Thesen aus dem Baltikum (3)

Grafik: Wikimedia CC 3.0

These 3: Grund­lage der west­li­chen Kultur ist die indo­eu­ro­päi­sche Kultur, die in den balti­schen Ländern am besten erhalten ist. Die balti­schen Nationen – Letten und Litauer – müssen vereint werden, damit sie stärker werden und zur Rege­ne­ra­tion unserer Gesamt­kultur beitragen können.

Von Raivis Zeltīts *

Die west­liche Kultur basiert auf der indo­eu­ro­päi­schen Kultur, die die Welt hier­ar­chisch inter­pre­tiert. [1] Auf reli­giöser Ebene ist es eine Gottes­vor­stel­lung, die symbo­lisch mit dem Himmel (Ordnung) im Gegen­satz zur Erde oder Unter­welt (Urwelt­chaos) asso­zi­iert wird. Diese reli­giöse Hier­ar­chie diente als Grund­lage für die Orga­ni­sa­tion indo-euro­päi­scher Gesell­schaften in Analogie zum mensch­li­chen Körper, in dem der Geist über Vita­lität und Fleisch herrscht – es gab Stände von Pries­tern, Krie­gern und Produ­zenten. Priester waren für die Bezie­hung der Gemein­schaft zu Gott verant­wort­lich, Krie­ger­ge­sell­schaften, die nach ihren eigenen internen Gesetzen von Ehre und Loya­lität lebten. Eine Gruppe von Produ­zenten, bestehend aus Bauern, Vieh­züch­tern und Hand­wer­kern, war für das wirt­schaft­liche Leben der Gemein­schaft verant­wort­lich. [2] Als die indo­eu­ro­päi­schen Stämme sich ausbrei­teten, führten sie diese drei­glied­rige Hier­ar­chie überall ein. Dort, wo die einfal­lenden Stämme im Verhältnis zur unter­wor­fenen Bevöl­ke­rung in der Minder­heit waren, wie in Indien oder Sparta, entwi­ckelte sich ein strenges Kasten­system, bei dem die Eroberten auf der untersten Ebene der Hier­ar­chie standen. Hingegen war diese Hier­ar­chie in den Ländern der balti­schen Stämme viel flexi­bler und diente nicht als Mittel zur Unter­drü­ckung anderer ethni­scher Gruppen. Dies beruhte nicht nur auf der Tatsache, dass das Land wilder und weniger bevöl­kert war als anderswo in Europa, sondern es gibt auch archäo­lo­gi­sche und gene­ti­sche Hinweise darauf, dass die indoeuropäische/baltische Kultur nicht von außen kam, sondern sich aus stein­zeit­li­chen Kulturen vor Ort entwi­ckelte. [3]

Indo-Euro­päer sind sess­hafte Völker – ihr poli­ti­sches System ist histo­risch durch eine Orga­ni­sa­tion um das Vater­land herum gekenn­zeichnet. Als sess­hafte Kultur zeichnen sich die Indo-Euro­päer durch ein starkes ethni­sches Bewusst­sein aus, was sich auch aus der rekon­stru­ierten proto-indo­ger­ma­ni­schen Sprache und verschie­denen Zeug­nissen der Folk­lore ableiten lässt. Nicht nur die sozialen Bezie­hungen, sondern auch die Reli­gion wurde als eine Groß­fa­mi­li­en­be­zie­hung inter­pre­tiert, in der die Linie des Vaters domi­niert – der indo-euro­päi­sche Gott ist kein abstraktes meta­phy­si­sches Prinzip, sondern der Vater. Im Rahmen dieser Bezie­hung entwi­ckelten sich mono­game Fami­li­en­be­zie­hungen, ein Gefühl des Privat­ei­gen­tums und die oben erwähnte Hierarchie.

