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John Pilger, Autor, Dokumentarfilmer und Gigant des Journalismus, warnte in seinem Essay vor dem drohenden Weltkrieg und Aufstieg von Faschismus in USA und auch EU-Europa. Diese letzte Abhandlung von Pilger (* 9.10.1939 – + 30.12.2023) , die er nur wenige Monate vor seinem Tod verfasst hatte, wurde am 3. Mai 2023 von COUNTERPUNCH veröffentlicht.

Neo-Faschismus auf seinem „Vormarsch“ durch die westlichen Institutionen hat nicht nur den „faschistischen Bienenstock Ukraine des modernen Europas“, wie Pilger die Ukraine beschreibt, sondern parallel dazu auch die Staaten der westliche Wertegemeinschaft ebenso befallen. Dabei demonstriert das Ampel-Regime in Berlin, was passiert, wenn man nach der gültigen Farbenlehre Rot und Grün mischt: Man erhält ein sattes Braun. Soll das Braun noch dunkler werden, genügt ein wenig Schwarz dazu, woran man schon emsig arbeitet!

Vor jenem Hintergrund besagten Staats- & Demokratieverfalls und immer dreisteren Kriegstreibens des kollektiven Westen hat Unser-Mitteleuropa die letzten Warnrufe von John Pilger ins Deutsche übersetzt und nachstehend abgedruckt:

John Pilger:  „Der Aufstieg des Faschismus in Europa ist unumstritten!“

 Von JOHN PLGER | 1935 fand in New York City der Kongress der amerikanischen Schriftsteller statt, dem zwei Jahre später ein weiterer folgte. Sie riefen „Hunderte von Dichtern, Romanautoren, Dramatikern, Kritikern, Kurzgeschichtenschreibern und Journalisten“ zusammen, um über den „raschen Zerfall des Kapitalismus“ und den drohenden neuen Krieg zu diskutieren. Es handelte sich um elektrisierende Veranstaltungen, die laut einem Bericht von 3.500 Zuschauern besucht wurden, von denen mehr als tausend abgewiesen wurden.

Arthur Miller, Myra Page, Lillian Hellman und Dashiell Hammett warnten davor, dass der Faschismus auf dem Vormarsch wäre, oft im Verborgenen, und dass es in der Verantwortung von Schriftstellern und Journalisten läge, ihre Stimme zu erheben. Telegramme der Unterstützung von Thomas Mann, John Steinbeck, Ernest Hemingway, C. Day Lewis, Upton Sinclair und Albert Einstein wurden verlesen.

Die Journalistin und Romanautorin Martha Gellhorn setzte sich für Obdachlose und Arbeitslose ein und „für uns alle, die wir im Schatten einer gewalttätigen Großmacht stehen“. Martha, die eine enge Freundin wurde, erzählte mir später bei ihrem üblichen Glas eines Famous Grouse mit Soda: „Die Verantwortung, die ich als Journalistin empfand, war immens. Ich war Zeugin der Ungerechtigkeiten und des Leids, welches die Depression mit sich brachte und ich wusste – wir alle wussten – was uns bevorstand, wenn das Schweigen nicht gebrochen würde.“

Ihre Worte hallen bis heute nach: Es ist ein Schweigen, das von einem Konsens der Propaganda erfüllt ist, der fast alles, was wir lesen, sehen und hören, erstickt.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel bringen:

Am 7. März [2023] veröffentlichten die beiden ältesten Zeitungen Australiens, der Sydney Morning Herald und The Age, mehrere Seiten über „die drohende Gefahr“ durch China. Man hatte den Pazifischen Ozean rot gefärbt. Die chinesischen Augen waren martialisch bedrohlich auf den Vormarsch gerichtet. Die „Gelbe Gefahr“ drohte, wie von der Schwerkraft angezogen [auf Australien] vom Himmel zu stürzen.

Es wurde kein logischer Grund für einen Angriff Chinas auf Australien genannt. Ein „Expertengremium“ legte keine glaubwürdigen Beweise vor: Einer von ihnen ist ein ehemaliger Direktor des Australian Strategic Policy Institutes, einer Fassade für das Verteidigungsministerium in Canberra, das Pentagon in Washington, die Regierungen Großbritanniens, Japans und Taiwans sowie die westliche Kriegsindustrien.

