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Auf Einladung Chinas befindet sich Waldimir Putin vom 16. bis 17. Mai in China

Vor seinem Staatsbesuch in der Volksrepublik China hat Wladimir Putin der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua ein Interview gewährt, dass am 15.05.2024 veröffentlicht wurde. Wir veröffentlichen das Interview in zwei Teilen – nachstehend finden Sie Teil I:

Putin zu Xinhua: Heute erwecken chinesische Kultur und Kunst auch unter der russischen Öffentlichkeit großes Interesse.

Frage Xinhua: Im März 2023 wählte Präsident Xi Jinping für seinen ersten Auslandsbesuch nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten der Volksrepublik China Russland als Ziel. In diesem Jahr, nach Ihrer Wiederwahl zum Präsidenten der Russischen Föderation, haben Sie Ihrerseits China für Ihren ersten Auslandsbesuch gewählt. Wir haben ermittelt, dass Präsident Xi Jinping und Sie sich in den letzten zehn Jahren mehr als 40 Mal zu verschiedenen bilateralen und multilateralen Anlässen getroffen hatten.

In diesem Jahr wird der 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Russland gefeiert. Wie bewerten Sie Ihre Kontakte mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping? Was erwarten Sie von Ihrem bevorstehenden Besuch in China? Wie lautet Ihre Prognose für die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland und China?

Wladimir Putin: Ich freue mich, vor dem Millionenpublikum von Xinhua, einer der weltweit führenden und vertrauenswürdigsten Nachrichtenagenturen, sprechen und meine Vision der künftigen Partnerschaft zwischen Russland und China darlegen zu können. Ich möchte betonen, dass die Partnerschaft immer auf den Grundsätzen der Gleichheit und des Vertrauens, der gegenseitigen Achtung der Souveränität unter Berücksichtigung der Interessen des anderen beruhten. Eine besondere und herausragende Rolle bei der Entwicklung unserer Beziehungen haben kluge und scharfsinnige Politiker und Staatsführer wie Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik China, gespielt.

Wir trafen uns zum ersten Mal im März 2010 und haben uns seitdem regelmäßig gesehen und angerufen. Präsident Xi pflegt einen respektvollen, freundlichen, offenen und zugleich geschäftsmäßigen Kommunikationsstil. Jedes unserer Treffen ist nicht nur ein Dialog zwischen alten Freunden, was ebenfalls wichtig ist, sondern auch ein fruchtbarer Meinungsaustausch über die aktuellsten Themen der bilateralen und internationalen Agenda.

Ich erinnere mich gerne an den Staatsbesuch von Präsident Xi Jinping, unmittelbar nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten der VR China, in Russland im März 2023, zurück. Wie schon 2013 war unser Land das erste, das er als chinesisches Staatsoberhaupt besuchte. Wir hatten ein mehr als fünfstündiges persönliches Gespräch, gefolgt am nächsten Tag von einem umfangreichen und substanziellen offiziellen Programm.

Diese beispiellose strategische Partnerschaft zwischen unseren Ländern war ausschlaggebend für mich, China als ersten Staat nach meiner offiziellen Amtseinführung als Präsident der Russischen Föderation meinen Besuch abzustatten.

Ich habe bei vielen Gelegenheiten betont, dass unsere Völker durch eine lange und starke Tradition der Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden sind. Dies ist eine der wichtigsten Säulen der bilateralen Beziehungen. Während des Zweiten Weltkriegs haben sich sowjetische und chinesische Soldaten gemeinsam gegen den japanischen Militarismus gestellt. Wir erinnern uns und schätzen den Beitrag des chinesischen Volkes zum gemeinsamen Sieg. Es war China, das große Kräfte der japanischen Militaristen aufhielt und es der Sowjetunion ermöglichte, sich auf den Sieg über den Nazismus in Europa zu konzentrieren. Auch sind wir unseren chinesischen Freunden dankbar für ihren sorgsamen Umgang mit Kriegsdenkmälern zur Erinnerung an Sowjetbürger, die für die Befreiung Chinas gekämpft, den revolutionären Kampf des chinesischen Volkes und seinen gerechten Kampf gegen die Invasoren, unterstützt haben. Heute haben die russisch-chinesischen Beziehungen den bisher höchsten Stand erreicht und werden trotz der schwierigen globalen Lage weiter vertieft.