Eng mit dem ethni­schen Bewusst­sein verbunden, entwi­ckelten die indo­eu­ro­päi­schen Gesell­schaften auch eine primi­tive Demo­kratie. Als die Nach­kommen der ersten indo­eu­ro­päi­schen Fami­lien ihre eigenen Fami­li­en­haus­halte bildeten, verzweigte sich diese ursprüng­liche Familie in Verwandt­schaften, aber als sich ihre Zahl vergrö­ßerte, wuchsen sie nach mehreren Gene­ra­tionen zu Stämmen heran. Der Stamm bildete die Grund­lage der ersten Staaten, deren „Verfas­sung“ auf den Entschei­dungen der Fami­li­en­ober­häupter beruhte. In einer Zeit, in der sich Stämme mit Nach­bar­stämmen im Krieg befanden, versam­melten sich viele Zweige des Stammes und wählten aus den Fami­li­en­ober­häup­tern den mutigsten und fähigsten Krieger aus – so entstand aus der primi­tiven Demo­kratie die klas­si­sche Aris­to­kratie oder die Herr­schaft der Besten. So kam der Herr­scher aus dem Stamm selbst und, um seine Inter­essen vertei­digen zu können, unter­warf sich ein Souverän nicht den anderen Stämmen. Die indo-euro­päi­sche Demo­kratie wurde durch ein Gefühl der persön­li­chen Frei­heit geför­dert, das aus der sess­haften Lebens­weise erwuchs, einer Frei­heit, die orga­nisch mit dem Gemein­wohl des Volkes verbunden ist. Dies unter­scheidet die indo­eu­ro­päi­schen Kulturen von den östli­chen Kulturen, in denen das Indi­vi­duum keine poli­ti­sche Bedeu­tung hat.

Unsere Kultur hat sich in mindes­tens zwei großen histo­ri­schen Zyklen entwi­ckelt und eine Entwick­lungs­spi­rale gebildet, in der sich diese drei Grund­ele­mente der indo­eu­ro­päi­schen Kultur konso­li­diert haben. Die erste Stufe war die klas­si­sche west­liche oder grie­chisch-römi­sche Kultur, die die demo­kra­ti­sche Idee perfek­tio­nierte, indem sie im 5. Jahr­hun­dert v. Chr. eine klas­si­sche Demo­kratie schuf, in der jeder Bürger durch direkte Abstim­mung an der natio­nalen Entschei­dungs­fin­dung teil­nehmen konnte. Die grie­chi­sche Welt selbst war jedoch poli­tisch gespalten und in ihren gegen­sei­tigen Kriegen fast selbst­zer­stö­re­risch. Das Römi­sche Reich diente als stabi­li­sie­render Faktor und als Über­gang zur christ­lich-abend­län­di­schen Kultur. Es entwi­ckelte die mili­tä­ri­schen, admi­nis­tra­tiven und philo­so­phi­schen Tradi­tionen des Römi­schen Reiches und festigte die Werte des Natur­rechts, der Rechts­staat­lich­keit und des mono­gamen Fami­li­en­mo­dells als Rück­grat der west­li­chen Kultur. Im wirt­schaft­li­chen Bereich war das Verdienst der christ­li­chen Kultur die Verbes­se­rung der drei­glied­rigen Hier­ar­chie durch das korpo­ra­tive oder Gilde-Wirt­schafts­system, das auf Grup­pen­rechten und Reprä­sen­ta­tion basiert. An der Spitze dieser Hier­ar­chie stand der Monarch, der ursprüng­lich auch der Vertreter seines Stammes war.

