China hat auf Russland gesetzt
Von JURY TAVROVSKY | Ohne Übertreibung lässt sich feststellen, dass die gesamte Weltordnung und ihre Mechanismen zurzeit auf dem Prüfstand stehen. Einige der Auswirkungen wurden bereits sichtbar, andere werden sich noch zeigen.
Zugleich stehen auch die Beziehungen zwischen Russland und China mit ihrer “uneingeschränkten strategische Partnerschaft” vor der Probe ihrer Bewährung. Zweifelsohne stand dieses Thema im Mittelpunkt der Gespräche zwischen den beiden Präsidenten Vladimir Putin und Xi Jinping im Zuge ihrer persönlichen Zusammenkunft am 4. Februar in Peking anlässlich der Eröffnung der olympischen Spiele. Bereits zu jenem Zeitpunkt steuerten die Spannungen sowohl an der russischen West-Front wie auch an der chinesischen Ost-Front der Eskalation entgegen.
Provokationen wurden sowohl im Donbass wie auch für Taiwan vorbereitet. In den ersten Monaten dieses Jahres fuhren NATO-Truppen an den Grenzen zu Russland und US-Flugzeugträger vor den Küsten Taiwans im Südchinesischen Meer zeitgleich auf. Ukraine und Taiwan wurden mit militärischer Ausrüstung förmlich vollgestopft. Hunderte von Amerikanern erschienen, um besagtes Gerät einer sogenannten “Wartung” zu unterziehen. Aus Kiew und Taipeh gab es Bekundungen, eigene Atomwaffen und Trägersysteme anschaffen zu wollen. Parallel dazu machten sich hochrangige Beamte aus Washington daran, ihre Anweisungen für eine künftig “unabhängige” Politik einzubringen.
In den acht Stunden, die das Treffen zwischen Putin und Xi andauerte, müssen Szenarien des Kalten Krieges an beiden Fronten mit den Möglichkeiten von Komplikationen erörtert worden sein. Schon damals war den Gesprächspartnern bekannt, dass der Westen neue Sanktionspakete vorbereitete und “spiegelbildlich” oder “asymmetrisch” eine Reaktion darauf zu entwickeln wäre. Die Ankündigung, dass China zusätzlich 100 Millionen Tonnen russisches Öl kaufen und Importbeschränkungen für russisches Getreide aufzuheben entschied, war als erste Reaktion gegenüber jenem Treiben des Westens gedacht.
Nach Start der russischen Präventivoperation gegenüber der Ukraine, ist China der ungeschriebenen Verpflichtung aus besagter strategischer Partnerschaft loyal nachgekommen. Chinesische Diplomaten bei den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen trugen dazu bei, eine Isolation Russlands nicht zuzulassen und eine ausgewogene Position zu verbreiten: Der chinesische Außenminister Wang Yi zeigte Verständnis für die historische Komplexität der Ukraine-Frage und Russlands “rationale Besorgnis um den Bereich seiner Sicherheit”. Peking ließ die Forderung Washingtons China an der Sanktionsfront gegen Russland zu beteiligen, stetig zurück. Chinas Politik wird in den staatlichen Medien von einer ausgewogenen Berichterstattung zur Lage in der Ukraine begleitet – getragen von einer positiven Stimmung der chinesischen Öffentlichkeit.
Chinas Haltung gegenüber Russland bewegt sich in Zeiten des Friedens wie auch von Krisen auf den beiden Ebenen der höheren Mathematik und Arithmetik. Xi Jinping und die politisch-militärische Führung lassen sich von nationalen Interessen im globalen Kontext leiten und sehen in der kontinuierlichen Verbesserung der Partnerschaft eine langfristige Perspektive. Das entspricht einer höheren Mathematik mit parallelen Interessen. Auf der Ebene der Arithmetik agiert die Wirtschaft, deren Verständnis von Interessen sich vielfach nur auf einfache Additionen und Subtraktionen beschränkt.
Ein typisches Beispiel für letzteren Ansatz gibt ein Artikel des prominenten Politikwissenschaftlers Wang Hui-yao wieder:
“Vor dem Hintergrund der vielversprechenden Gespräche über die Beziehungen zu Russland gilt, dass Chinas wirtschaftliche Interessen an Russland von denen am Westen in den Schatten gestellt werden.”
Im Jahr 2021 stieg der Handel zwischen China und Russland um 35 % auf 147 Mrd. USD. Das ist jedoch weniger als ein Zehntel des gesamten Handels von China mit den USA (657 Milliarden Dollar) und der Europäischen Union (828 Milliarden Dollar).
