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Chinas erster Flugzeugträger Liaoning zum Einsatz bereit Quelle: https://www.flickr.com/photos/rhk111/42032620622 Attribute: eng.chinamil.com.cn / Photo by Zhang Lei CC0 1.0 Universal (CC0 1.0) Public Domain Dedication

Von YURI TAVROVSKY | Der Prozess der Scheidung zwischen USA und China, welcher sich schon über drei Jahre hinzieht, hat die Phase erreicht, in der dann das Familien-Porzellan in die Brüche geht: “Bereiten Sie sich gezielt auf den schlimmsten Fall vor, intensivieren Sie die militärische Ausbildung und Kampftraining, werden Sie mit den schwierigsten Situationen schnell und effizient fertig und vor allem schützen Sie die Souveränität, Sicherheit und Interessen des Staates”. So lautete der Befehl, den Xi Jinping den chinesischen Streitkräften als deren Oberbefehlshaber am 26. Mai dieses Jahres erteilte.

Xi Jinping trat bei dieser Gelegenheit in Uniform ohne jedes Abzeichen, doch in dreifacher Funktion auf: Als Vorsitzender der Volksrepublik China und Präsident, Generalsekretär des Zentralkomitees der KP Chinas sowie Vorsitzender der obersten Militärkommission und Oberbefehlshaber. Sein Befehl erging an die versammelte Militärelite des Landes – an die Delegation der Volksbefreiungsarmee (PLA) und Volkspolizei Chinas – im Rahmen des 13. Allchinesischen Volkskongresses (NPC). Einen würdigeren Rahmen für jenen Anlass hätte man kaum finden können.

Auf der jährlichen Volksversammlung wurde eine weitere wichtige Entscheidung getroffen: Die Ankündigung des Hong Kong National Security Act in Antwort auf die Unruhen in Hongkong, welche am 1. Juli des Vorjahres in der Sonderverwaltungszone (SAR) ihren Anfang nahmen, doch schon bald in unkontrollierte Gewaltakte umschlugen: Es gab Anschläge auf U-Bahnlinien und Eisenbahnen sowie eine Blockade des internationalen Flughafens in Hongkong, der als logistisches Drehkreuz Ostasiens wichtige Dienste erfüllt.

Der Geschäftsbetrieb der Achtmillionen-Stadt wurde gehörig außer Tritt gebracht: Randalierer in schwarzen T-Shirts besetzten die Gebäude des örtlichen Parlaments und Universitätsgeländes. Sie verursachten auch einen Stillstand der Hongkonger Börse. Selbst innerchinesische Touristen, die nicht den kantonesischen Dialekt sprachen, konnten leicht Opfer von Übergriffen werden. Man zertrat oder verbrannte die Nationalflagge der Volksrepublik China oder schwenkte Transparente in offener Sympathiebezeugung für die USA oder Großbritannien, welches Hongkong als Kronkolonie aufgrund der Opiumkriege noch bis ins Jahr 1997 besetzt gehalten hatte.

Dessen ungeachtet versuchte Peking an einer operativen Toleranz festzuhalten: Teile der bewaffneten Polizei Hongkongs wurden an die Verwaltungsgrenze der Provinz Kanton zurückgezogen. Die in Hongkong stationierte Garnison der PLA – der Volksbefreiungsarmee Chinas – wurde lediglich in Alarmbereitschaft versetzt. Solche Maßnahmen waren nie mehr als ein ‘Muskelspiel’. Zugleich trat die Polizei Hongkongs nur zahnlos auf: Sie ließ es zu, sich von jugendlichen Angreifern Schutzschilde oder Schlagstöcke entreißen oder mit Molotow-Cocktails bewerfen zu lassen.

Das Fehlen eines Rechtsrahmens für geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung mag einer der Gründe jener operativen Toleranz gewesen sein. Die Annahme eines lokalen Sicherheits-Schutz-Gesetzes (Security Protection Act) war zwar ursprünglich im chinesisch-englischen Abkommen zur Rückgabe von Hongkong im Jahr 1984 schon vorgesehen, doch  nachfolgend nicht umgesetzt worden. Dies wurde von den Anwälten Pekings nun nachgeholt.