Diese natür­liche soziale Entwick­lung wurde durch die Krise der Monar­chie und die Befreiung der wirt­schaft­li­chen Inter­essen von der Verant­wor­tung für das Gemein­wohl der Gesell­schaft unter­bro­chen. Ein ideo­lo­gi­scher Kampf brach aus, dessen symbo­li­scher Beginn die Fran­zö­si­sche Revo­lu­tion war. Der ideo­lo­gi­sche Kampf verwan­delte sich zwischen 1914 und 1945 in zerstö­re­ri­sche Kriege, wobei die Euro­päer, wie die alten Grie­chen, ihren globalen Einfluss verloren. In der Zwischen­zeit beginnen auch die Verei­nigten Staaten aufgrund ideo­lo­gi­scher Subver­sion die seit 1945 gewon­nene globale Domi­nanz zu verlieren, während sich der Revan­chismus der nicht-west­li­chen Kulturen verstärkt hat. Vom Verlust des globalen Einflusses bis hin zum Verlust des Einflusses in ihren eigenen Ländern – ein Nieder­gang, der in der klas­si­schen west­li­chen Kultur fast fünf Jahr­hun­derte lang andau­erte – voll­zieht sich nun vor unseren Augen. Marxis­ti­sche Angriffe auf alle Arten von Hier­ar­chien – Ideen von Staat und Nation, der Familie, der tradi­tio­nellen Reli­gion und des Privat­ei­gen­tums – sind ein Angriff auf die Grund­lagen der west­li­chen Kultur! Die Folge ist die Aushöh­lung der Werte der west­li­chen Kultur, die schon in unserer Gene­ra­tion zum völligen Zusam­men­bruch der west­li­chen Gesell­schaft und ihrer anschlie­ßenden Einbe­zie­hung in die Einfluss­sphären anderer Kulturen zu führen droht!

Aber unsere Nation hat eine beson­dere Mission – den Beginn einer neuen Etappe der west­li­chen Kultur! Der letti­sche Philo­soph Pauls Jure­vičs (1891–1981) hat geschrieben: „Die jungen Nationen sind die Orte in der euro­päi­schen Kultur, von denen aus viel­leicht die Wieder­her­stel­lung jenes Lebens beginnen könnte, die Suche nach einem Ausweg aus dem Laby­rinth oder der Sack­gasse, in die diese Kultur jetzt einge­treten ist“ [4] Wir sind eine dieser jungen Nationen, die in der weiten Region zwischen Deutsch­land und Russ­land leben. Die Stär­kung unserer Iden­ti­täten ist nicht nur für uns selbst – sie ist der Weg zu einer Wieder­ge­burt des Westens. Jure­vičs hob beson­ders hervor, dass die Letten die Vita­lität einer neuen Kultur, einen Sinn für Gerech­tig­keit und Idea­lismus haben, die uns von den alten Kulturen West­eu­ropas unter­scheidet. Natür­lich hat sich im Laufe des Jahr­hun­derts viel verän­dert. Unter dem Einfluss der Massen­kultur „altern“ wir rapide und verlieren unsere Einzig­ar­tig­keit in unserem Bemühen, mit der west­li­chen „Moder­nität“ Schritt zu halten. Aber wir sollten immer wieder zu der Idee unserer eigenen Inter­essen und unserer eigenen Mission zurück­kehren. Diese Mission können wir jedoch nicht allein erfüllen. Unsere Mission ist die Mission der balti­schen Nationen, die gemeinsam mit den litaui­schen Brüdern erfüllt werden kann.

Der Pan-Baltismus ist der Wunsch nach der ursprüng­li­chen idealen Gemein­schaft – er ist eine krea­tive und sich kultu­rell entwi­ckelnde Kraft, die, indem sie die Vergan­gen­heit mit der Zukunft verbindet, ein enormes Poten­zial hat. [5] Die Idee des Pan-Baltismus, die heute fast völlig in Verges­sen­heit geraten ist, wurde einst zusammen mit dem letti­schen Natio­na­lismus geboren. Atis Kron­valds (1837–1875) trat bereits in der Mitte des 19. Jahr­hun­derts für einen Patrio­tismus ein, „der über alle Stämme des letti­schen Volkes hinaus­reicht: über das Volk der Kurden, der Vidzeme, der Inflanty und Litauens“ [6] Er schreibt: „Unser Vater­land reicht nicht so weit, wie die heutigen Letten leben. Unser Vater­land ist die ganze Fläche des Landes, die bereits mit Schweiß und Blut unserer Väter bespritzt wurde, bevor sie später in kleine Stücke zerbro­chen wurde“ [7] Für ihn waren die Litauer die gleiche Fort­set­zung des letti­schen Volkes wie beispiels­weise die Letten. Der Dichter Rainis schrieb: „Diese kleinen Stämme stammen von einer großen Mutter ab! Diese Litauer, die Samo­ga­tier, diese weit entfernten Preußen, das sind Verwandte der Kuronen, Letten, Zemgalen. Diese Stämme am oberen und unteren Ende, das sind Regi­menter der großen Mutter.“ [8] Die Ideen des Pan-Baltismus wurden von dem litaui­schen poli­ti­schen Akti­visten Jonas Šļiūpas (1861–1944) ausge­drückt, der das Projekt der lettisch-litaui­schen Staats­union als Kern der Nordi­schen Konfö­de­ra­tion ansah. [9] Wir sollten zugeben, dass die ursprüng­li­chen Ziele unseres Natio­na­lismus 1918 nur teil­weise erfüllt wurden! Dessen war sich auch der letti­sche Histo­riker und natio­na­lis­ti­sche Akti­vist Jūlijs Bračs (1909–1984) bewusst, der die Orga­ni­sa­tion der lettisch-litaui­schen Einheit in der ersten Phase der Unab­hän­gig­keit Lett­lands und später im Exil leitete.

