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Der Dreifrontenkrieg der atlantischen Falken mit der NATO in Europa, in Fernost und im Nahen Osten scheint inzwischen auch ehemals neutrale Musterstaaten wie die Schweiz in ihren Weltkrieg hineinzuziehen.

Alfred de Zayas erinnert Schweizer Bundesrat:
NATO wurde seit 1991[3] zur „kriminellen Organisation“

Offener Brief an den Schweizer Bundesrat von Alfred de Zayas:

 Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Frau Viola Amherd

Sehr geehrter Herr Bundesrat und Aussenminister, Herr Ignazio Cassis

Der Vorschlag, in Genf ein Verbindungsbüro der Nordatlantikvertrags-Organisation [NATO] einzurichten, wäre ein schlechter Rat. Die Schweiz wurde seit dem Wiener Kongress im Jahr 1815[1] zu einem neutralen Land. Ihr wohlverdienter Ruf als verantwortungsvoller Staat und ehrlicher Makler steht jetzt auf dem Spiel.

Die Idee, dieses Verbindungsbüro im Maison de la Paix – im Haus des Friedens – einzurichten, stellt eine Beleidigung für alle Schweizer Bürger und alle UNO-Beamten, die sich seriös für den Weltfrieden einsetzen [2], dar.

Ein solcher Vorschlag kann nur als Orwell’sches Oxymoron [Widerspruch in sich] bzw. als Parodie auf ein Friedenskonzept angesehen werden. Die Schweizer Bevölkerung hat nie über so eine Annäherung an NATO abgestimmt. Persönlich bin ich als „Neu-Schweizer seit 2017″ beunruhigt: Meine Sorge und die vieler anderer neu Eingebürgerter ist, dass die Schweiz ihren neutralen Status ernsthaft aufs Spiel setzt, wie es bereits beim unklugen „Gipfel für den Frieden in der Ukraine“ [3] am 15. und 16. Juni 2024 auf dem Bürgenstock geschehen ist: Das war kein ernsthafter Versuch einer Friedensverhandlung, um tragfähige Lösungen für reale Probleme zu finden, vielmehr leider nur ein Propagandaspektakel im Namen von NATO und ihrer Vasallen[4]. Es war noch weniger als nutzlos – es war schlicht kontraproduktiv.

Seit der Auflösung des Warschauer Paktes im Jahr 1991[5] kann NATO nicht mehr vorgaukeln, ein legitimes Verteidigungsbündnis darzustellen. Das Bündnis ist zu einer Organisation für Krieg und Kriegstreiberei verkommen. Tatsache ist, dass NATO versucht, die Funktionen der Vereinten Nationen zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu usurpieren, was jedoch gemäß Kapitel VII der UN-Charta unter ausschließliche Domäne der UNO nur fällt.

Als regionale Organisation fällt die NATO nicht unter Artikel 52 der UN-Charta, da sie weit entfernt von den in Artikel 1 und 2 der Charta niedergelegten Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, in einer Weise handelt, die im Widerspruch zu den Zielen der Vereinten Nationen steht.

Seit 1997 ist NATO eine Organisation, die systematisch andere Staaten provoziert und damit eklatant gegen Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta, der nicht nur die „Anwendung von Gewalt“, sondern auch die Androhung von Gewalt verbietet, verstösst.

 Zweifelsohne stellt jede NATO-Erweiterung eine Bedrohung für die Sicherheit anderer Staaten dar. Über die letzten 30 Jahren haben wir mit wachsender Sorge die Implementierung der NATO-Strategie zur Einkreisung anderer Staaten mitansehen müssen. Das stellt eine vorsätzliche Provokation und Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Sinne von Artikel 39 der UN-Charta, dar.

In jüngster Zeit hat die megalomanische [größenwahnsinnige] Idee der NATO, sich auf den asiatisch-pazifischen Raum auszudehnen, die bereits angespannte Lage in dieser Region, verschärft.

In einem sehr realen Sinn hat sich NATO seit 1999 zu einer „kriminellen Organisation“ gemäss Artikel 9 und 10 des Statuts des Nürnberger Militärgerichtshofs (Londoner Abkommen vom 8. August 1945)[6] und des Nürnberger Urteils von 1946 entwickelt. Es gibt solide Berichte und wissenschaftliche Studien, die zuverlässig die traurige Tatsache dokumentieren, dass NATO-Streitkräfte Verbrechen gegen den Frieden (Art. 6a, Nürnberger Statut), Kriegsverbrechen (Art. 6b) und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 6c) begangen haben.

Die NATO hat diese Verbrechen u.a. bisher in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien etc., völlig ungestraft, begangen. Aus diesem Grunde sollte der Internationale Strafgerichtshof gemäß Artikel 5, 6, 7 und 8 des Römischen Statuts Ermittlungen gegen die verantwortlichen Politiker und Militärs von NATO einleiten lassen.

Als ehemaliger hoher Beamter des Amtes des Hochkommissars für Menschenrechte, Sekretär des Menschenrechtsausschusses und Leiter der Petitionsabteilung sowie als ehemaliger unabhängiger Experte des Menschenrechtsrates für die internationale Ordnung bin ich erstaunt, auf welch schlüpfriges Terrain sich die Schweiz mit ihrem „Kuschel-Kurs“ gegenüber NATO eingelassen hat. Dies ist nichts weniger als eine ethische und rechtliche Verirrung.

Sehr geehrte Bundespräsidentin Viola Amherd, bitte setzen Sie sich mit aller Kraft für die Neutralität der Schweiz ein und stellen Sie die Autorität und Glaubwürdigkeit der Schweiz als Friedensvermittlerin wieder her.