Dieses Jahr ist für unsere Länder ein besonderes Jahr: Der 1. Oktober markiert den 75. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China. Das Land nähert sich diesem bedeutenden historischen Datum mit herausragenden Leistungen, die wir als alte, zuverlässige und bewährte Freunde begrüßen.

Die UdSSR hat als erste die VR China am zweiten Tag ihres Bestehens anerkannt. So werden wir Anfang Oktober auch den 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen feiern.

In diesem Dreivierteljahrhundert haben unsere Länder einen langen und bisweilen schwierigen Weg zurückgelegt. Wir haben gute Lehren aus der Geschichte unserer Beziehungen in verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung gezogen: Heute wissen wir, dass die Synergie sich ergänzender Stärken einen starken Anstoß für die rasche und umfassende Weiterentwicklung liefert.

Es ist wichtig, dass die Beziehungen zwischen Russland und China in ihrer heutigen Form frei von ideologischen oder politischen Einflüssen sind. Ihre multidimensionale Entwicklung ist eine bewusste strategische Entscheidung, die auf weitgehender Übereinstimmung der wichtigsten nationalen Interessen, tiefem gegenseitigen Vertrauen, starker öffentlicher Unterstützung und aufrichtiger Freundschaft zwischen den Völkern beider Länder beruht. Ich spreche von unseren gemeinsamen Anstrengungen zur Stärkung der Souveränität, zum Schutz territorialer Integrität und Sicherheit unserer Länder. Im erweiterten Sinne arbeiten wir daran, zur Entwicklung und zum Wohlstand Russlands und Chinas beizutragen, indem wir eine gleichberechtigte, für beide Seiten vorteilhafte wirtschaftliche und humanitäre Zusammenarbeit fördern und die außenpolitische Koordinierung im Interesse des Aufbaus einer gerechten multipolaren Weltordnung weiterentwickeln. All dies ist der Schlüssel für den künftigen Erfolg unserer umfassenden strategischen Partnerschaft in der neuen Ära.

Frage Xinhua: Inzwischen entwickelt sich die praktische Handels- und Wirtschaftskooperation zwischen China und Russland ständig weiter. Im vergangenen Jahr wurde das Ziel eines Handelsumsatzes von 200 Milliarden US-Dollar, das Sie gemeinsam mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping festgelegt hatten, schon vorzeitig übertroffen. Was sind Ihrer Meinung nach die neuen Besonderheiten und Wachstumsaspekte der praktischen Handels- und Wirtschaftskooperation zwischen China und Russland? In welchen Bereichen wird die chinesisch-russische Handels- und Wirtschaftskooperation in Zukunft wahrscheinlich noch größere Durchbrüche erzielen?

Wladimir Putin: Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen unseren Ländern entwickeln sich rasant und zeigen eine hohe Resistenz gegenüber externen Herausforderungen und Krisen. In den letzten fünf Jahren konnten wir den russisch-chinesischen Umsatz verdoppeln: Wir erreichten im vergangenen Jahr 227,8 Milliarden US-Dollar gegenüber 111 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019. Mehr als 90 % der Zahlungen zwischen unseren Unternehmen werden in den Landeswährungen abgewickelt. Es wäre also angemessener davon zu sprechen, dass der bilaterale Handel derzeit etwa 20 Billionen Rubel, also fast 1,6 Billionen Yuan, beträgt. China ist seit 13 Jahren unser wichtigster Geschäftspartner und im Jahr 2023 wird Russland unter den wichtigsten Handelspartnern der VR China den vierten Platz belegen.