Leider fanden die Ideen des Pan-Baltismus in der ersten Phase der Unab­hän­gig­keit in poli­ti­schen Kreisen keine Unter­stüt­zung, was einer der Haupt­gründe für den späteren Verlust der Unab­hän­gig­keit war. Es muss verstanden werden, dass die Verei­ni­gung Lett­lands und Litauens für die geopo­li­ti­sche Sicher­heit wichtig ist. Seit mindes­tens tausend Jahren gibt es in unserer Geschichte zwei konstante geopo­li­ti­sche Faktoren – 1) den stän­digen Druck der östli­chen Macht; 2) die Notwen­dig­keit, Bünd­nisse mit stär­keren Ländern einzu­gehen, um die Unter­wer­fung unseres Landes zu verhin­dern. Bereits während der slawi­schen Expan­sion, begin­nend im 5. Jahr­hun­dert, verloren die Balten den größten Teil ihres Terri­to­riums. Ab dem 13. Jahr­hun­dert beschritten die balti­schen Stämme zwei Wege der Verei­ni­gung, um der Bedro­hung aus dem Osten zu wider­stehen. Die Stämme, die näher an den Ufern der Ostsee lagen, gerieten in Konflikt mit den deut­schen Inva­soren, wobei einige der Stämme den Weg der Zusam­men­ar­beit mit den Deut­schen wählten und den Livlän­di­schen Bund grün­deten. Wir müssen diese Zeit objektiv betrachten. Der Livlän­di­sche Bund war die Grund­lage der letti­schen Ethno­ge­nese und ein Weg zur Erhal­tung seiner dama­ligen Lebens­kräfte. Im Jahre 1502, während der Schlacht am Smoli­nasee (Schlacht von Pleskau) unter dem Kommando von Land­meister Plet­ten­berg, stoppte die livlän­di­sche Armee mit letti­schen und estni­schen Truppen die Ausbrei­tung der Musko­viter in Europa – so vermieden die Letten das Schicksal anderer ostbal­ti­scher Völker, die jenseits der Grenzen von Zilupe blieben. Litauens Entwick­lungsweg war ein anderer, da es Zeit hatte, sich unter der Führung seiner Herr­scher zu einer euro­päi­schen Super­macht zu vereinen. Die histo­ri­sche Rolle Litauens kann nicht hoch genug einge­schätzt werden – durch die Vertrei­bung der Mongolen aus Kiew im Jahr 1363 schützte es das ruthe­ni­sche Volk oder die modernen Ukrainer und Weiß­russen vor der Assi­mi­lie­rung im mongo­lisch beherrschten Russ­land. Litauen allein war jedoch nicht in der Lage, allen Bedro­hungen zu begegnen, und es entstand die Polnisch-Litaui­sche Föde­ra­tion, die von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer ein bedeu­tender geopo­li­ti­scher Akteur war. Diese Föde­ra­tion schützte die gesamte west­liche Kultur sowohl vor den Musko­viter-Horden als auch vor den Türken.