Ein anderer Grund für Pekings Langmut war auch der Wunsch, den Buchstaben und dem Sinn der einst von Deng Xiaoping geprägten Formel – Ein Land, Zwei Systeme – gerecht zu werden. Man wollte den Sonderstatus von Hongkong gemäß dem bestehenden englischen Recht nicht in Frage stellen und auch die Unabhängigkeit des Finanzsektors als internationales Zentrum für Devisen- und Börsenverkehr gewährleisten. Ebenso behielt man mögliche Rückwirkungen auf Taiwan im Auge: Letzteren hatte man eine Zwei-Systeme-Lösung zur friedlichen Wiedervereinigung samt Sonderstatus ähnlich dem von Hongkong und Macau, zuvor schon angeboten. Noch besteht die Hoffnung auf eine gewaltfreie Lösung, doch die Chancen dafür scheinen zu sinken.

Washington zog es vor, Pekings Geduld als Schwäche auszulegen und den Druck weiter zu erhöhen. Pünktlich zum Vorabend der Eröffnung des Nationalen Volkskongresses Chinas am 19. Mai gratulierte US-Außenminister Mike Pompeo der taiwanesischen Regierungschefin Cai Yinwen, anlässlich ihrer zweiten Amtsübernahme und ließ sie als “Frau Präsidentin” titulieren. Als ‘Geschenk’ boten die Vereinigten Staaten Taiwan 18 schwere MK-48 Mod 6 Torpedos für USD 180 Mio. an. Sie stellen gleichsam die Rosinen auf dem Kuchen eines Rüstungsgeschäftes aus dem Vorjahr dar, welches Panzer, Boden-Boden Raketen sowie modernisierte F-16-Kampfflugzeuge über insgesamt 10,2 Milliarden US-Dollar umfasste.

Doch Peking droht der Geduldsfaden zu reißen, sollte Washington fortfahren, ‘Unterstützung für Separatismus‘ zu leisten bzw. rote Linien weiter zu überschreiten: Im Jahr 2005 hatte die Volksrepublik China das Gesetz gegen Separatismus verabschiedet, welches den Einsatz aller militärischen Mittel gestattet, um gegen separatistische Kräfte bzw. die Loslösung von Teilen des Landes vorzugehen. Noch zögert China jenes Gesetz anzuwenden, doch sind seine Warnsignale unüberhörbar.

Der Hong Kong National Security Act ist ein solches Signal. Das Fehlen des Wortes “friedlich” in der offiziellen Verlautbarung von Premierminister Li Keqiang in Bezug auf die Wiedervereinigung mit Taiwan ist es ebenso. Ein Video, welches den simulierten Angriff der chinesischen Luftwaffe und Marine auf Taiwan zeigt und von einer chinesischen Militärzeitschrift exakt am 19. Mai, dem Tag der Inaugurierung von Cai Yinwen in Taiwan, veröffentlicht wurde,  stellt eine weitere Warnung dar. Martialische Töne aus Teilen der Öffentlichkeit, wie auch die nachstehenden Zitate aus der Zeitung Global Times, der ein Nahverhältnis zu den chinesischen Streitkräften nachgesagt wird, zielen in dieselbe Richtung:

„Der Wettlauf der Streitkräfte in der Taiwanstraße bestimmt zuletzt die Entwicklung der Lage. Die Streitkräfte Chinas können das taiwanesische Militär überwinden und die amerikanischen Kräfte abwehren. China wird stärker und unsere Fähigkeit, die Souveränität Taiwans durchzusetzen, wächst ohne Frage. Jetzt spielen die Vereinigten Staaten und Taiwan kleine und billige Streiche. Sie sind naiv: Wir werden ihnen an Stellen Probleme bereiten, woran  sie noch nie gedacht hatten.”

Die Warnungen häufen sich und werden lauter und die wichtigste kam vom obersten militärischen Oberbefehlshaber Xi Jinping persönlich. Seine Sätze sind klar und deutlich. Sie klingen nicht wie Sätze von Trump über Twitter und sind es wert noch einmal wiederholt zu werden: “Bereiten Sie sich gezielt auf den schlimmsten Fall vor, intensivieren Sie die militärische Ausbildung und Kampftraining, werden Sie mit den schwierigsten Situationen schnell und effizient fertig und vor allem schützen Sie die Souveränität, Sicherheit und Interessen des Staates”.