Unsere Länder haben schon vor langer Zeit die bewusste Wahl für gleichberechtigte und für beide Seiten vorteilhafte Wirtschaftsbeziehungen getroffen. Wir entwickeln systematisch und konsequent eine strategische Zusammenarbeit im Energiesektor und arbeiten an neuen großen Energieprojekten. Lieferungen russischer Agrarprodukte auf den chinesischen Markt zeigen eine positive Dynamik. Investitions- und Produktionsinitiativen werden umgesetzt und Transport- und Logistikkorridore zwischen unseren Ländern funktionieren reibungslos und werden ausgebaut. Angesichts der globalen Turbulenzen und wirtschaftlichen Probleme im Westen beweisen diese Ergebnisse einmal mehr die strategische Weisheit unseres souveränen Kurses in Verfolgung unserer nationalen Interessen.

Was unsere Pläne betrifft, so werden wir versuchen, eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Industrie und Hochtechnologie, Weltraum und friedliche Atomenergie, künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien und anderen innovativen Sektoren zu erzielen. Wir werden weiter daran arbeiten, günstige rechtliche und organisatorische Bedingungen zu schaffen und die Verkehrs- und Finanzinfrastruktur auszubauen. Ich glaube, dass sich den russisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen große Perspektiven eröffnen.

Frage Xinhua: Die Freundschaft zwischen China und Russland besteht seit Generationen und die Kulturen der beiden Länder sind eng miteinander verflochten. In diesem und im nächsten Jahr finden gemäß den Vereinbarungen zwischen Ihnen und Präsident Xi Jinping die «Chinesisch-Russischen Kulturjahre» statt. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der kulturelle Austausch bei der Ausweitung der Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen unseren Ländern? Wie sehen Sie persönlich die chinesische Kultur und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Wladimir Putin: Ich habe es schon mehr als einmal gesagt und möchte es wiederholen: Russland und China sind seit Jahrhunderten untrennbar miteinander verbunden, sowohl durch eine ausgedehnte gemeinsame Grenze als auch durch enge kulturelle und zwischenmenschliche Beziehungen. In der fernen Vergangenheit erreichten seltene Nachrichten aus China unser Land nur durch Kaufleute. Später entstanden die ersten Botschaften und in Peking wurde die «Russische Geistliche Mission» eingerichtet, die einen unschätzbaren Beitrag zur Sammlung und Systematisierung des Wissens über China leistete. Im 19. Jahrhundert gab es in Russland erste Studenten der chinesischen Sprache, gefolgt von den ersten Universitätsabteilungen mit ersten Versuchen Wörterbücher zu erstellen.

Während der Herrschaft von Katharina der Großen kam die chinesische Kunst in Mode. So waren beispielsweise die Innenräume des «Chinesischen Zimmers» im Katharinen-Palast der Privatgemächer der Kaiserin, reich mit Lacktafeln aus China geschmückt. Leider wurde die Inneneinrichtung während des Großen Vaterländischen Krieges vollständig zerstört, aber die Restaurierung ist im Gange, an der Spezialisten aus China beteiligt sind.

Heute erwecken chinesische Kultur und Kunst auch unter der russischen Öffentlichkeit großes Interesse. In unserem Land gibt es rund 90.000 Studenten und Schüler, die Chinesisch lernen. Tourneen chinesischer Ensembles und Ausstellungen mit chinesischen Künstlern sind immer ein großer Erfolg. Seit der Aufhebung der Quarantänebeschränkungen hat der Touristenstrom dynamisch zugenommen. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als 730.000 Russen die VR China.

Ich weiß, dass die Menschen in China auch sehr daran interessiert sind, russische Literatur, Kunst und Traditionen kennen zu lernen. Bedeutende unserer Theatergruppen und Musiker treten regelmäßig in China auf, Museen organisieren Ausstellungen und in den Kinos laufen russische Filme. Wir sind sehr daran interessiert, unseren chinesischen Freunden das historische, künstlerische und kulturelle Erbe des multiethnischen Russlands in seiner ganzen Vielfalt näher zu bringen.