Doch sowohl in Livland als auch in der Polnisch-Litaui­schen Föde­ra­tion verloren die balti­schen Völker auf lange Sicht ihren Einfluss. Ihre Lage verschlech­terte sich beson­ders, nachdem diese Gebiete Teil des Russi­schen Reiches wurden. Die Lehren aus diesen Epochen besagen, dass Länder, die auf ethni­schen Kompro­missen beruhen, nicht trag­fähig sind. Hätte sich die Geschichte anders entwi­ckelt, hätten die litaui­schen Könige die balti­schen Stämme, die auf dem Gebiet des heutigen Lett­lands leben, in ihr Land aufge­nommen und damit eine starke Super­macht geschaffen, die sowohl die geopo­li­ti­sche Sicher­heit als auch die ethni­schen Inter­essen der balti­schen Nationen gewähr­leisten würde. Die Schaf­fung eines solchen Staates war zu diesem Zeit­punkt jedoch nicht möglich.

Als die unab­hän­gigen Staaten Litauen und Lett­land 1918 gegründet wurden, hatte General Pēteris Radziņš (1880–1930), der Anführer der Kämpfe im Unab­hän­gig­keits­krieg, ein ausge­zeich­netes Verständnis für den geopo­li­ti­schen Aspekt des Pan-Baltismus. Er schrieb: „Die lettisch-litaui­sche Union würde eine ziem­lich bedeu­tende poli­ti­sche Kraft darstellen – insge­samt etwa 5 Millionen Einwohner und ein großes Gebiet. Bei jeder inter­na­tio­nalen Heraus­for­de­rung würde diese Macht zu spüren sein, und andere Länder würden viel mehr als jetzt auf sie zählen.“ [10] General Radziņš sah auch die Bedeu­tung einer solchen Union bei der Schaf­fung einer brei­teren Ostsee-/Schwarz­meer- oder Inter­ma­rium-Union – Lett­land würde als Vermittler zwischen Polen und Litauen fungieren und die Wider­sprüche auflösen, die die UdSSR zur Teilung und Unter­wer­fung der Region benutzte. [11] Auch der litaui­sche Dichter, Philo­soph und Diplomat Oscar Milosz (1877–1939) sah mögliche geopo­li­ti­sche Heraus­for­de­rungen durch den deut­schen und sowjet­rus­si­schen Revan­chismus voraus und forderte daher die Errich­tung einer aus den neu gegrün­deten Staaten zu bildenden geopo­li­ti­schen Barriere zwischen den beiden Groß­mächten. Eine dieser Barrieren wäre die Verei­ni­gung von Lett­land und Litauen [12].

Der geopo­li­ti­sche Aspekt des Pan-Baltismus charak­te­ri­siert unsere Inter­essen, während der kultu­relle Aspekt unsere Mission charak­te­ri­siert. Die Bedeu­tung dieser Mission liegt in der Tatsache, dass die balti­schen Völker nicht einer der Zweige der indo­eu­ro­päi­schen Völker sind, sondern deren Stamm und seine Wurzeln. Die litaui­sche Sprache kommt der proto-indo­ger­ma­ni­schen Sprache am nächsten. Die Sprache bestimmt unsere Denk­weise, die Denk­weise bestimmt die Kultur. Der Ursprung der Indo­eu­ro­päer lässt sich bis zu den alten balti­schen Sied­lungen zurück­ver­folgen, von denen aus sie sich später in ganz Eura­sien ausbrei­teten. Die Entwick­lung der indo­eu­ro­päi­schen Spra­chen kann als ein Dialekt­kon­ti­nuum betrachtet werden, als die ursprüng­lich weit verbrei­tete baltisch-indo­ger­ma­ni­sche Primär­sprache in verschie­dene Dialekte aufge­teilt wurde, was lang­fristig zur Bildung neuer indo­eu­ro­päi­scher Zweige führte. In den heutigen Gebieten Lett­lands und Litauens hat sich, abge­sehen von Migra­tionen und impe­rialen Kämpfen, die ursprüng­liche indo­eu­ro­päi­sche Kultur erhalten.