„Peking könnte innerhalb von drei Jahren zuschlagen“, warnten sie, und: „Wir sind nicht bereit.“ Milliarden an Dollar sollen für amerikanische Atom-U-Boote ausgegeben werden, aber das scheint nicht genug. Australiens Urlaub von der Geschichte wäre [jetzt] vorbei: Was auch immer das zu bedeuten hat.

Es besteht keine Bedrohungslage gegen Australien – gar keine. Das ferne „glückliche“ Land hat keine Feinde, schon gar nicht China, seinen größten Handelspartner. Dennoch ist das China-Bashing [China Hetze], das auf Australiens langer Geschichte des Rassismus gegenüber Asien fußt, zu einer Art Sport für selbsternannte „Experten“ geworden. Was halten die Australier chinesischer Abstammung von dieser Entwicklung? Viele sind verwirrt und fürchten sich.

Die Autoren dieses grotesken Stücks mit Hundedressur und Unterwürfigkeit gegenüber amerikanischer Macht sind Peter Hartcher und Matthew Knott, sogenannte „nationale Sicherheitsreporter“, wie man sie nennt. Hartcher kenne ich noch von seinen von der israelischen Regierung bezahlten Ausflügen. Der andere, Knott, ist ein Sprachrohr der „Anzugsträger“ in Canberra. Keiner von ihnen hat jemals ein Kriegsgebiet mit seinen extremen Formen der menschlichen Degradierung und des Leidens gesehen.

„Wie konnte es so weit kommen?“ würde Martha Gellhorn gefragt haben, wenn sie noch unter uns weilen würde: „Wo in aller Welt bleiben die Stimmen, die Nein sagen? Wo bleibt der Kameradschaftsgeist?“

Die Stimmen sind über die Samisdat Webseite [alternatives Medium] und andere zu hören. In der Literatur haben John Steinbeck, Carson McCullers und George Orwell ausgedient. Die Postmoderne hat jetzt das Sagen. Der Liberalismus hat seine Polit-Leiter hochgezogen:

Australien, eine einst schläfrige Sozialdemokratie, hat ein Netz neuer Gesetze verordnet, die eine geheimnisvolle, autoritäre Macht schützen und das Recht auf Wissen unterbinden. Whistleblower werden geächtet und im Geheimen vor Gericht gestellt:

Ein besonders sinisteres Gesetz verbietet „ausländische Einmischung“ durch Personen, die für ausländische Unternehmen arbeiten. Was hat das nur zu bedeuten?

Die Demokratie ist nur noch fiktiv – es gibt die allmächtige Elite der Unternehmen, die mit dem Staat und der Forderung in „Identität“ verschmolzen sind. US-Admirale werden vom australischen Steuerzahlern mit Tausenden Dollar pro Tag für „Beratungen“ bezahlt. Über den ganzen Westen wird unsere politische Vorstellungskraft durch PR lahmgelegt und von den Intrigen korrupter und extrem billiger Politiker in Beschlag genommen: Von einem [Boris] Johnson, [Donald] Trump oder Sleepy Joe [Biden] oder einem [Wolodymyr] Selenskyj.

Kein Schriftstellerkongress im Jahr 2023 macht sich Gedanken über den „bröckelnden Kapitalismus“ und die tödlichen Provokationen „unserer Politiker. Der niederträchtigste unter ihnen, Blair, der nach Nürnberger Regeln zu den Kriegsverbrechern gezählt hätte, blieb frei und reich. Julian Assange, der es gewagt hatte, Journalisten zu beweisen, dass ihre Leser ein Recht darauf hätten, etwas zu erfahren, befindet sich im zweiten Jahrzehnt seiner Haft.

Der Aufstieg des Faschismus oder „Neonazismus“ oder „extremer Nationalismus“, wie immer man es nennen möchte, ist in Europa unumstritten. In der Ukraine, aus dem faschistischen Bienenstock des modernen Europas, ist der Kult um Stepan Bandera, dem leidenschaftlichen Antisemiten und Massenmörder, der Hitlers „Judenpolitik“ lobte, wonach 1,5 Millionen ukrainische Juden abgeschlachtet worden waren, wieder auferstanden.

„Wir werden eure Köpfe zu Hitlers Füßen legen“, verkündete ein Pamphlet der Bandera-Bewegung den ukrainischen Juden.

Heute wird Bandera in der Westukraine als Held verehrt und zahlreiche Statuen von ihm und seinen Faschisten-Kameraden werden von EU und USA finanziert und ersetzen die Statuen russischer Kulturgiganten sowie anderer, welche die Ukraine von den originalen Nazis befreit hatten.