Jene “Arithmetik” scheint zu wirken: Eine Reihe von Großbanken, Handelsnetzwerke und Hersteller wichtiger Rohstoffe haben ihre Geschäfte mit russischen Partnern eingestellt. Es genügt die Bank von China oder die Industrial & Commercial Bank von China – beides Giganten des Finanzsystems des Reichs der Mitte – zu erwähnen und Hunderte von mittleren und kleinen Banken sind deren Beispiel gefolgt. Ihre Eigentümer bzw. Führungskräfte fürchten “Kollateralschäden”, die bei Verstößen gegen US-Sanktionen durch die USA drohen.
Mehrere wichtige Faktoren wirken gleichzeitig auf das Verhalten der chinesischen Geschäftswelt ein: Die geschäftlichen und emotionalen Bindungen, die in 40 Jahren “Vernunftehe” zwischen China und den USA aufgebaut wurden, bleiben natürlich bestehen. Man vergleicht die Kapazität des russischen und des westlichen Marktes. Gleichzeitig wird versucht, die gespannte Situation durch einzigartige Sanktionen gegen Russland zu entschärfen.
Die Chinesen lebten vom ersten Tag des kommunistischen Sieges 1949 an bis zum Übertritt der VR China in den Westen im Jahr 1979 unter totalen Sanktionen. Nach den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989 wurden China erneut Beschränkungen auferlegt, von denen einige bis heute in Kraft blieben. Die chinesische Wirtschaft hat den von US-Präsident Trump angezettelten Handelskrieg 2018 mit Bravour gemeistert: Sie hat nicht nur einen Rekord im Handelsvolumen mit Amerika aufgestellt, sondern im vergangenen Jahr noch ein bemerkenswertes BIP-Wachstum von rund 8,1 % hingelegt.
Was aber, wenn die “russische Erfahrung” mit dem totalen Wirtschaftskrieg beim nächsten Mal China träfe? “Wir müssen diese Lektion lernen – die heutige Situation um Russland könnte sich schon morgen in China wiederholen”, schrieb Tian Feilong, ein Spezialist für internationales Finanzrecht an der Beijing Commercial University, in der Zeitung Global Times. “Der Ausschluss einiger russischer Banken aus dem SWIFT-System war ein Paradebeispiel für den Missbrauch der globalen Finanzordnung durch die Amerikaner.” Die VR China hat bereits 2021 ihr “Anti-Sanktionsgesetz” verabschiedet, das als eine spiegelbildliche Antwort gegen jegliche Art der Diskriminierung von chinesischen Unternehmen oder Unternehmern durch dritte Kräfte zu verstehen ist.
Als Präventivmaßnahme gegen Handelssanktionen und Transportblockaden erwägt China, neue Export- und Importmärkte zu erschließen, sich auf bestehenden Märkten zu etablieren und Transportwege mit verbürgter Sicherheit zu verwenden. Dies schliesst vor allem Russland ein. Denn es ist klar, dass die Amerikaner den “Flaschenhals” der Straße von Malakka abriegeln und sowohl die chinesischen Warenexporte als auch die Importe von Rohstoffen nach China, insbesondere von Öl, durch dieses Nadelöhr unterbinden würden.
Amerikas treuer Verbündeter Polen würde die transkontinentale Eisenbahnlinie nach Westeuropa blockieren, über die Containerexporte zum größten Markt Chinas in die EU befördert werden. Als Alternativen gelten die Transsibirische Eisenbahn, die Baikal-Amur-Hauptlinie (BAM), weitere Schienenverbindungen sowie Autobahnen über Xinjiang zu den Häfen, wie von St. Petersburg und in Zukunft noch der Seeweg über die Polarroute.
Eine Reihe von antichinesischen Handelssanktionen wurde bereits vorbereitet, die den antirussischen in nichts nachstehen. Russland wird dazu beitragen, die Folgen zu mildern. Sein Markt ist wesentlich kleiner als der Europas oder Amerikas, obwohl er vor unseren Augen expandiert und mit dem Übergang des Landes zu einem neuen Wirtschaftsmodell schnell anwachsen könnte. Aber als Quelle für Öl, Gas, Elektrizität, Metalle, Holz, Düngemittel, Getreide und andere Nahrungsmittel bleibt Russland schon jetzt unersetzlich.
Die Rolle Russlands als Quelle für fortschrittliche zivile und militärische Technologien ist ebenfalls stark entwickelt. Nicht umsonst hat China vor einigen Jahren dankend das einzigartige Raketenangriffswarnsystem (SPRN) übernommen. Zugleich ist das Interesse an neuen wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften unseres Landes weiter gestiegen.
