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Bei den letzten Semriacher Gesprächen am 7. Oktober 2023 hielt Dr.Wan Jie Chen
einen Vortrag über Chancen und Herausforderungen für österreichische Unternehmen in China.

 

Dr.Wan Jie Chen, B.A., Akad. Expkfm, ist Mitbegründer und Direktor des Konfuzius-Institutes an
der Uni Graz, Präsident des Europ.China Business Club, Präsident der Global Young Leader Union uvm. Der geprüfter Unternehmensberater mit
langjähriger Erfahrung für KMUs, international tätige Konzerne sowie Non-Profit-Organisationen hat in den letzten 37 Jahren hat er für
Universitäten, Forschungsinstitutionen und Unternehmen zahlreiche Beziehungen zwischen China und
Österreich eingefädelt. 2014 hat er das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark erhalten und 2018 gemeinsam mit
seiner Frau Eva Märzendorfer Chen den Josef Krainer Heimatpreis für Völkerverständigung.

Bevor wir zum Vortrag kommen ein paar Gedankensplitter:

Die Beziehung zwischen den USA und China leidet schon seit vielen Jahren unter dem gegenseitigen
Misstrauen, den gegensätzlichen Wirtschaftssystemen und dem Hunger nach Vorherrschaft am
Weltmarkt. Wir kennen die Folgen des Handelskrieges mit China der daraus entstanden ist. Europa
kann und konnte sich davon abkoppeln. Inwieweit der Plan von EU Präsidentin van der Leyen
Strafzölle für subventionierte E-Autos aus China einzuführen sich umsetzen lässt und was dies für die
europäische Autoindustrie und Zulieferindustrie bedeutet ist ungewiss.

Gute  Handelsbeziehungen zwischen China und Österreich

China ist der drittwichtigste Handelspartner Österreichs weltweit und der wichtigste in Asien.
Österreich ist sehr gut aufgestellt in hochtechnologischen Bereichen, insbesondere beim
Maschinen- und Kraftfahrzeugbau, bei Messinstrumenten und Medizintechnik, bei
Umwelttechnologien, Wasser, Infrastruktur- und nachhaltigem Städtebau sowie nachhaltiger
Land- und Forstwirtschaft, um nur einige zu nennen. Derzeit sind rund 950 österr. Unternehmen
mit tausenden von Mitarbeitern in Festlandchina und Hongkong vertreten, davon rund ein Viertel
mit Produktionsstätten.
In Peking-Zhangjiakou wurden 2022 die Olympischen Winterspiele ausgerichtet. Österreich und
China arbeiten seit Jahren eng im Wintersportsektor zusammen, der beträchtliche Chancen für
österreichische Firmen bietet.

Auszüge aus dem Vortrag Dr. Wan Jie Chen

China erlebt unter dem Staatspräsidenten Xi Jingping eine Öffnungspolitik, Wendung zur marktwirtschaftlichen Prägung.
Natürlich stellen Umweltprobleme, Jugendarbeitslosigkeit und ein langsameres Wirtschaftswachstum neue Herausforderungen
80% der chinesischen Unternehmen sind mittlerweile privat.

Die Wirtschaft konzentriert sich jetzt auf „made by China“ und nicht mehr „made in China“. Steuerbegünstigung und Investitionsförderungen schaffen sogenannte Wirtschaftsparks (Technologiepark, Innovationspark, Grünerpark.) Auch die sogenannte negative Liste, die alle Sparten umfasst in die Ausländer nicht investieren können, wir jetzt total geöffnet. Man braucht teilweise keine chinesischen Partner mehr. Chinas GDP wird USA vom ersten Platz verdrängen (2023/2024). Billigproduktion wird von Nachbarländern (Bangladesch, Afghanistan) erledigt, Wertschöpfung wird
erhöht. Innovation, Forschung und Entwicklung, E-Mobilität ist gewachsen. 95% aller in Europa tätigen Unternehme aus dem Sektor PV (Photovoltaik) beziehen Waren aus China. Nach sehr starken Wirtschaftsjahren hat sich das Wachstum verlangsamt, dh. bei hohem Niveau ist Zuwachs nur mehr langsamer möglich.