Zu diesem Zweck haben der chinesische Staatspräsident Xi Jinping und ich beschlossen, die Jahre 2024 und 2025 zu russisch-chinesischen Kulturjahren zu erklären, um dieses groß angelegte Projekt in Verbindung zu den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen unseren Ländern zu setzen. Wir erwarten ein lebhaftes und reichhaltiges Programm an Aktivitäten. Eine Reihe von Großveranstaltungen hat bereits stattgefunden. So wurden in Moskau zum ersten Mal umfassende Neujahrsfeiern nach dem Mondkalender begangen, während in Peking und Xi’an chinesische Bürger die Gelegenheit erhielten, unsere Tradition zum Fest «Masleniza» beim «Abschied vom russischen Winter» kennenzulernen.

Genau wie China setzt Russland auf die Grundsätze des Multikulturalismus, befürwortet die Gleichheit der Kulturen und die Bewahrung der nationalen Identität. Diese und andere wichtige Themen standen im Mittelpunkt des «Internationalen Kulturforums 2023» in St. Petersburg. Eine repräsentative chinesische Delegation nahm proaktiv an dem Forum teil. Die auf dem Forum geführten offenen Diskussionen sind in dieser Zeit besonders wichtig, da sie zum Aufbau eines respektvollen Dialogs zwischen den Zivilisationen beitragen.

Wir beabsichtigen, neue Formate des [kulturellen] Austausches zu fördern, wie zum Beispiel den « Internationalen Intervision Liederwettbewerb». China ist der wichtigste Partner in diesem Projekt, welches darauf abzielt, nationale Liedschulen zu verbreiten und populär zu machen.

Was meine persönliche Einstellung zur chinesischen Kultur betrifft, so möchte ich betonen, dass ich immer bestrebt bin, Chinas einzigartige und authentische Traditionen, insbesondere bei meinen Besuchen in der VR China, zu entdecken. Ich weiß ziemlich viel über chinesische Kampfkünste, einschließlich «Wushu», das in unserem Land sehr beliebt ist. Ich habe auch Respekt vor der chinesischen Philosophie. Meine Familienmitglieder interessieren sich auch für China und einige von ihnen lernen Chinesisch.

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Teil II folgt

Transkript-Erstellung & Übersetzung: UNSER MITTELEUROPA

Unseren Artikel mit Hintergründen zum China-Besuch mit Agenda finden Sie: Hier

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Von Redaktion

5 Gedanken zu „Interview mit Präsident Putin durch Xinhua News Agency vor Ankunft in China“
  1. Am. Politiker und Wissenschaftler haben genügend gewarnt, Rußland zu den Chinesen zu treiben.
    Trotzdem ist das passiert.
    Die Beiden haben viel mehr Möglichkeit der Zusammenarbeit, als usa und Europa, weil das auf freiwillige und gegenseitig akzeptierte Entwicklung steht, wie in der EU, als Vasallenstaat.
    Europa wird immer 6000 km von Amerika entfernt bleiben und eine Zusammenarbeit kann auch hier nicht auf Zwang oder auf Befehl funktionieren.

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  2. Genau wie China setzt Russland auf die Grundsätze des Multikulturalismus, befürwortet die Gleichheit der Kulturen und die Bewahrung der nationalen Identität.

    Ntionale Identität im Multikulturalismus bewahren? Wie geht sowas, Herr Putin?

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    1. In Ru geht das eher als hier. Die Mültikültis wissen vermutlich genau, dass sie sich solches wie hier nicht erlauben können. Zudem werden die dort mittels Arbeit selbst ihren Unterhalt verdienen müssen und M.ssen von reichhaltigem Kindergöld gibt es dort vermutlich auch nicht.
      Meiner Ansicht nach.

      1. Ishtar
        Das geht am Anfang, dann greifen sie wie die Erhabenen überall nach politischer Macht. Heute sind diese “Unterdrückten” vor 100 Jahren, wie Metternichs Bleichröder oder Wilhelms Ballin in jeder Regierung der Welt und regulieren uns mit ihren kruden Ideen und ihrer Unmoral.

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