Im Jahr 2014 spielten Neonazis eine Schlüsselrolle bei einem von den USA finanzierten Putsch gegen den gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch, der beschuldigt wurde «Pro-Moskau» zu sein.

Dem Putschregime gehörten prominente „Extrem-Nationalisten“ an – Nazis in allem, außer nach Namen.

Zunächst berichteten BBC sowie europäische und amerikanische Medien ausführlich darüber. Im Jahr 2019 schrieb das Time Magazine über die in der Ukraine aktiven weißen suprematisten Milizen“. NBC News titelte: Das Nazi-Problem in der Ukraine ist real.“ Die Einäscherung [bei lebendigem Leib] von Gewerkschaftern in Odessa wurde gefilmt und dokumentiert.

Angeführt vom Asow-Regiment, dessen Insignie, die «Wolfsangel» durch die deutsche SS berüchtigt wurde, fiel das ukrainische Militär in die östliche und russischsprachige Region Donbass ein.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Osten 14.000 Menschen getötet. Sieben Jahre später, als die Minsker Friedensvereinbarungen vom Westen sabotiert wurden, wie Angela Merkel eingestand, ist die Rote Armee einmarschiert.

Diese Version der Ereignisse wurde im Westen nie verbreitet. Wer sie auch nur ausspricht, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein „Putin-Versteher“ zu sein, unabhängig davon, ob der Autor (wie ich) die russische Invasion verurteile. Die extreme Provokation zu verstehen, die ein von der Nato bewaffnetes Grenzland, die Ukraine – dasselbe Grenzland, durch das Hitler einmarschierte – für Moskau darstellen muss, bleibt [im Westen] Anathema.

Journalisten, die in den Donbass gereist waren, wurden zum Schweigen gebracht oder sogar in ihrem eigenen Land gehetzt: Der deutsche Journalist Patrik Baab verlor seinen Job und einer jungen deutschen freiberuflichen Reporterin, Alina Lipp, wurde ihr Bankkonto beschlagnahmt.

In Großbritannien gleicht das Schweigen der liberalen Intelligenzia dem Schweigen der Einschüchterung. [Eine Hinterfragen] staatlich gesponserter Themen, wie zur Ukraine und Israel sind zu vermeiden, falls man seinen Job am Campus oder seinen Lehrauftrag behalten wollte. Was Jeremy Corbyn im Jahr 2019 widerfahren ist, wiederholt sich an den Universitäten, wo Gegner der israelischen Apartheid beiläufig als Antisemiten verleumdet werden.

Professor David Miller, ironischerweise die führende Autorität des Landes auf dem Gebiet der modernen Propaganda, wurde von der Universität Bristol entlassen, weil er öffentlich behauptet hatte, dass Israels «Aktivposten» in Großbritannien zusammen mit politischer Lobbyarbeit weltweit einen unverhältnismäßig großen Einfluss ausübten – eine Tatsache, wofür es umfangreiche Beweise gibt.

Die Universität beauftragte einen führenden QC [Qualitäts-Kontrolleur] den Fall unabhängig untersuchen zu lassen. Sein Bericht entlastete Miller in der «wichtigen Frage der akademischen Meinungsfreiheit» und stellte fest, dass «Professor Millers Äußerungen keine ungesetzlichen Äußerungen darstellten». Dennoch entließ Bristol [University] ihn. Die Botschaft war klar: Egal, welche Schandtaten Israel anrichtet, es genießt Immunität, doch seine Kritiker müssen bestraft werden.

Vor einigen Jahren stellte Terry Eagleton, damals Professor für englische Literatur an der Universität Manchester, fest, dass es „zum ersten Mal seit zwei Jahrhunderten keinen bedeutenden britischen Dichter, Dramatiker oder Romancier mehr gibt, der bereit wäre, die Grundlagen der westlichen Lebensweise in Frage zu stellen“.

Kein [Percy] Shelley sprach für die Armen, kein [William] Blake für utopische Träume, kein [George] Byron verdammte die Korruption der herrschenden Klasse, kein Thomas Carlyle und kein John Ruskin legten die moralische Desaster des Kapitalismus offen.