Investitionen seitens Chinas nach Europa mit steigende Tendenz

Die Zufriedenheit der Chinesen liegt bei über 90%, die Leistbarkeit der Bevölkerung ist gestiegen. Probleme stellt der Rückgang der Konsumation und die Leerstände der Immobilien dar. Bei einem Wirtschaftswachstum unter 5% gibt es zu wenig Jobs Geburtsraten fallen auch in China rasant, Jugend will keine Kinder. Pflegebedarf wird auch in China stark wachsen.

China ist riesig und Umweltprogramme können nur gering umgesetzt werden. Früher wurde der Energiebedarf zu 100% aus Kohle gedeckt, jetzt sind es 60% Kohle, Atomkraft und Neue Energie Österreichische Firmen sind sehr beliebt, vor allem in Nischenprodukten (Zotter Schokolade)
Für Chinesen ist Österreich wie ein Paradies, sie lieben Österreich (Schönbrunn, Sisi, Sound of Music) Junge Generation hat die gleichen Interessen und Tendenzen wie in EU und USA. Helmut Hofstätter dankt für den interessanten Vortrag, der sehr viele Impulse für unsere
nachfolgende Diskussion geliefert.

Auszüge der Diskussion

Diskussionsleitung Mag. Natascha Giarolli

Zusammenarbeit China mit den BRICS Staaten?
Frage: Die unterschiedlichen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika eint der
Wunsch nach mehr Einfluss. Sie wollen ein Gegengewicht zur wirtschaftlichen Dominanz des Westens
bilden als auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar als globale Leitwährung reduzieren. Dafür habe sie
im Jahr 2014 die New Development Bank eine multilaterale Entwicklungsbank gegründet, welcher
2021 Bangladesch, die Vereinigten Arabischen Emirate, Uruguay und Ägypten beigetreten sind.
BRICS repräsentieren derzeit 41 % der Weltbevölkerung, die G7 10%,
BRICS erwirtschaften 32 % der weltweiten Wirtschaftsleistung die G7 44%
In den kommenden Jahren dürfte sich das Gewicht weiter zugunsten der BRICS-Staaten verschieben.
Um ihr Ziel einer “veränderten globalen Ordnung” zu erreichen, werden am 1.Jänner 2024 sechs
Staaten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, – Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen
Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien – in die umbenannte BRICS PLUS Gruppe aufgenommen.
Ein sehr deutlicher Gegenpol zu den jetzigen Wirtschaftsmächten. Kann die globale
Machtverschiebung gelingen?
Verlieren die arroganten ehemaligen Kolonialherrschaftsstaaten ihre Vormachtstellung, da die Brics
Staaten über die Verteilung der Rohstoffresourcen in Zukunft nicht mehr über den US-Dollar
abrechnen werden, und so bestimmen wer wieviele Rohstoffe bekommen wird?
Brics wollen die ihnen zustehende Anerkennung in der Weltwirtschaft , zur Zeit geht es primär um
wirtschaftliche Belange, oder wird China, die treibende Kraft der Brics plus die Bühne für politischen
Aktivismus gegen die USA nutzen und besonders China sich seinen Platz im Zentrum der Weltordnung
sichern?

Antwort Dr.Chen: Erweiterung verständlich, wird auch erfolgen. China ist immer an einer
wirtschaftlichen Zusammenarbeit interessiert und wird sich nicht in die Politik einmischen. China
sucht die Gemeinsamkeit und akzeptiert den Unterschied.
Wirtschaftliche Vorteile stehen im Vordergrund
Europa ist abhängig von den USA. Erweiterung und Beeinflussung der BRICS Staaten wird grösser,
Markt noch lange nicht gesättigt. Handel, Finanzsektor stehen im Fokus.
Mitsprache Recht im BRICS Bereich wird wahrscheinlich von China dominiert.