Die möglichen Auswirkungen dieses Befehls lassen unterschiedliche Interpretation zu und werden Analysten und politische Beobachter noch weiter beschäftigen: Was bedeutet der Begriff ‘schlimmster Fall‘ – eine lokale oder eine globale Krise? Was bedeutet ‘mit schwierigsten Situationen fertig zu werden‘? Werden in absehbarer Zeit neue ‘schwarze Schwäne‘ auftauchen? Aus welcher internationalen oder nationalen Entwicklung könnten sie entspringen? Von wem sollte ‘die Souveränität, Sicherheit und Interessen des Staates’ entschlossen verteidigt werden?

Die Antworten auf diese Fragen sollten bald klarer werden. Zugleich scheint das Ausmaß der Wirtschaftssanktionen ein neue Qualität der Eskalation zu erreichen: Es erinnert an einen Wirtschaftskrieg verstärkt durch antichinesische Rhetorik in Folge der Corona-Krise und eine Reihe anderer schmutziger Tricks, die auf Schwachpunkte von Hongkong, Taiwan oder Xinjiang zielen. Der point of no return – der Punkt ohne Umkehr – in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen scheint erreicht. Kein Vermittler wird beide Seiten mehr bewegen können, wieder zu einer beidseitig vorteilhaften Zusammenarbeit zurückzufinden, wie nach dem Jahr 1972, als Peking und Washington, wenn auch auf Kosten von Moskau, zueinander fanden. ‘Die Freundschaft ist beendet und das Kind wurde mit dem Bad ausgeschüttet’ – so würde der Volksmund dagegen die Situation heute beschreiben.

Ein Bild aus besseren Tagen: Das historische Treffen zwischen Mao und Nixon am 29.2.1972 / Quelle: Richard Nixon Presidential Library and Museum / Public domain

Selbst der erfahrenste aller Diplomaten, Henry Kissinger, der vor fast einem halben Jahrhundert mit einer Kerze in der Hand eine Vernunftsehe schloss, auf die sich kaiserliche Eunuchen stets verlassen konnten, hofft bestenfalls nur noch auf eine ‘zivilisierte Scheidung’. Im Gespräch mit dem Nationalen Komitee für amerikanisch-chinesische Beziehungen in New York sagte er: „Jetzt scheint es nicht mehr möglich, dass eine Seite die andere dominieren kann. Sie haben sich mit der Tatsache ihrer Rivalität abzufinden. Für den Fall, dass die Widersprüche nicht friedlich gelöst werden können, werden die Folgen schlimmer sein als die Weltkriege, welche die Kultur Europas zerstörten. Staatslenker auf beiden Seiten müssen verstehen, dass die Zukunft der Welt von ihren Fähigkeiten abhängen wird, die richtigen Lösungen zu finden und unvermeidbare Schwierigkeiten zu überwinden.

So verkündete Xi Jinping seine Botschaft laut und deutlich. Wird Donald Trump ihm antworten: “Ich habe sie gehört?”

Zum Autor:
Yuri Vadimovich Tavrovsky, Professor und Orientalist, Vorstand des Expertenzentrums für Chinesisch-Russische Angelegenheiten

