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Büste von István Széchenyi in Kápolnásnyék, enthüllt aus Anlass des 225. Geburtstages des großen ungarischen Staatsmannes - Foto: MTI / Boglárka Bodnár

Heute vor 225 Jahren wurde Stephan Graf Széchenyi (ung. Gróf Széchenyi István) am 21. September 1791 in Wien geboren.

Sein Geburtshaus ist das Haus Nr. 5 in der Herrengasse in der Wiener Innenstadt, das ehemalige Palais Wilczek. Hier befindet sich eine im Jahre 1966 von den “Auslands-Ungarn” (a külföldi magyarok) gewidmete zweisprachige Gedenktafel:

Hier wurde am 21. September 1791
der große Staatsmann und Erneuerer Ungarns
Stephan Graf Széchényi
geboren.

Itt született 1791 szeptember hó 21.én
gróf Széchenyi István
a legnagyobb magyar.

Die deutsche Text weicht allerdings vom ungarischen Text ab. Im deutschen Text fehlt nämlich das Wichtigste: die genaue Wiedergabe des Ausdruckes “a legnagyobb
magyar”, was bedeutet: “Der größte Ungar”.

Unter diesem Ehrentitel ist Graf Széchenyi heute jedem ungarischen Schulkind bekannt. Große Politiker und Staatsmänner, auch “Erneuerer” (wie es im deutschen Text steht) gab es viele, doch den Titel “der größte Ungar” wurde Széchenyi von seinem schärfsten innenpolitischen Gegner, Kossuth Lajos, verliehen.

Der junge Széchenyi führte das recht angenehme Leben eines unga­rischen Aristokraten. Er war mal in Wien, mal in Paris oder in London, sprach auch die Sprachen dieser Städte – seine ungarischen Sprachkenntnisse wa­ren hingegen anfangs eher mäßig.

Aus diesem kosmopolitischen Mann wurde alsbald ein ungarisch-patriotischer Reformer, der die zurückgebliebene ungarische Wirtschaft auf das westeuropäische Niveau hieven wollte.

1830 erschien sein richtungweisendes Buch “Hitel” (Kredit). Auch die Gründung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, der Bau der allen Budapest-Touristen wohlbekannten Kettenbrücke, Donauregulierungsarbeiten und die För­derung der Donau-Dampfschiffahrt sind seine Verdienste. Seine Hauptsorge war und blieb die wirtschaftliche Entwicklung Ungarns und der Seehandel (“Auf das Meer, Ungar!”). Sein berühmtester Aus­spruch: “Ungarn war nicht; es wird sein!”

Bereits 1831 dachte er an die Vereinigung der zwei Städte Buda und Pest: “Man müsste den Namen in Budapest umwandeln! Welch’ Gewinn brächte diese Ver­einigung, was für eine blühende Hauptstadt könnte Ungarn bald haben!” – 18 Jahre später, 1849, wurde die Vereinigung beschlossen, 1873 ver­wirklicht.

Auch als Reformer war Széchenyi jedoch stets ein absolut treuer, loyaler Untertan seines Kö­nigs. Revolutionäre Pläne lagen ihm fern, an ein unabhängiges Un­garn ohne den habsburgischen Thron dachte er nie.

Sein um elf Jahre jüngerer Politikerkollege, Kossuth Lajos (Ludwig), dachte hier ganz anders. Aus politischen Gründen eingekerkert, 1840 enthaftet, hielt er eine Rede: “Wir lernten die Finsternis hassen … bei jenem Man­ne, dessen Größe in den Annalen der ungarischen Nation von kei­nem übertroffen wird und dessen Namen, den Namen István Széchenyi, jeder Ungar nur mit frommem Danke und ergebener Be­geisterung aussprechen wird, solange es Ungarn gibt.” – Dazu die vielleicht überraschenden Tagebucheintragungen des mit diesen Worten Gelobten: “Kossuth nannte mich den größten Ungarn. Warum hebt er mich in solche Höhen, wo ich mich gar nicht halten kann?”

War es nur eine Finte Kossuths, seinen Gegner zu einer historischen Gestalt zu machen und aus der aktuellen Tagespolitik zu entfernen? War es der pathetische Stil des vorigen Jahrhunderts? Auf jeden Fall “ernannte” der radikale, revolutionär gesinnte, kleinadelige Volkstri­bun den antirevolutionären, königstreuen, steinreichen aristokrati­schen Reformer zum Größten des gemeinsamen Vaterlandes.

Einige Jahre später, nämlich im Revolutionsjahr 1848, saßen sie in derselben Regierung – in der von König Ferdinand V. ernannten ersten Regierung Ungarns: Finanzminister Kossuth und Verkehrsminister Széchenyi.

Und der einst immer optimistische Reformer, der treue Diener seines Königs bekommt plötzlich Angst und macht sich Selbstvorwürfe, durch seine Reformen zur Revoluti­on, zum Blutvergießen, zur Gefährdung des Thrones beigetragen zu haben. Die Hochgefühle, die ersten Begeisterungsstürme, Freuden­taumel des März sind vorbei, nur einige Monate später klingt der einstige Optimist recht pessimistisch: “Blut, überall Blut; der Bruder wird den Bruder, der Volksstamm den Volksstamm hinschlachten. Am Gewölbe des Himmels zieht sich mit flammenden Buchstaben der Name Kossuth hin – flagelium Dei!” Und dazu Selbst­anklagen, da er “das Vaterland nicht retten” konnte.

Zitate entnommen dem Buch “Ungarisches Wien” von Johann Szegö (Wien, 1988).

Eine weitere bekannte Statue von Stephan Graf Széchenyi steht auf dem nach ihm benannten Platz der Stadt Ödenburg (Sopron), deren erster Ehrenbürger er zugleich ist. Die Statue ist ein Werk von Lajos Mátrai aus dem Jahr 1895 und wurde am 23. Mai 1897 enthüllt. - Bildquelle: http://turizmus.sopron.hu/de/info/sehenswertes/statuen/statue-von-istvan-szechenyi.html
Eine weitere bekannte Statue von Stephan Graf Széchenyi steht auf dem nach ihm benannten Platz der Stadt Ödenburg (Sopron), deren erster Ehrenbürger er zugleich ist. Die Statue ist ein Werk von Lajos Mátrai aus dem Jahr 1895 und wurde am 23. Mai 1897 enthüllt. – Bildquelle: http://turizmus.sopron.hu/de/info/sehenswertes/statuen/statue-von-istvan-szechenyi.html

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