William Morris, Oscar Wilde, H G Wells, George Bernard Shaw haben keine Entsprechungen in der heutigen Zeit. Harold Pinter [1930 – 2008] als er noch lebte, wäre „Der letzte, der seine Stimme erhob“ gewesen, schrieb Eagleton.

Woher kam die Postmoderne – die Ablehnung von tatsächlicher Politik und authentischem Dissens? Die Veröffentlichung des Bestsellers The Greening of America von Charles Reich im Jahr 1970 bietet einen Anhaltspunkt. Amerika befand sich damals im Aufruhr: Nixon saß im Weißen Haus und ziviler Widerstand – die so genannte „Bewegung“ – war inmitten des Krieges, der fast alle Menschen berührte, von den Rändern der Gesellschaft her ausgegangen. Zusammen mit dem Bündnis der Bürgerrechtsbewegung war die Macht Washingtons vor die ernsthafteste Herausforderung seit einem Jahrhundert gestellt.

Auf dem Umschlag von Reichs Buch standen die Worte: „Es wird eine Revolution geben. Sie wird nicht wie Revolutionen der Vergangenheit ablaufen. Sie wird vom Individuum ausgehen.“

 Zu dieser Zeit war ich Korrespondent in den Vereinigten Staaten und erinnere mich, wie Reich, ein junger Akademiker aus Yale, über Nacht zum Guru erhoben wurde. Sensationell hatte der New Yorker Reichs Buch veröffentlicht, dessen Botschaft lautete, dass die „politische Aktion und Wahrheitsfindung“ der 1960er Jahre gescheitert sei, doch nur „Zivilisation und Selbstbeobachtung“ die Welt verändern könnte. Es fühlte sich an, als wollte Hippietum die Verbraucherklasse für sich reklamieren. Und in gewissem Sinne war es das auch.

Innerhalb weniger Jahre hatte der «Ego-Kult» bei vielen Menschen den Sinn für gemeinsames Handeln, für soziale Gerechtigkeit und Internationalismus fast völlig vernebelt. Klasse, Geschlecht und Rasse wurden getrennt. Das Persönliche wurde zum Politischen und die Medien waren die Botschaft: Geld verdienen, hieß es!

Was die „Bewegung“, ihre Hoffnungen und Songs betrifft, so haben die Jahre von Ronald Reagan und Bill Clinton all dem ein Ende gesetzt. Die Polizei befand sich nun in einem offenen Krieg mit den Schwarzen: Clintons berüchtigte Wohlfahrtsgesetze brachen Weltrekorde, was die Zahl der zumeist Schwarzen, die man ins Gefängnis werfen ließ, betraf.

Als der 11. September 2001 geschah, vervollständigte die Erfindung neuer „Bedrohungen“ an „Amerikas Grenzen“ – wie das Projekt für das „Neue amerikanische Jahrhundert“ die Welt nannte – die politische Desorientierung derjenigen, die 20 Jahre zuvor noch eine vehemente Opposition geformt hätten.

In den folgenden Jahren ist Amerika gegen die Welt in den Krieg gezogen.

Einem weitgehend ignorierten Bericht der Physicians for Social Responsibility, der Physicians for Global Survival und die mit dem Nobelpreis ausgezeichneten International Physicians for the Prevention of Nuclear War zufolge, wurden in Amerikas „Krieg gegen den Terror“ mindestens 1,3 Millionen Menschen in Afghanistan, Irak und Pakistan zu Tode gebracht.

In dieser Zahl sind die Toten, aus den von den USA geführten und angezettelten Kriege in Jemen, Libyen, Syrien, Somalia und anderen Ländern nicht enthalten. Die tatsächliche Zahl, so der Bericht, „könnte durchaus mehr als zwei Millionen betragen [oder] etwa zehnmal höher sein als die Zahl, die der Öffentlichkeit, Experten und Entscheidungsträgern bekannt gemacht wurde und von den Medien und den großen Nichtregierungsorganisationen propagiert wird.“

Mindestens eine Million Menschen wären im Irak getötet worden, das sind fünf Prozent der Bevölkerung, sagen die Mediziner. Das Ausmaß dieser Gewalt und des Leids scheint im westlichen Bewusstsein keinen Platz zu finden.

Keiner wisse, wie viele es wären, heißt es in den Medien. Blair und George W. Bush – [Jack] Straw [brit. Außenminister 1997 – 2010], Cheney, Powell und Rumsfeld und andere – kamen nie in Gefahr, strafrechtlich verfolgt zu werden. Blairs Propaganda-Maestro, Alistair Campbell, wird als «Medien-Persönlichkeit» zelebriert.

