Ursula Stenzel: Merkel – die Bilanz

Ursula Stenzel (Foto: Franz Johann Morgenbesser / Wikimedia CC 2.0)

Von URSULA STENZEL | Zehn Tage vor der deut­schen Bundes­tags­wahl steht nur eines fest: Nix ist fix. Seit Wochen schreiben die deut­schen Medien den Spit­zen­kan­di­daten der Unions­par­teien, Armin Laschet, nieder und die Meinungs­um­fragen prognos­ti­zieren ihm einen Absturz, während sie Olaf Scholz von der SPD im Aufwind sehen und der ange­schla­genen Anna­lena Baer­bock immer noch ein respek­ta­bles Ergebnis voraus­sagen, auch wenn sie im Rennen um die Kanz­ler­schaft eigent­lich keine Rolle mehr spielt, eigent­lich nie wirk­lich eine Rolle gespielt hat und aus einem Triell in der Schluss­runde nun doch ein Duell wird. Aber Grün ist in und Frau ist in. Das hält sie am medialen Leben.
 

Schwierges Erbe

Zuge­geben der Start von Armin Laschet war holprig und sein medial genüss­lich zele­briertes und hoch­sti­li­siertes Lachen bei der Hoch­was­ser­ka­ta­strophe hat ihm nicht genützt. Aber wollen die Deut­schen wirk­lich eine GROKO, eine große Koali­tion unter umge­kehrten Vorzei­chen, wollen sie wirk­lich einen Links­ruck womög­lich in einer Drei­er­ko­a­liton SPD, Linke und Grüne? Ich wage dies zu bezwei­feln. Aber lassen wir die Unwäg­bar­keiten dieser Wahl einmal beiseite. Fest steht, dass Angela Merkel nach 16 Jahren Kanz­ler­schaft der CDU/CSU ein schwie­riges Erbe hinter­lassen hat. In ihre Kanz­ler­schaft fielen die Finanz­krise, die Migra­ti­ons­krise und zum Schluss die Corona-Krise.

Deutsch­lands starke Posi­tion heruntergespielt

Die Finanz­krise hat sie, vor allem solange Wolf­gang Schäuble ihr Finanz­mi­nister war, so halb­wegs bestanden. Sie bestand nämlich damals noch auf der Beibe­hal­tung der Maas­tricht-Krite­rien, also der Einbrem­sung der Gesamt- und der Neuver­schul­dung. Dass sie damals vor allem in den grie­chi­schen Medien als „häss­liche Deut­sche“ mit Hitler­bärt­chen auf die Titel­seiten kam, machte ihr schwer zu schaffen. Wie man über­haupt beob­achten kann, dass sie die Rolle der domi­nanten Deut­schen, die den anderen EU Mitglie­dern schon rein aufgund ihrer Größe und wirt­schaft­li­chen Potenz wegen den Willen aufzwingen kann, tunlichst vermied. So verzich­tete sie darauf, einen Deut­schen zum Chef der EZB, der euro­päi­schen Zentral­bank zu machen. Nach einem Italiener wurde es eine Fran­zösin, sie schaute so billig wie möglich in Fragen der Vertei­di­gungs­aus­gaben wegzu­kommen, dass sie ausge­rechnet Anne­gret Kramp-Karen­bauer zur Vertei­di­gungs­mi­nis­terin machte und statt­dessen Ursula von der Leyen mit dem Posten einer Kommis­si­ons­prä­dentin absi­cherte, fällt in dieses Kapitel.

Frus­tra­tion in der eigenen Wählerschaft

Die Perso­nalie von der Leyen war aller­dings nicht nur ein Abschieben, sie war auch der Garant dafür, dass ihr während ihrer Kanz­ler­schaft die Politik in der EU nicht entglitt. Merkel war, wenn man so will, eine Balan­ce­künst­lerin. Marken­zei­chen: Unauf­ge­regt­heit. Sie vermied starke Ansagen, sie vermied es in Bundes­län­der­rechte einzu­greifen. Das tat sie nur einmal, als in Thüringen die AfD fast in eine Koali­ti­ons­re­gie­rung mit der CDU kam, da mischte sie sich ein und erzwang Neuwahlen. Dabei war sie es, die den wert­kon­ser­va­tiven Kern der CDU aushöhlte und die CDU nach links verschob. Dies schwächte den Koali­ti­ons­partner SPD, ließ aber viel Raum für Frus­tra­tion in der eigenen Wähler­schaft und machte erst Platz für eine Partei rechts von der Mitte, die AfD. Dass rechts von ihr kein Platz sein sollte, dieser Leit­spruch von dem eins­tigen baye­ri­schen Minis­ter­prä­si­denten Franz Josef Strauß, lag ihr fern.