Fragen: Ist eine Abkoppelung aus den Verträge nach dem 2. Weltkrieg, die heute noch relevant sind
möglich und kann China hier unterstützend wirken.
China wird sich eher nicht in Innenpolitische Angelegenheiten anderer Länder einmischen.
Kann Mithilfe China ein neuer Kanal zu Russland gefunden werden?

Antwort: Wahrscheinlichkeit besteht, China möchte sicherlich Frieden zwischen Russland und Ukraine
Frage: Rüstungsindustrie ist stark und beeinflusst die amerikanische Politik. Wie steht China zum
Taiwan Konflikt?

Anwort: China sagt: Taiwan ist unsere Provinz. Thema für eine Auseinandersetzung daher unwahrscheinlich, militärische Übungen sind eher Drohgebärden, Krieg ist nicht leistbar. PolitischeDiskussionen aber sehr wohl möglich. Taiwan ist ein Teil China – gleiche Sprache und Mentalität.
Verflechtungen taiwanesischer Unternehmen stark mit China, aber Taiwan ist westlich orientiert, Konflikte bleiben daher bestehen, aber die wirtschaftliche Volksebene ist gut. Das Einkommen in Taiwan ist deutlich höher, auch Hongkong Chinesen verdienen mehr.
Sorge Konflikt USA/China Handelszölle belasten, Budgetausgaben der USA hinsichtlich militärischer Investitionen sind enorm, in
China eher gering. Die ländlichen Gebiete in China sind noch weit zurück. Bevölkerung ca. 50% Bauern (früher sogar
70%) Ausbildungsniveau wird ständig verbessert. China braucht Partner für die Zusammenarbeit, aber: wenn es keine Ruhe in asiatischen Ländern gibt,
wird Europa Probleme bekommen. Durch Öffnung können Chinesen reisen, jetzt gibt es Reisepässe. Auf dem Bildungsweg enorme
Fortschritte, Literatur gab es lange Zeit nur aus Russland – heute schnelle Information durch Internet. Geistige Freiheit heute viel besser. Reiche Chinesen lassen Kinder im Ausland studieren. Bildungsniveau im Westen sinkt – in China in den letzten Jahren enorm geändert.
Zielstrebig, leistungsorientiert, Disziplin Allerdings ist die Geisteswissenschaft in China (alte Kulturen) sehr gering, Technik und Sport
aufsteigend. Geschichtswissenschaft nicht gefragt, zu wenig Jobs.

Frage: Die Immobilienbranche ist eine der wichtigsten Stützen der chinesischen Wirtschaft. Der Immobiliensektor steht für rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Seit rund zwei Jahren steckt diese Branche, die jahrzehntelang stabile Wachstumsraten garantiert hat, in der Krise. Das hat Auswirkungen auf die chinesische Gesamtwirtschaft. Fehlen die Impulse aus dem Immobiliensektor, sinkt in vielen anderen Industriezweigen ebenfalls die Nachfrage. Zusätzlich geht den Lokalregierungen auch noch das Geld aus. 2021 hatten die Schieflagen von China Evergrande und Sunac China weltweit Schlagzeilen gemacht. Und diese Immobilienkrise greift in China auf den Finanzsektor übergreift. Steht uns dann eine Finanzkrise wie 2008 bevor oder kann China selbst gegensteuern?

Antwort: Immobilen sind in China anders geregelt, Grund und Boden gehören dem Volk (Partei), kaufbar ist das Nutzungsrecht. Daher sind die Probleme der großen Immobilienkonzerne in China eher innenpolitisch zu sehen und werden seitens Chinas geregelt werden.

Danke für die Diskussionsleitung Mag. Natasch Giarolli

Von Redaktion

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