Weitere Informationen zu den rechtlichen und historischen Fragen finden Sie in meiner Trilogie über Menschenrechte:

Prof. Dr. iur.et phil. Alfred de Zayas, Genfer Schule für Diplomatie
Mitglied des Beirats des Internationalen Friedensforschungsinstituts Genf

Alfred de Zayas ist Juraprofessor an der Genfer Hochschule für Diplomatie und diente als unabhängiger UNO-Experte für die internationale Ordnung von 2012 bis 2018. Er ist Autor von zwölf Büchern, darunter „Building a Just World Order“ (2021), „Countering Mainstream Narratives“ 2022, und „The Human Rights Industry“ (Clarity Press, 2021).

Literaturhinweise:

 [1] https://www.swissinfo.ch/eng/foreign-affairs/focus-page-foreign-policy_how-neutral-is-switzerland-really/45810276https://www.history.com/news/why-is-switzerland-a-neutral-countr
[2] https://lecourrier.ch/2024/06/20/lotan-nest-pas-la-bienvenue-a-geneve/

[3] https://www.eda.admin.ch/eda/en/home/das_eda/aktuell/dossiers/konferenz-zum-frieden-ukraine.html
[4] https://www.counterpunch.org/2024/06/21/on-the-burgenstock-peace-conference/
https://schweizer-standpunkt.ch/news-detailansicht-en-schweiz/the-burgenstock-summit-can-be-successful-but-only-without-zelensky-and-cassis.html
[5] https://www.nato.int/cps/en/natohq/declassified_138294.htm
[6] https://www.roberthjackson.org/article/london-agreement-charter-august-8-1945/

***

Übersetzung aus dem Englischen: UNSER MITTELEUROPA



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Von Redaktion

5 Gedanken zu „Alfred de Zayas: Offener Brief an Bundesrat der Schweiz zum NATO Kuschelkurs“
  1. Da die NATO von Beginn an eine Institution der Weltregierung ist, um die nationalen Regierungen zu disziplinieren, war es gut, daß dies auch von Herrn de Zayas gesagt wurde.
    1906 gründete eine spezifische Gruppe die „Institution zur Wahrung des Weltfriedens“. Die Regierungen lächelten vielsagend im Sinne von ‚ach, die schon wieder‘. Dabei blieb’s.
    1919 gründete diese Gruppe den Völkerbund, der nach getanem Schaden bis in die 30er dahinsiechte und dann ganz verendete.
    Und -nicht locker lassend- kam prompt nach dem 2. Weltkrieg der Vorschlag zur Gründung der UNO…man war inzwischen reich und hatte Einfluß. Die NATO war geschaffen, um die Völker, die sich dagegen jede Bevormundung wehrten, in Schach zu halten.
    Und das tut sie auch.

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  2. Sie treffen die Probleme regelmässig im Kern, sehr verehrter, lieber Herr Professor Doktor Doktor de Zayas.
    Dies noch dazu hervorragend recherchiert und hochqualifiziert und exzellent bewertet.
    Allein die jeweiligen, höchst notwendigen nationalen Lösungen, nicht nur in der Schweiz, aber auch eine höchst notwendige übergeordnete internationale Lösung lassen leider auf sich warten !
    Herzlichen Dank. –
    Mein besonderer Dank gilt natürlich auch der zuständigen Redaktion für die sehr wertvolle und geschätzte Veröffentlichung.
    Gunther Marko
    D-72172 Sulz am Neckar (Südwest-Deutschland), Donnerstag, 11. Juli 2024

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  3. Herzlichen Dank an die Redaktion für die Veröffentlichung dieses Schreibens/Bekenntnis des angesehenen Prof. Alfred de Zayas. Ich finde diesen offenen Brief bis heute in keinem Schweizer Medium! Leider ist die Situation in der Schweiz von der Regierung – bzw. von allen verantwortlichen Seiten her – bereits derart weit verkommen, dass – so denke ich – nur noch eine klare Stimme/Reaktion des Volkes diesen „Berner-Kurs“ wird ändern können. Auch aus der. Parteienlandschaft ist keine entsprechende, eindeutige Reaktion erfolgt. Auch von dieser Seite wäre ein klares Bekenntnis längst dringend nötig, i.S.:..“jetzt ist Schluss mit der Aushöhlung der Demokratie und Anbiederung an zweifelhafte Bündnisse die nur hegemoniale Ansprüche vertreten anstatt das friedliche Zusammenleben der Menschen/Völker“.
    Dr. med. Peter Meier-Schlittler, Schweiz

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  4. Meinen Respekt für einen im Bewußtsein anständig gebliebenen Menschen vom Fach und auch für den Mut dieses öffentlichen Briefes an eine Te..ororganisation.
    Normalerweise laufen ja alle im Rudel, völlig unberührt von Fakten und Wahrheit; Hauptsache sie sind folgsames Herdenmitglied ohne selbständig denkendes Gehirn.
    Da es um Trillionen für die Verbrecher geht (Kokain/Heroin/Kinder/Lithium/Giftlabore/ Organe/ Grund und Boden und vieles mehr) und die keinerlei Ehre, Seele oder Gewissen haben, werden sich auch diese braven Eidgenossen hinter den Vorhang führen lassen, aus Gehorsam und Lebensferne. Um die Welt auf den Kopf zu stellen, bedurfte es einfältiger dummer unerfahrener Frauen, ausgebildet an den eigenen Schulen für den „Feminismus“, einen unsichtbaren Heiligenschein vom System verpaßt, die nicht blicken, was sie verursachen. Nur so kann man das Unheil erkennen und muß hilflos zusehen, wie die Politmodels, immer gut abgelichtet, alles bisher Gute zerstören. Am Ende gibt´s dann einen Orden dafür ! Für mich ist täglich fremdschämen angesagt; nur noch unerträglich !

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