Vorwurf: Witschafts­feind­li­ches Verhalten

Mit Donald Trump konnte sie nicht viel anfangen, der war ihr zu popu­lis­tisch und zu USA zentriert, aber auch unter Biden hielt sie an North-Stream 2 fest, der Erdgas­pipe­line unter der Ostsee für russi­sches Erdgas, zum Miss­fallen der USA ebenso wie zur Sorge der Ukraine. Dass sie, die als Kind in einem Pasto­ren­haus­halt in der ehema­ligen DDR aufwuchs und besser Russisch als Englisch spricht, sorgte auch während ihrer Amts­zeit für Miss­trauen. Mit der von ihr betrie­benen Ener­gie­wende hat sie eben­falls Kritik herauf­be­schworen. Denn sie machte sie erstens Anlass bezogen, nach dem Atom­un­fall von Fuku­shima, und zwei­tens gleich­zeitig: sowohl den Kohle, als auch den Atom­aus­stieg. Der Chef der deut­schen Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung warf ihr deshalb auch wirt­schafts­feind­li­ches Verhalten vor.

Viele offene Fragen

Ihre umstrit­tenste Politik war aber die Migra­ti­ons­po­litik. Mit ihrem zufäl­ligen oder sogar bewussten Ausspruch „Wir schaffen das“ hat sie die Migra­ti­ons­welle erst richtig ausge­löst, mit all ihren Folgen für den sozialen Zusam­men­halt und den damit verbun­denen kultu­rellen Spreng­stoff. Nach allem, was man von Armin Laschet gehört hat, könnte er für eine Neuauf­lage der Merkel­schen Politik stehen, viel­leicht wollen die deut­schen Wähler trotz aller Nega­tiv­pro­gnosen für Laschet genau das. Der Rest wird zur AfD flüchten oder erst gar nicht wählen. Viele offene Fragen also und keine güns­tige Ausgangs­lage für den Nach­folger Angela Merkels.

Zur Autorin:
Ursula Stenzel war von 1972 bis 1995 ORF Auslands­re­dak­teurin, vielen Zuschauern der Zeit im Bild als Mode­ra­torin bekannt, von 1996 bis 2005 Abge­ord­nete zum Euro­pa­par­la­ment und Leiterin der ÖVP Dele­ga­tion, von 2005 bis 2015 Bezirks­vor­ste­herin des ersten Bezirks in Wien, von 2015 bis 2020 Stadt­rätin für die FPÖ im Wiener Rathaus. Da sie nun unab­hängig und partei­unge­bunden schreiben will, ist sie aus der Frei­heit­li­chen Partei ausge­treten, der sie aber nach wie vor nahe steht. Stenzel schreibt regel­mäßig auf ihren Blog ursula-stenzel.at.


4 Kommentare

  1. Merkel ist nur eine Sprech­puppe der Hoch­fi­nanz, genau wie alle anderen. Besser als bei der Maske­rade kann man die Gleich­schal­tung der 190 Regie­rungen nicht zeigen.

  2. LEBE BESTAENDIG UND KEIN UNGLUECK EWIG
    18.09.Sept. Herbstm. 2021
    o 3821 n. St
    Sehr geeh­rete Herren und Damen,

    Seher inter­es­sant, was habt ihr sonst noch an Blöd­sinn auf kosten des Steu­er­zah­lers vereinbart!?

    Mit artgläu­bigen Schützengruß
    Jens Peter Riesner
    Mt.d.,R.
    Pro Gloria Et Patria
    Bran­den­burg Preußen

  3. Ich sehe Merkel ganz anders. Merkel ist der macht­hung­rige Ich-Mensch, der sehr wohl die anderen EU-Staaten entmach­tete und die dann nach ihrer Pfeife tanzen mussten, falls sie sich das gefallen ließen. Ungarn und Polen sind deshalb die Buhmänner der EU, weil sie nicht gewillt waren, nach Merkels Pfeife zu tanzen. Sie hat uns in die Geld­knecht­schaft mit dem Sultan am Bosporus getrieben. Sie hat die EU Schul­den­ge­mein­schaft verbro­chen, wo unser Geld an die Schul­den­länder verteilt wird. Sie ist dieje­nige, die UNSER Geld in alle Welt verteilt hat, als ob es kein Morgen gäbe. Viel­leicht gibt es den auch auf lange Zeit nicht mehr. Sie ist die hinter­häl­tige Raute, die alles hinter den Rücken anderer macht, um nach vorn die Mutter der Nation spielen zu können. Sie ist dieje­nige, die nach der Pfeife derer tanzt, wie Schwab oder Gates oder anderer Multi­mil­li­ar­därs­spröß­linge, die vor lauter Blöd­heit nicht mehr wissen, was sie tun sollen, weil über­sät­tigt, aber macht­geil, die nun beschlossen haben, dass sie allein dieje­nigen sein dürfen, die bestimmen, wie die Welt zu sein hat.

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  4. Merkel ist die ausge­suchte Erfül­lungs­ge­hilfin der Davos-Mafia um Schwab. Sie war als Reise­kader bereits 86/87 in den USA bei den Denk­fa­briken der einschlä­gigen Stif­tungen. Bereits 1993 machte sie die Schu­lung zum Vorläufer „Global Young Leader“, wie auch Kurz, Özdemir, ‚Kubiki und die unsäg­liche Bärbock.
    Alles Verfechter der Neuen Welt­ord­nung, bei der sie glauben, zu den Erwählten zu gehören. Wer diese tatsäch­lich sind, hat Frau Barbara Lerner-Spectre mit ihrem Peidea-Institut schon mehr­fach öffent­lich bekundet.

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