Im Jahr 2003 nahm ich in Washington ein Interview mit Charles Lewis, dem renommierten Enthüllungsjournalisten, auf. Wir sprachen über die Invasion einige Monate zuvor im Irak. Ich fragte ihn: „Was wäre, wenn die verfassungsmäßig freiesten Medien der Welt George W. Bush und Donald Rumsfeld ernsthaft in Frage gestellt und deren Behauptungen untersucht hätten, anstatt das zu verbreiten, was sich im Anschluss als plumpe Propaganda herausgestellt hat?“

 Er antwortete, falls wir Journalisten unsere Arbeit getan hätten, es mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht zum Krieg gegen den Irak gekommen wäre.

Die gleiche Frage habe ich Dan Rather, dem berühmten CBS-Moderator, der mir die gleiche Antwort gab, gestellt. David Rose vom Observer, der die „Bedrohung“ durch Saddam Hussein propagiert hatte und Rageh Omaar, der damalige Irak-Korrespondent der BBC, gaben mir die gleiche Antwort. Die bewundernswerte Zerknirschung von Rose darüber, dass er „überlistet“ worden wäre, sprach für viele Reporter, denen nur der Mut fehlte, sich dies einzugestehen.

Dieser Standpunkt ist es wert, wiederholt zu werden: Hätten Journalisten ihren Job getan – hätten sie die Propaganda hinterfragt und untersucht, anstatt sie noch weiter aufzublasen, wären heute vielleicht eine Million irakische Männer, Frauen und Kinder noch am Leben; Millionen hätten nicht aus ihrer Heimat fliehen müssen; der konfessionelle Krieg zwischen Sunniten und Schiiten wäre vielleicht nicht entbrannt und den Islamischen Staat hätte es vielleicht niemals gegeben.

Legt man diesen Maßstab auf die Raub-Kriege an, die von den Vereinigten Staaten und ihren „Verbündeten“ seit 1945 in Gang gesetzt worden waren, so verschlägt die Schlussfolgerung einem den Atem. Ist dies in Journalistenschulen jemals thematisiert worden?

Heute ist Krieg für die Medien zur Hauptaufgabe des so genannten Mainstream-Journalismus geworden, was ein Nürnberger Staatsanwalt 1945, wie folgt ausdrückte:

Vor jedem großen Angriff, von einigen wenigen Ausnahmen aus Gründen der Zweckmäßigkeit abgesehen, wurde eine Pressekampagne gestartet, die darauf abzielte, die Opfer zu schwächen und das deutsche Volk psychologisch vorzubereiten… Im Propagandasystem… waren die Tagespresse und der Rundfunk die wichtigsten Waffen.“

Einer der beständigsten Handlungsstränge im amerikanischen politischen Leben ist ein kultischer Extremismus, der an Faschismus heranreicht.

Obwohl dies Trump zugeschrieben wird, geschah es während der beiden Amtszeiten Obamas, als die amerikanische Außenpolitik ernsthaft mit Faschismus kokettierte. Darüber wurde fast nie berichtet.

„Ich hänge mit jeder Faser meines Wesens am amerikanischen Exzeptionalismus“, sagte Obama, der als Lieblingsbeschäftigung des Präsidenten, wie kein anderer Präsident seit dem ersten Kalten Krieg, das Bombardieren und Entsenden von Todesschwadronen, bekannt unter „Spezial Operationen“, ausweiten ließ.

Laut einer Studie des Council on Foreign Relations hat im Jahr 2016 Obama 26.171 Bomben abwerfen lassen. Das sind 72 Bomben pro Tag. Er ließ die Ärmsten und Farbige bombardieren: In Afghanistan, Libyen, Jemen, Somalia, Syrien, Irak und Pakistan.

Jeden Dienstag – so berichtet die New York Times – wählte er persönlich diejenigen aus, die durch von Drohnen abgefeuerten „Hellfire“-Raketen [AGM-114 Hellfire US Luft-Boden-Rakete] ermordet werden sollten: Hochzeiten, Beerdigungen und Schafhirten wurden angegriffen, ebenso wie diejenigen – um das terroristische Ziel „mit Girlanden“ zu schmücken – die versuchten jene Leichenteile einzusammeln.