Übersetzung aus dem Russischen: Continental Council / Friedrich P. Ost

Von Redaktion

3 Gedanken zu „USA gegen China: Reißt die Geduld?“
  1. China ist kein Land das dem Rest der Welt auf Augenhöhe begegnet. Im Gegenteil Chinesische Grossmacht Träume machen unmissverständlich klar womit die Welt zu rechnen hat so sie denn gegen China agiert. Der Drache hat nach 150 jähriger Demütigung, nicht zuletzt auch westlicher Staaten, mit der Kommunistischen Parteiführung großen Nachholbedarf was den Anspruch Weltranglisten Führer dh die Nr. 1 zu werden untermauert. Diesem Ziel sind sämtliche Reserven und Ressourcen untergeordnet Wirtschaftlich wie Militärisch. Es grassiert eine maßlose Selbstüberschätzung solche Ziele zeitnah umzusetzen wird aber der Bevölkerung mit allen Mitteln suggeriert. Die USA, Australien, Neu Seeland und Indien sind längst in ein Bündnis eingebunden sollte China es wagen den Pazifischen Raum zu dominieren. Außerdem stehen da noch Süd Korea und Japan Gewehr bei Fuß. Auch Malaysia und Taiwan könnten sich hier anschließen. Das macht gleichsam deutlich mit welch einer Wucht an Gegenwehr die Chinesen zu rechnen hätten, beliebt sind sie sowieso nicht in der Region. Das die Russen sich an die Seite der Chinesen stellen wenn diese einen Angriffskrieg gegen ihre Nachbarn los treten ist mehr als fraglich. Somit hat das Säbelrasseln der Chinesen nur Symbol Charakter und das noch auf lange Zeit. Beide Seiten werden zu verhindern wissen das eine Seite stärker wird wie die andere dh die Rüstungsspirale im Pazifik wird an Fahrt zulegen. Die Hegemonial Politik der Chinesen ist auf lange Sicht ausgelegt. Das zu verhindern hat der Rest der Welt Möglichkeiten den rasanten Wirtschaftlichen Aufstieg, Grundlage eines militärischen Erfolgs, Chinas zu begrenzen. Restriktive Finanz und Wirtschaftspolitik, eine Null Toleranz bei Technik und Patentverletzung, sowie die Untersagung einseitige Übernahme westlicher Firmen, was im Grunde nur der Überführung westlichen geistigen Eigentums bedeutet. Das so freundlich lächelnde China hat mit Freundlichkeit nichts am Hut.

  2. Scheint, dass wir Menschen werden nie lernen miteinander friedlich auszukommen. Wir werden uns vernichten und nicht ersten Mal. Na ja, dann macht nur so weiter. Gewiner diesmal wird nicht geben.

  3. Haaaallllt……..

    das ist ein Artikel der die Gefahren richtig beschreibt, aber er vergisst zu erwähnen, dass es die Chinesen sind die eine ungeheuer ruchlose Verbrecherbande …..ihre Regierung nennen.

    Diese ruchlosen Verbrecher haben uns in 40 Jahren tausende Patente gestohlen und uns als blosse Absatzmärkte missbraucht, ohne je ein Partner von uns sein zu wollen.

    Ja wir mussten unsere Produkte mit Zöllen nach China verkaufen, während wir ihnen solche erlassen haben. Und das taten gerade auch die USA lange Jahre.

    Trump will das China ein Partner der Welt wird, die USA nicht nur der Absatzmarkt Chinesischer Billigaware ist, sondern seinen Markt genauso öffnet, wie wir ihn für China geöffnet haben.

    China Regime ist derart Skrupellos, das niemand der mit ihm Geschäfte macht, noch auf die Schweiz zeigen darf, weil wir …..von den Achsenmächten umschlossen, im Krieg mit Nazideutschland Geschäfte machten.
    Wer da mit dem Finger auf uns zeigen möchte, sollte sich erst den Fall China vor Augen führen.

    Seit Mitte der 90-igerjahre gab es aus China Nachrichten die besagten das Gunter von Hagens die Leichen der zum Tode verurteilten aufkaufte, um daraus Plastinate zu machen.
    Je nach Verwendung wurden die in die Brust oder den Hinterkopf geschossen,
    später dann mittels Injektion hingerichtet….. praktisch oder ?

    Dann um 2000 waren es Chinesische Ärzte die uns warnten, das China reigenweise Falung-Gong Anhänger zwecks Organverkauf schlachtete.
    Es gibt nur ein Land auf der Erde in dem man auf Termin zu einer Organtransplantation anreisen kann….. China.

    Wie kann man ein Organ auf Termin organisieren, wie stirbt es sich auf Termin ?

    Hard to Believe – preisgekrönte Doku online frei verfügbar während Corona-Lockdown.
    https://www.epochtimes.de/china/china-politik/hard-to-believe-preisgekroente-doku-online-frei-verfuegbar-waehrend-corona-lockdown-a3246106.html

    Das geht nur wenn man zehntausende gefangene testet und weiss wenn man schlachten muss um das passende Organ zu bekommen.

    Ich habe eine Chinesin in der Familie, meine Illusionen über China sind sehr begrenzt.

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