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EU: Freepik, Orbán: Gergely Botár / kormany.hu

Eine neue Rechtskoalition könnte die Machtverhältnisse im Europaparlament neu ordnen, wobei die Liberalen befürchten, dass auch sie darunter leiden werden

 

Von Mariann Őry

Ministerpräsident Viktor Orbán und der Fidesz können nach dem Bruch mit der EVP mehrere Wege in der europäischen Parteipolitik einschlagen. Eine Analyse besagt, dass nicht alle rechten Führer miteinander Kontakte pflegen, dass aber alle den Kontakt zu Viktor Orbán suchen.

In den letzten Tagen haben europäische Think-Tanks neue Analysen über die Optionen der Fidesz nach ihrem Austritt aus der Europäischen Volkspartei (EVP) veröffentlicht.

Nach einer Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) haben Ministerpräsident Viktor Orbán und der Fidesz eine riskante Entscheidung getroffen, da vor den Wahlen 2022 noch zwei politische Schlachten in Brüssel zu schlagen sind: das Artikel-7-Verfahren und die Durchsetzung des Rechtsstaatsmechanismus. Ungarn und Polen haben die Verordnung vor dem EU-Gericht angefochten, aber die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Vera Jourová, droht bereits damit, einen Weg zu finden, die Mittel trotzdem zu kürzen, wobei das Europäische Parlament Druck gemacht hat.

Laut DGAP hat die Regierung von beiden Kämpfen wenig zu befürchten, da am Ende des Artikel 7-Verfahrens eine einstimmige Entscheidung im Europäischen Rat erforderlich wäre, und zumindest auf die Polen Verlass ist; zudem kann der Mechanismus, selbst wenn er bis Anfang nächsten Jahres eingerichtet ist, prinzipiell nur neue Fälle behandeln, nicht solche der Vergangenheit.

Die Analyse legt nahe, dass Orbán die Situation nach dem Zusammenbruch zu seinem Vorteil nutzen könnte. DGAP-Experten erwarten eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Fidesz und der Italienischen Lega, Italiens mächtigster Partei und einer der größten Delegationen im Europäischen Parlament. Orbán ist zudem in der Lage, die verschiedenen Kräfte der europäischen Rechten zu erreichen, sogar wenn diese miteinander konkurrieren, weil deren Führer zwar nicht immer miteinander reden, aber alle den Kontakt mit dem ungarischen Ministerpräsidenten suchen.

Die Autoren halten es für die naheliegendste Option, dass sich die Fidesz-Delegation der Gruppe der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) anschließt, zu der auch die polnische Regierungspartei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) gehört. Sie erinnerten daran, dass nach Daten der Brüsseler Denkfabrik VoteWatch 72% der Fidesz-Wähler mit den EKR-Mitgliedern übereinstimmen.

Sie prüften auch die Möglichkeit, dass Orbaá die Lega – jetzt Teil von “Identität und Demokratie” (ID) – sowie die Slowenische Demokratische Partei (SDS) – derzeit EVP – in die EKR locken könnte. Damit wäre die EKR die drittgrößte Fraktion, noch vor den Liberalen. Natürlich sind die Beziehungen zwischen den Parteien komplizierter als einfache Mathematik, daher sollte dieses Szenario nicht als selbstverständlich angesehen werden.

Aber auch eine neue politische Gruppierung könnte unter Fidesz-Führung gebildet werden, so die Analyse, wofür mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedsstaaten nötig wären. Auch dies wäre ein riskanter Schritt, da er den rechten Flügel des EP neu formieren würde, aber er würde Viktor Orbán erlauben, alle seine Verbündeten selbst zu wählen.

Ein Artikel in der European Studies Review erinnert daran, dass auch die liberale Fraktion Renew Europe („Europa erneuern“) Gefahr läuft, von einer gestärkten EKR überstimmt zu werden, was das Kräfteverhältnis verschieben würde. Die niederländische Europaabgeordnete Sophie in ‘t Veld forderte dazu eine Debatte in der Fraktion, nachdem die Fidesz-Delegation die EVP-Fraktion verlassen hatte.

Mit ihrem Abgang verlor die Fidesz ihre Ausschusssitze und Posten, und nach unseren Quellen in Brüssel hat die Neuverteilung dieser noch nicht begonnen, da die EVP sie behalten darf. Ende dieses Jahres finden die internen Zwischenwahlen zum Europäischen Parlament statt, bei denen die verschiedenen Posten neu verteilt werden, und bis dahin könnte sich noch viel ändern.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei MAGYAR HÍRLAP, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.


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