Ein führender republikanischer Senator, Lindsey Graham schätzte in Zustimmung, dass Obamas Drohnen 4.700 Menschen getötet hätten. „Manchmal trifft man Unschuldige und das hasse ich“, sagte er, „aber wir haben einige sehr ranghohe Mitglieder von Al-Qaida ausgeschaltet.“

 Im Jahr 2011 erklärte Obama den Medien, dass der libysche Präsident Muammar al-Gaddafi einen „Völkermord“ an seinem eigenen Volk plane. „Wir wussten…“, sagte er, „dass, falls wir noch einen Tag länger gewartet hätten, Bengasi, eine Stadt von der Größe von Charlotte [North Carolina], ein Massaker hätte erleiden können, was in der ganzen Region nachgehallt und das Gewissen der Welt befleckt hätte.“

 Dies war eine Lüge. Die einzige „Bedrohung“ war die bevorstehende Niederlage fanatischer Islamisten durch libysche Regierungstruppen.

Mit seinen Plänen für die Wiederbelebung eines unabhängigen Panafrikanismus, einer afrikanischen [National-]Bank und einer afrikanischen Währung, die allesamt durch libysches Öl finanziert worden wäre, wurde Gaddafi zum Feind des westlichen Kolonialismus auf jenem Kontinent, wo Libyen zum zweitmodernsten Staat geworden war.

Ziel war es, Gaddafis „Bedrohung“ und seinen modernen Staat zerstören zu lassen: Mit Unterstützung der USA, Großbritanniens und Frankreichs flog die Nato 9.700 Einsätze gegen Libyen. Ein Drittel davon zielte auf Infrastruktur und zivile Ziele, berichtete die UNO. Es wurden Uran-Sprengköpfe eingesetzt: Die Städte Misurata und Sirte wurden flächenbombardiert. Das Rote Kreuz identifizierte Massengräber, und UNICEF (Kinderhilfswerk der UN) berichtete, dass „die meisten [der getöteten Kinder] unter zehn Jahre alt waren.“

Als Hillary Clinton, Obamas Außenministerin, erfuhr, dass Gaddafi von den Aufständischen gefangen genommen und mit einem Messer sodomisiert worden war, lachte sie und sagte in die Kamera: «Wir kamen, wir sahen, er starb!»

Am 14. September 2016 berichtete der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses in London über den Abschluss einer einjährigen Untersuchung zum Nato-Angriff auf Libyen, in der dieser als „Lügengebäude“ dargestellt wurde – einschließlich der Geschichte über das vermeintliche Massaker in Bengasi.

Die Bombardierung durch die NATO stürzte Libyen in eine humanitäre Katastrophe, bei der Tausende von Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben wurden und Libyen vom afrikanischen Land mit dem höchsten Lebensstandard in einen vom Krieg zerrütteten Staat [bis heute] verwandelt worden war.

Unter Obama dehnten die USA ihre geheimen „Special Forces“-Operationen auf 138 Länder aus, was 70 Prozent der Weltbevölkerung umfasst. Der erste Präsident afroamerikanischen Ursprungs startete, was in Afrika einer Invasion im größten Maßstab gleichkam.

Das US African Command (AFRICOM), das an den „Wettlauf nach Afrika“ im 19. Jahrhundert erinnert, hat seitdem ein Netzwerk von Bittstellern unter kollaborativen afrikanischen Regimen aufgebaut, die auf amerikanische Bestechungsgelder und Rüstungsgüter konditioniert sind. Die „Soldat zu Soldat“-Doktrin von AFRICOM sieht vor, dass US-Offiziere auf jeder Kommandoebene vom General bis zum Feldwebel eingesetzt würden. Es fehlen nur noch die Tropenhelme.

Es scheint, als ob Afrikas stolze Geschichte der Befreiung, von Patrice Lumumba bis Nelson Mandela, dem Vergessen einer schwarzen kolonialen Elite neuer weißer Herren anheimgefallen ist.

Die ‚historische Mission‘ dieser Elite, warnte der wissende Frantz Fanon, besteht in der Förderung eines ‚ungezügelten, aber verschleierten Kapitalismus.‘

In dem Jahr 2011, in dem die Nato in Libyen einmarschierte, kündigte Obama den so genannten «Dreh- & Angelpunkt Asien» an: Fast zwei Drittel der amerikanischen Seestreitkräfte sollten in den asiatisch-pazifischen Raum verlegt werden, um „der Bedrohung durch China zu begegnen“, wie es sein Verteidigungsminister ausdrückte.