Wenn wir die Quelle der west­li­chen Kultur sind, dann müssen wir nicht blind alle „fort­schritt­li­chen“ Tendenzen aus dem Ausland imitieren, sondern müssen uns tiefer in unserem Wesen verwur­zeln, damit andere von uns lernen können. Die balti­sche Kultur ist für den Westen genauso wichtig wie die antiken grie­chi­schen und römi­schen Kulturen – sie waren der indo­eu­ro­päi­schen Kultur nach­ge­la­gert, deren Quelle von unseren Vorfahren stammte. Diese Verwur­ze­lung und Erwei­te­rung der eigenen Iden­tität ist möglich – Lett­land und Litauen müssen eine Union bilden! Wir haben nichts zu verlieren – Letten und Litauer sind durch Jahr­hun­derte getrennt, aber seit Jahr­tau­senden durch gemein­same Wurzeln vereint. Eine solche Union würde nicht eine mecha­ni­sche Verschmel­zung der beiden Nationen bedeuten, sondern eine poli­ti­sche Zusam­men­ar­beit, mit dem größt­mög­li­chen Auto­no­mie­recht für jede Nation.

Es ist an der Zeit, die Idee des Pan-Baltismus umzu­setzen! Es ist kein Zufall, dass die balti­schen Völker trotz aller Eindring­linge und Unter­drü­cker über Jahr­tau­sende hinweg das einzig­ar­tige indo­eu­ro­päi­sche Kultur­erbe bewahrt und die gesamte west­liche Kultur vor Inva­sionen aus dem Osten bewahrt haben. Das zeigt die Betei­li­gung einer höheren Macht und die Mission, die uns als heiliges Erbe und heilige Pflicht über­tragen wurden. Tausende von Gene­ra­tionen unseres Volkes haben ihr Leben für dieses Heilige gegeben und das Banner dieses Kampfes in unsere Hände gelegt.

Die Lettisch-Litaui­sche oder Balti­sche Union würde den kultu­rellen Kern einer neuen Union der Völker der Ostsee-Schwarz­meer-Region bilden, die die gesamte west­liche Kultur zu ihren Wurzeln zurück­führen und ihr neue Energie für die künf­tige Entwick­lung geben würde. Die Balti­sche Union muss auch die engsten Bezie­hungen zu Estland herstellen, das mit Lett­land durch 700 Jahre gemein­samer poli­ti­scher Geschichte in der Livlän­di­schen Konfö­de­ra­tion verbunden ist, sowie zu der slawi­sierten weiß­rus­si­schen Nation, die ihre Wurzeln in der balti­schen Kultur hat. Im weiteren Sinne sind diese Schritte Teil einer neuen prome­t­he­is­ti­schen Politik, in der Polen und die Ukraine eine wich­tige geopo­li­ti­sche Rolle spielen.

 


 

[1] Sie hat auch die finno-ugri­schen Völker stark beein­flusst, die damit in den west­li­chen Kultur­raum passen.

[2] Wucherer, die nicht von der Produk­tion oder Vermitt­lung, sondern von der Bildung von Schuld­ver­hält­nissen profi­tierten, wurden von dieser Hier­ar­chie ausge­schlossen – jede tradi­tio­nelle Kultur hat versucht, dieses Phänomen als gesell­schaft­lich schäd­lich einzugrenzen.

[3] Die geno­mi­sche Abstam­mung der Menschen der skan­di­na­vi­schen Streit­axt­kultur und ihre Bezie­hung zum brei­teren Schnur­ke­ramik-Hori­zont. www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6790770/

Akmens laik­mets Latvijas teri­to­rijā. enciklopedija.lv/skirklis/4433-akmens-laikmets-Latvijas-teritorij%C4%81

