel­punkt stehen und die zudem das im Saar­land etablierte Betrugs­system unter­stützt, will ich nicht mehr angehören.”

Dieser Beitrag erschien zuerst bei COMPACT MAGAZIN, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.

6 Kommentare

  1. Bei den LINKEN hat niemand Angst vor „Rääächts.“ Niemand begrüßt „Rääächts“ mehr, als LINKE und GRÜNE. Ohne „Rääächts“, haben Linke und Grüne keine Daseins­be­rech­ti­gung mehr. LINKE und GRÜNE, wollen nicht arbeiten, sich nicht für einen völlig abge­hängten Teil, inner­halb der Bevöl­ke­rung, dieses Unsys­tems einsetzen. Sie wollen mit am Trog sitzen, der Weg mit am Trog zu sitzen geht ihnen zu langsam, somit muss man den Schweins­ga­lopp, zum Trog, forcieren. Die Bremsen rausschmeißen.

  2. Bin gespannt, wann Oskar im Berliner „Haus des Volkes“* bei der AfD auftaucht.

    * Durch die Politik der Erzkom­mu­nistin Merkel entweiht.

  3. Gysi & Co sowie andere, korrum­pierte Genossen sind für mich kommu­nis­ti­sche Ratten­fänger, sie stimmen für Waffen­lie­fe­rungen an die korrupten ukrai­ni­schen Despoten und wem schaden sie letzt­lich damit? Dem deut­schen Volk und der deut­schen Nation, welche dann inter­na­tional als kriegs­lüs­tern und – so der kommu­nis­ti­sche Jargon – als „immer noch oder schon wieder faschis­tisch“ diffa­miert werden wird. Dahinter verbirgt sich eiskalte Berech­nung und Steue­rung durch gewisse Machtzirkel.

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  4. „Normal- und Gering­ver­diener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten“ – das gilt auch für jede andere Einheitspartei.

    Das Verrückte ist daß die Linke durchaus ein realis­ti­scheres Verständnis von den wahren Problemen hat als die meisten anderen Parteien (wenn man von der fixen Idiotie alles durch Umver­tei­lung lösen zu wollen absieht), aber in einer kruden Mischung aus Selbst­kas­teiung aus Angst vor „rrrääääächts“ und Anbie­de­rung an den Zeit­geist (den die Grünen schon längst verein­nahmt haben) kastriert man sich durch reihen­weise Enthal­tungen bei Abstim­mungen und Raus­wurf der über­zeug­testen Mitglieder selbst.

    Früher hätte ich begrüßt daß sich so eine Umver­tei­lungs­uto­pis­ten­partei selbst zerlegt, aber heute ist zu befürchten daß als Verschlimm­bes­se­rung davon vor allem die Volks­tre­ter­lob­by­kra­tur­ein­heits­par­teien profitieren.

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