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DUG-Präsident Gerhard Papke im vergangenen Jahr bei einer Gedenkveranstaltung aus Anlass des Jahrestags der ungarischen Revolution von 1956: „Viele Deutsche hegen Sympathie für das freiheitsliebende ungarische Volk, dem gerade Deutschland zu großem Dank verpflichtet ist.“ Foto: Screenshot aus einem YouTube-Video des ungarischen Generalkonsulats, Düsseldorf.

Von Dr. Gerhard Papke

Wer sich als Deutscher auch nur ein wenig mit der eigenen Geschichte auskennt, dürfte wissen, was alle Europäer und gerade wir Deutschen dem freiheitsliebenden ungarischen Volk zu verdanken haben. Wer nach Budapest kommt, ist überwältigt von der Schönheit einer Stadt, deren kultureller Reichtum durch die großen Traditionen Europas geprägt ist.

Aber wer in deutschen Medien Berichte über Ungarn liest, bekommt häufig den Eindruck vermittelt, als müsse dieses „arme“ Land dringend von außen wieder auf den „richtigen“ Weg zurückgeführt werden. Das demokratische Recht der ungarischen Bürger, in souveräner Selbstbestimmung über die Politik ihres Landes und ihre eigene Regierung zu entscheiden, spielt dabei eher keine Rolle.

Selbstgefälliges Gefühl kultureller Überlegenheit

Der erhobene Zeigefinger und das selbstgefällige Gefühl kultureller Überlegenheit waren immer schon ein gefährliches Element deutscher Außenpolitik. Leider muss man feststellen, dass die im 19. Jahrhundert vom Lyriker Emanuel Geibel geprägte und von Kaiser Wilhelm II. pervertierte Botschaft, „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, selbst gegenüber europäischen Völkern offenbar immer noch in Mode ist.

Ein aktuelles Beispiel gefällig? Gerade in dieser Woche hat der Intendant der Deutschen Welle angekündigt, sein Sender werde künftig Beiträge in ungarischer Sprache senden, um die angeblich „in den ungarischen Medien weniger diskutierten Themen wie Menschenrechte, Minderheitenrechte und LGBTQ-Themen zu behandeln“. Wie bitte? Ein aus staatlichen Zwangsgebühren finanzierter deutscher Sender fühlt sich berufen, dem ungarischen Volk die Sicht der Dinge zu vermitteln, die er für richtig hält? Nein, Ungarn braucht bestimmt keinen Nachhilfeunterricht durch deutschen Staatsfunk.

Stellen wir uns einmal vor, etwa die BBC würde verkünden, in Zukunft in deutscher Sprache Beiträge über „Menschen- und Minderheitenrechte“ zu senden, weil diese in den deutschen Medien ihrer Meinung nach zu wenig diskutiert würden. Was würden wir Deutschen wohl dazu sagen?

Die Themen, die die DW genannt hat, lassen übrigens erahnen, dass damit konkrete Ziele verbunden sind. Denn einem Teil der deutschen Parteien passt einfach die ganze Richtung der ungarischen Politik nicht. Die große Mehrheit der Ungarn will keine unkontrollierte Massenzuwanderung, bekennt sich zu ihrer christlichen Identität und zur Bedeutung der traditionellen Familie. Das verursacht der politischen Linken in Deutschland und Westeuropa geradezu Schüttelfrost.

Fehlender Respekt gegenüber einer souveränen europäischen Kulturnation

Nein, niemand ist gezwungen, die Überzeugungen des ungarischen Volkes oder gar die Politik ihrer Regierung zu teilen. Aber es wäre ein Gebot des Respekts gegenüber einer souveränen europäischen Kulturnation wie der ungarischen, ihre Werte zu tolerieren.

Übrigens sollte niemand glauben, dass die Anti-Ungarn-Kampagne in Deutschland die tatsächliche Haltung der deutschen Bevölkerung wiedergibt.

Darauf deutet auch die bemerkenswert positive Resonanz hin, die pro-ungarische Statements des Autors regelmäßig im Kurznachrichtendienst Twitter erzielen.

So wurde die kürzliche Präzisierung in der Ungarischen Verfassung, „dass die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann“, zwar in deutschen Medien als „Diskriminierung sexueller Minderheiten“ gerügt. Bei „Twitter“ aber wurde die anderslautende Bewertung („Eine Werteentscheidung, die zu respektieren ist“), mehr als 250.000 (!) Mal aufgerufen und von vielen ausdrücklich unterstützt.

Eine Antwort bei Twitter, gerichtet an Ungarn, lautete: „Millionen Deutsche zählen auf Euch und stehen Euch bei!“ Solche Stimmen gibt es viele. Deutsche Medien und deutsche Parteien täten gut daran, sich davon nicht immer weiter abzukoppeln. Das gemeinsame Haus Europa, das wir alle wollen, wird nur auf dem Fundament wechselseitigen Respekts bestehen können. Deutsche Arroganz gehört definitiv nicht dazu.

 

Der Autor ist Präsident der Deutsch-­Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland.

Dieser Beitrag erschien zuerst am 26. Februar 2021 im BZ-MAGAZIN der BUDAPESTER ZEITUNG, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION. Schwerpunkt dieser Ausgabe ist die deutsch-ungarische Freundschaft sowie eine Analyse der Motive und Taktiken ihrer Gegner. Gerne können Sie direkt bei der BUDAPESTER ZEITUNG ein kostenfreies PDF-Probeexemplar dieser Sonderausgabe anfordern. Bitte kontaktieren Sie bei Interesse Chefredakteur Jan Mainka per E-Mail: jan.mainka@bzt.hu.


4 Gedanken zu „Gastkommentar: Schluss mit deutscher Arroganz!“
  1. Schluss mit dem Neid anderer Nationen bezüglich Deutschland. Wie wär`s, wenn diese einmal Dankeschön sagen für die vielen Fortschritte in Naturwissenschaft und Technik, die Deutschland der Welt schenkte. Man denke nur an die Erfindung der Rakete durch den Physiker Wernher v. Braun und seine 100-köpfige Mannschaft. Weltweit wird sie für Droh- und Abschreckungspolitik sowie Transporte genutzt. Die USA wären ohne ihn nie als erste auf den Mond gekommen. Niemand sagt: “Pfui Deibel, das kommt von den Nazis, wir lassen die Finger davon”.

  2. Vielleicht sollte der Schreiber eine Trennung zwischen Medien + Geschäftsleitung = “Regierung” und dem Volk vornehmen, denn dann käme er auf eine andere Meinung! Ich identifiziere mich auch nicht mit den momentanen Poithampelmännern!

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  3. Ich wäre glücklich, hätten die Deutschen auch nur die Hälfte der Freiheitsliebe und des Patriotismus der Ungarn bei gleichzeitig extremer Herzlichkeit gegenüber Fremden, die ich bei meinen vielen Besuchen in Ungarn immer gespürt habe.

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