Angesichts der äußerst instabilen globalen Lage sollten Russland und China auf den beiden Fronten des Kalten Krieges, die “höhere Mathematik” ihrer strategischen Partnerschaft vertiefen und dringend auch neue Schritte auf der Ebene der “Arithmetik” weiter entwickeln. Dies gilt in erster Linie für das Zusammenspiel der Finanzsysteme. Sie sind immer noch nicht das, was man als “kommunizierende Gefäße” bezeichnen sollte. Seit mehreren Jahren laufen informelle Diskussionen zur gegenseitigen Verrechnung über Rubel und Yuan sowie die Verwendung von Kreditkarten und Währungs-Swaps zum Austausch gegenläufiger Zahlungsströme. Diese Entwicklungen wurden bis vor kurzem von unserem Finanzministerium und der Zentralbank nicht unterstützt, erlangen jedoch in kritischen Momenten besondere Bedeutung. Heute ist der Name “UnionPay” (Kreditkarte aus China) in Russland ebenso verbreitet wie “Visa” oder “MasterCard”.
Die Lösung des Problems des gegenseitigen Zahlungsverkehrs würde die Hindernisse für eine rasche Ausweitung des Handels, für Investitionen in neue Industrieunternehmen bzw. die Schaffung neuer Agrargiganten beseitigen und auch unseren mittleren und kleinen Unternehmen die Existenz sichern. Die wachsende chinesische Mittelschicht zählt rund 500 Millionen Menschen – sie sind die zukünftigen Abnehmer unserer Konsumprodukte. Sie bilden künftig die Besucher bzw. Hotel- und Sanatoriums Gäste unserer Ferienorte und Urlaubsziele und stellen auch Austauschstudenten.
In diesen für uns schwierigen Zeiten findet in China ein berührender “Flashmob” (Kaufrausch) statt: Der Kauf russischer Waren ist in Mode gekommen und genießt hohes Ansehen, vor allem bei jungen Menschen. In den sozialen Medien wird unser Vorgehen gegen die westlichen Söldner fast einhellig bewundert. Meine chinesischen Expertenkollegen erklären dazu:
“China braucht einen russischen Sieg!” Sie sprechen über die Schaffung russisch-chinesischer Handels- und Börsenplätze. Sie schreiben über die “finanzielle Solidarität” zwischen Rubel und Yuan gegenüber dem Dollar bzw. über die Notwendigkeit in Bezug auf die Verrechnung schleunigst auf inländische Währungen überzugehen, um «den Wolf nicht (weiter) zu füttern”.
“Heute Du, morgen ich!” Diese Worte Hermans aus `Pique-Dame` (Anmerkung: Aus dem Libretto `Pique Dame` von Peter Tschaikowski) können die Empfindungen eines großen Teils der chinesischen Gesellschaft im Zusammenhang mit der Krise um die Ukraine sehr treffend nachempfinden. Es scheint, dass China in der ukrainischen Partie seine Wette abgegeben und auf Russland gesetzt hat!
In eigener Sache:
Liebe Leser,
unabhängiger und faktenbasierter Journalismus ist gerade in Zeiten, wo die „seriösen“ Mainstreammedien praktisch ausnahmslos eine einseitige Kriegspropaganda herunterbeten, besonders wichtig. UNSER MITTELEUROPA ist immer bestrebt, objektiv und informativ die von uns behandelten Themenbereiche den Lesern zu übermitteln, sei es die sogenannte „Pandemie“, die Klimahysterie oder jetzt die Ukrainekrise. Auch Hintergrundinformationen, die man sonst nie erfährt, finden sich bei uns.
Wir möchten an dieser Stelle betonen, wie wichtig es ist, wenn Sie unsere Seite weiterempfehlen und bedanken uns bei unseren Freunden, die uns mit ihren Spenden ermöglichen, auch in Zukunft unabhängig zu berichten.
Bitte unterstützen Sie unseren Kampf für Freiheit und Bürgerrechte.
Für jede Spende (PayPal oder Banküberweisung) ab € 10.- erhalten Sie als Dankeschön auf Wunsch ein Dutzend Aufkleber “CORONA-DIKTATUR? NEIN DANKE” portofrei und gratis! Details hier.
Wie auch immer ich habe Gestern mit der Russischen Botschaft in Wien Telefoniert und angekündigt das ich mich zu 100 % NICHT in Kampfhandlungen gegen Russen verwickeln lassen werde .Auch wenn ich Alles hier verliere das ist es mir TROTZDEM wert .Die Vielen Millionen Toten und schwer verletzten Krüppel vom 1 und 2 Weltkrieg zwingen mich automatisch zu dieser Handlung das sich sowas nie mehr wieder wiederholen darf und selbst wenn dann GARANTIERT ohne mich ….diese Neue Katastrophe können gefälligst genau die austragen die sich das so sehnlichst wünschen
Blödbock an die Front, dann brechen die russischen Soldaten in Tränen aus.