Es gab keine Bedrohung durch China, sondern eine Bedrohung Chinas durch die Vereinigten Staaten: Rund 400 amerikanische Militärstützpunkte bilden einen Bogen entlang der Grenze zu Chinas industriellem Kernland, den ein Pentagon-Beamter in Anerkennung als „Schlinge“ bezeichnete.

Gleichzeitig platzierte Obama Raketen in Osteuropa, die auf Russland gerichtet wurden.

Es war der selige Friedensnobelpreisträger, der die Ausgaben für nukleare Sprengköpfe auf ein höheres Niveau als jede andere US-Regierung seit dem Kalten Krieg schraubte…

… nachdem er 2009 in einer emotionalen Rede im Zentrum von Prag versprochen hatte, „die Welt frei von Atomwaffen zu machen.“

Obama und seine Regierung wussten sehr wohl, dass der Staatsstreich gegen die ukrainische Regierung, wofür seine stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland 2014 zur Kuration abgestellt worden war, eine russische Reaktion hervorrufen und aller Voraussicht nach zu einem Krieg führen würde. Und das hat jener Putsch auch bewirkt.

Ich schreibe dies am 30. April [2023], dem Jahrestag des letzten Tages des längsten Krieges des zwanzigsten Jahrhunderts gegen Vietnam, über den ich berichtet habe. Ich war sehr jung, als ich in Saigon ankam und habe viel gelernt. Ich lernte, das unverwechselbare Dröhnen der Triebwerke der riesigen B-52 zu erkennen, die ihr Gemetzel von den Wolken heraus anrichteten und nichts und niemanden verschonten; ich lernte, mich nicht abzuwenden, wenn ich einen verkohlten, mit menschlichen Teilen übersäten Baum erblickte; ich lernte, Herzlichkeit zu schätzen wie nie zuvor; ich lernte, dass Joseph Heller in seinem meisterhaften Catch-22 Recht behalten hatte: Dass der Krieg nicht zu geistig normalen Menschen passe; und ich lernte etwas über «unsere» Propaganda.

Während des gesamten Krieges behauptete die Propaganda, dass ein siegreiches Vietnam seine kommunistische Erkrankung auf das übrige Asien verbreiten würde, so dass die „Große-Gelbe-Gefahr“ im Norden des Landes über uns hereinbrechen würde. Länder würden wie „Domino-Steine“ fallen.

Ho Chi Minhs Vietnam war siegreich und nichts von alledem ist geschehen. Stattdessen erblühte die vietnamesische Zivilisation trotz des Preises, den sie dafür zu zahlen hatte:

Drei Millionen Tote – mit den Verstümmelten, Deformierten, Süchtigen, Vergifteten und Verlorenen.

 Wenn die derzeitigen Propagandisten ihren Krieg mit China erhalten, wird dies nur ein Bruchteil dessen gewesen sein, von dem, was uns erwarten würde: Erheben Sie Ihre Stimme!

***

Der Artikel erschien im englischen Original in Counterpunch: Hier

Übersetzung aus dem Englischen: UNSER MITTELEUROPA



 

Von Redaktion

5 Gedanken zu „John Pilger: «Ein Krieg, verschleiert durch Propaganda, zeichnet sich ab!»“
  1. Hö Böck muss nicht in einen Kr.eg und muss auch nicht im Kr.eg störben, wenn es zu einem Kr.eg kommt, aber viele andere – hört was er sagt:
    https://www.youtube.com/shorts/yNwyHoJztHA
    Die, die den Kr.eg beschließen, ihn provozieren, sind selbst niemals vom Kr.eg betroffen, sondern laden diesen immer der Bev.lkerung auf, vornehmlich der, die nicht in der Lage ist, sich noch früh genug vom Acker zu machen und damit sind sie m. A. n. feige M.ssenm.rder, die bewusst und dreist das Leben ANDERER auf’s Spiel setzen, mit dem Töd ANDERER kalkulieren.
    Wer setzt endlich diesen m. A. n. völlig skrupellosen empathiefreien gewissenlosen empathiefreien Narz.sten ein Ende und befördert sie dahin, wo sie hingehören.
    Meiner Ansicht nach.

  2. Amis sowohl physisch als auch psychisch raus aus Europa, Israel schließen, die alten Reiche wiederherstellen und wir haben mind. 1000 Jahre Frieden

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