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Bernard Lugan · Foto: EuroLibertés

Von Bernard Lugan*

Präsident Macron ruft dazu auf, die afrikanischen Schulden zu erlassen, was ihm zufolge „wesentlich sei, um dem afrikanischen Kontinent durch die Coronavirus-Krise zu helfen“. Kleine und mittlere Unternehmen, Kleinstunternehmer, Abgehörige freier Berufe und französische Händler, welche ihrerseits diese Kredite zurückzahlen müssen, um überleben zu können, werden es zu schätzen wissen!

Drei Bemerkungen dazu:

1) Wenn eine solche Maßnahme wirklich ergriffen würde, um Afrika bei der Bekämpfung der Pandemie zu helfen, könnte sie als legitim angesehen werden. Aber zu der Zeit, als dieser einseitige Vorschlag des Präsidenten gemacht wurde, war der afrikanische Kontinent glücklicherweise vom Coronavirus noch fast total verschont.

2) Seit Jahrzehnten bieten die „reichen“ Länder weiterhin Schuldenerleichterungen und Schuldenerlässe für Afrika an. In den frühen 2000er Jahren profitierten die HIPCs („Heavily indebted poor countries“ oder „hoch verschuldete arme Länder“) daher von erheblichen Schuldennachlässen von Seiten bilateraler Gläubiger. Doch kaum vor dem Abgrund der Schulden gerettet, stürzten sie sich wieder hinein!

3) Zusätzlich zum Schuldenerlass verschlingt Afrika Jahr für Jahr kolossale Beträge, die im Rahmen der ODA (Official Development Assistance oder Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit) gezahlt werden. Von 1960 bis 2018 erhielt der Kontinent allein im Rahmen der ODA Zuschüsse in Höhe von fast 2.000 Milliarden Dollar (bei einer Verschuldung von etwa 400 Milliarden Dollar, davon zwischen 180 und 200 Milliarden Dollar Verschuldung gegenüber China) oder durchschnittlich 35 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

In konstanten Dollars erhielt der Kontinent nach dem Krieg mit dem Marshall-Plan mehrere dutzendmal mehr als Europa. Diese Kredite, diese Schuldenerleichterungen, diese Hilfsmittel und diese Spenden waren jedoch nutzlos, da der Kontinent zusätzlich zu seiner selbstmörderischen Demographie auch durch seine Unbeweglichkeit gelähmt ist. Abgesehen von der Gabe der Natur an den Kontinent, die aus Öl und Mineralstoffen besteht, produziert Afrika nichts. Sein Anteil an der weltweiten Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe beträgt de facto weniger als 2% und davon wiederum werden 90% von zwei der 52 afrikanischen Staaten gemacht, Südafrika und Ägypten…

Die von Präsident Macron vorgeschlagene Tilgung der Schulden wird an diesem Sachverhalt daher nichts ändern. Zumal China, das lächelnde Raubtier, jetzt am Ruder ist. Angetrieben von seiner Gewinngier als einzige treibende Kraft, verschuldet China den Kontinent jeden Tag ein wenig mehr durch seine großzügig oktroyierten Kredite.

Letztere stürzen die Empfängerländer zurück in die Schuldenspirale, aus der sie gerade erst herausgekommen sind, nachdem der Westen den HIPCs in den 2000er Jahren erhebliche Kürzungen gewährt hatte. Da diese Kredite niemals zurückgezahlt werden können, wird Peking die von seinen Schuldnern als Sicherheit gegebene Hauptinfrastruktur in seine Hände bekommen. So musste die Regierung in Sambia, nachdem sie bereits gezwungen worden war, das Radio- und Fernsehunternehmen ZNBC an China abzutreten, auch Zessionsgespräche über den Flughafen von Lusaka und das nationale Elektrizitätsunternehmens ZESCO einleiten.

Moral der Geschichte: Während China Afrika in neue Schulden stürzt, bietet Frankreich an, seine eigenen Schuldenrückforderungsansprüche aufzugeben …

Dieser Artikel erschien in längerer Version auf konterrevolution.at


*) Bernard Lugan ist ein anerkannter Afrikaspezialist und Autor zahlreicher Bücher zu diesem Thema.

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