[4] Jure­vičs, Pauls. Idejas un īstenība. Grāmatu Draugs, 1946., S. 213

[5] Muktupā­vels, Valdis. Par dažiem mūsdienu folk­lo­ris­tikas un tās robež­zinātņu jautā­ju­miem: atskato­ties uz savas zināt­niskās darbības 25 gadiem. Latvijas Zinātņu Akadē­mijas Vēstis Vēstis, 2012. gads 66. sējums 1./2. numurs, 88. lpp. www.lza.lv/LZA_VestisA/66_1‑2/7_Valdis%20Muktupavels.pdf?fbclid=IwAR2_9hMjB_OaX8DHS2cH7FSxinNruhcRe8skj33fj5cXs_avfDTcFPITn5k

[6] Baumanis, A. Kron­valdu Atis. Dzīve. Darbu izlase. Rīga, 1938., S. 395

[7] Goba, Alfrēds. Kron­valda rakstu izlase. Mili­tārās lite­ra­tūras apgādes apgādes fonda izde­vums, 1937, S. 147.

[8] Rainis. Indulis un Ārija. www.korpuss.lv/klasika/Senie/Rainis/IndAr/2cel.htm

[9] Virza, Edvarts. Revue Baltique. No: Edvarts Virza. Raksti. 2. sējums.  Sast. Kubu­liņa, Anda, „Zinātne“, 2008.g., S. 140.

[10] Radziņš, Pēteris Volde­mārs. Latvija un Lietuva. No: Pētera Volde­māra Radziņa rakstu krājums. Comp. Purviņš, Agris. Ģenerāļa Radziņa biedrība, 2016, S. 579.

[11] Ebd.…, S. 578

[12] Revue Baltique…, S. 140.

Quelle: The New Prometheism


Raivis Zeltīts · Foto: Facebook

*) Raivis Zeltīts (geboren am 21. März 1992 in Riga) ist ein letti­scher Poli­tiker, national-konser­va­tiver Akti­vist und Schrift­steller. Er ist Gene­ral­se­kretär der Natio­nalen Allianz sowie Vorstands­mit­glied und Leiter ihrer Jugend­or­ga­ni­sa­tion. Er wurde bei den Kommu­nal­wahlen 2013 in den Gemein­derat von Mārupe gewählt und 2017 wiedergewählt.
Zeltits kriti­siert das, was er „Globa­lismus“, „Neomar­xismus“, „Inter­na­tio­nale Finanz­olig­ar­chie“ und Multi­kul­tu­ra­lismus nennt, als ein „Modell, das nicht funk­tio­niert“. Er tritt für eine Euro­päi­sche Union auf der Grund­lage von Natio­nal­staaten und christ­li­chen Werten ein, wobei er die zuneh­mende Rolle Polens in der Region positiv bewertet. Dabei wendet er sich gegen jede Form von Tota­li­ta­rismus und glaubt nicht an einen weißen Natio­na­lismus, da die letti­sche „Iden­tität viel­schichtig ist und nicht auf solche Kate­go­rien redu­ziert werden kann“. Die Familie ist für ihn keine durch die Verfas­sung oder Gesetze geschaf­fene Entität, sondern wird durch diese ledig­lich aner­kannt und vertei­digt, weshalb neue Formen der Familie als „soziales Expe­ri­ment“ abzu­lehnen sind.

 

4 Kommentare

  1. Englisch als Verkehrs­sprache würde in 2–3 Gene­ra­tionen Englisch als Natio­nal­sprache heißen. Englisch hat keinen Platz in Europa außer­halb der Briti­schen Inseln.

  2. kommt drauf an, entweder ist Englisch die Verkehrs­sprache oder Russisch – nach Wieder­ver­ei­ni­gung West­li­tauens mit Ostli­tauen („Weiß­russ­land“)

  3. Welche Sprache würde dann in dieser gemein­samen lettisch-litaui­schen Union gespro­chen? Ich weiß von einer Baltikum-Reise, das Letten die litaui­sche Sprache nicht verstehen (und umge­kehrt). Aber jetzt haben sie zumin­dest als Verbin­dendes den so tollen Euro als gemein­same Währung. Als ich dort war, gab es noch letti­sche Lats und litaui­sche Litas.

Schreibe einen Kommentar zu Arnold Nymous Antwort abbrechen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein