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“Wenn die Welt einmal untergehen sollte, ziehe ich nach Wien,
denn dort passiert alles 50 Jahre später.” Gustav Mahler

 

Von Dr. Johann Hüthmair

Covid hat uns die Illusion der wirtschaftlichen Planbarkeit vor Augen geführt. Früher war die Annahme vorherrschend, ein guter Businessplan sei schon der halbe Gewinn. Diese Blauäugigkeit hat Covid nachhaltig berichtigt. Der Stau der Strukturreformen zieht sich über ein viertel Jahrhundert, Covid legt diesen latenten Konflikt offen.

Für viele Bürger sind die Rahmenbedingungen für Startups mit Bürokratie überladen, die Ausstiegshürden zu hoch, sagt Dr. Johann Hüthmair von Restart. Startup-Rahmenbedingungen stecken in der Klemme; besonders intelligente Personen scheuen daher die Selbstständigkeit, trotz aller Lockmittel über Eintrittssubventionierung.

a) Die Digitalisierung hat den Behörden gewisse Vorteile gebracht, jedoch zu Lasten der KMU, erklärt Hüthmair an konkreten Beispielen der Digitalbürokratie bei Mitarbeiter-An- und Abmeldung etc., wo etwa Multiple choice unter 19 Möglichkeiten angeboten wird. mit gesamt fünf Eingabefelder. Dieses System erfüllt nicht die Funktionen dort, wo der geringste Aufwand entsteht, das wird sich so nicht lange halten können. Das sogenannte USP.gv.at erscheint eher als Unterbehörden-Slapstick-Portal, die Telefonservices senden die Unternehmer im Kreis, wie wir es bei einer Erstanmeldung eines Mitarbeiters selber erlebten. Erst die OGV-Mitarbeiter haben das Thema erfasst und mir telefonisch erklärt, wie man aus hunderten Wahlmöglichkeiten die richtige findet.


Alte Strukturen digitalisiert! Der Aufwand der Meldeübermittlung wurde von Behörden zu Unternehmen verlagert, jedoch ohne kundenfreundliche Bedienerstruktur.

b) Die Ausstiegshürden für Unternehmer und Bürgen gegenüber Gläubiger, meist Arbeitnehmerforderungen und Banken sind völlig rückständig, Relikte aus alten Zeiten. Die Gläubiger haben Schutzverbände, die vorwiegen ihre Leistung über die Historie-Quote begründen, den Unternehmen die letzte Liquidität herauspressen und somit wiederholte Insolvenzen provozieren. Ein Beispiel: Ein Elektroinstallateur ist in der 3. Insolvenz innerhalb 10 Jahren, da die Gläubigerschützer völlig blind Zahlungsplananträgen zustimmten, ohne die Liquidität für die 2‑Jahre-Quotenfrist kritisch zu hinterfragen.

c) Beim Ausstieg lauern Irrtümer und Fallen der Bürokratie, beispielsweise die Haftungen der Geschäftsführer gegenüber Behörden oder Gläubigerinteressen (StGB 159), die zur Anwendung kommen können. Wegen Unkenntnis ist diese Gefahr hoch, die eine Entschuldung über Privatinsolvenz ad absurdum führen. Ein weiteres unplanbares Risiko.

d) Die Verjährungsfrist beträgt in Österreich immer noch 30 Jahre. Bei Irrtum des Businessplans besonders für versorgungspflichtige Familien ein nicht blind hinnehmbares Restrisiko.

e) Die Pfändungstabelle für Familienversorger in Österreich gilt als das Schlusslicht in Europa. Vom Pfändungsbetrag über dem Existenzminimum gehen 70% an die Gläubiger. In Deutschland sind für Versorgungspflichtige die Bedingungen besser, nur 50% über dem Existenzminimum gehen als Einkommenspfändung an Gläubiger.

Ein Beispiel: Der Mord an Ehefrau und Mutter in Imst zeigt das Beispiel eines Gestrandeten, der diese Beschämung nicht ertragen konnte und seine Frau und Mutter erwürgte. Er konnte die Verwürfe beider nicht mehr ertragen. „Ziel war es, sie zum Schweigen zu bringen“, sagte der Täter. Die Resultate werden bestraft, jedoch nicht die Ursachen: “Femizid an 31-Jähriger in Imst: Ehemann zu 20 Jahren Haft verurteilt“. Bei der Unternehmensgründung war sicherlich nicht in Erwägung gezogen worden, dass es solche Ausmaße annehmen kann. Unerfahrenheit und Stolz etc. erscheinen als eine der Umstände des Resultates Mord. Dabei helfen auch hohe Strafmaße wenig. Siehe Artikel in Soziologie Heute, Juni 2021.

Es sind die Strukturen, die im Stau der Reformen stecken, die Behördenhierarchie kommt mit der Digitalisierung nicht mit, da die Strukturen aus alter Vorzeit ständig aufgebläht wurden und Reformen lediglich als Hinzufügungen erkennbar sind, wie im Falle der Insolvenzordnung.

Daher:

Struktur-Reform-Empfehlungen:

1)  Dieses überzüchtete und entgleiste Sozialverrechnungssystem-Verrechnvonung ist  Großbetriebe noch handhabbar, es braucht für Kleinbetriebe ein Keyaccount System für Startup (ähnlich KFZ-Anmeldung).
2) Die Verjährungsfrist wäre von 30 Jahren auf maximal 10 Jahren herabzusetzen, wie die Schweiz in der “Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) als Musterbeispiel vorführt.
3) Diese Umweltdiskusionen und die Mehrwertsteuer auf kleine Instandhaltungsunternehmer, die MwSt.-Befreuung von derzeit € 30.000 auf € 100.000 anheben, Bürokratie abbauen, zumindest für die ersten fünf Jahre nach Start-up-Gründung.
4) Die Wirtschaftskammer hat Banken und Versicherungen als eigenen Sektor, obwohl sie keine Wirtschaftsbetriebe sind, bei Insolventen spürt man den Widerspruch da sich die WKO nicht um Gestrandete kümmert. Die FMA könnte eine strukturkonforme Heimat den Banken bieten. Eine Insolvenzrücklage in der WKO, am Beispiel der Arbeiterkammer, könnte die Nachbetreuung bei Insolvenz gewährleisten, etc.
5) Exekutionsordnung: Die Verteilung exekutierbaren Einkommens dem europäischen Standard anpassen.

Großunternehmer bleiben als Investoren fern

„So bringt man Unternehmen nicht dazu, in Österreich zu investieren“, sagt Hanno Loren von IMD. Österreichs Wettbewerbsfähigkeit sei gesunken, im Wettbewerbs-Ranking büßte Österreich drei Plätze ein und fiel von Platz 16 auf 19 zurück.

Ein Gestrandeten-Hilfswerk will den Gestrandeten aus eigentümergeführten Betrieben unter die Arme greifen, insbesondere die Erfahrungen Gestrandeter anderen Vereinsmitgliedern anbieten um in einer Sanierung nicht auf die Liquidität nach der Entschuldung zu vergessen.

Die Behördenhierarchie, Steuerberater und Juristen lassen meistens sowohl die Emotionen aus Beschämungen oft zur Seite und die Liquidität hinterher. Es bringt bei manchen Gestrandeten oft suizidale Depression hervor, die jedoch vordergründig zu regeln sei, sagten auch erfahrene Psychotraumatherapeuten. Wie Johann Hüthmair im Buch “Restart für Gestrandete” berichtet, würde sich, sobald ein Unternehmer in Zahlungsstockung gerät, rasch wieder Zuversicht einstellen, wenn Vertrauen in einen Sanierungsbegleiter gefasst wird, der Sturm schlafloser Nächte legen. Eine geordnete Insolvenz-Abwicklung braucht Rahmenbedingungen, um nicht die Armutsvermehrung systembedingt zu fördern. Das Schöngerede des Aufschwungs in den Mainstreammedien trifft nicht auf Startups oder Kleinbetriebe zu.

Dr. Johann Hüthmair
emeritierter Sanierungsbegleiter
lebt in Oberösterreich
+437672 27898
www.restart.at
office@restart.at


3 Gedanken zu „Österreich: Reformenstau hemmt Start-ups im Sprung“
  1. Das Monstrum von Bürokratie und Berufsgruppen wie Anwälten, die mit Recht nichts mehr, aber mit Lobbyismus alles zu tun haben, soll doch gerade dazu dienen, den Mittelstand zu zerstören und die “globalen Player” allein zu stärken. Wir verarmen, nicht nur finanziell, auch an Produkten und Lebensmitteln. Am Beispiel Äpfel:
    Früher gab es Sorten wie “Ingrid Marie” “Gravensteiner” “Cox Orange” “Goldparmäne”, die Käufer wussten um ihren Geschmack. Heute gibt es “rote Äpfel”, kein Name, genausogut wie der Geschmack – nichtssagend mit einem Geschmack nach nichts . Hauptsache weit hergeholt, von großen Monokulturen, lange Lagerung in Kühlhäusern, gleich “schön” aussehend.

    1. c/o Barbara

      Wer kennt noch Gurken? Bei meinen Bemühungen leckere Gurken zu erwerben, durfte ich erfahren, daß unsere beste Qualität grundsätzlich in China landet. Wir kriegen nur noch den Dreck, wurde ich belehrt!

  2. Generationenlanges Wirtschaften wird erst wieder möglich, wenn alle Subventionen und die Alimentierung rest- und gnadenlos verboten wird. Dazu wird es aber nicht kommen, weil längst eine gigantische Subvention- und Alimentierungsindustrie mit abertausenden von Mitarbeitern entstanden ist.

    Hinzu kommt, daß Staat Nimmersatt ganz entspannt sein ausrangiertes Personal in der Subvention- und Alimentierungsindustrie parkt. Und damit übernimmt die Subvention- und Alimentierungsindustrie versteckt all die praktische Regierungsarbeit, die den Menschen das Leben erschwert.

    Warum streicht man in der BRD nicht die GEZ-Zwangsbeiträge? Die jährliche Kaufkraft eines jeden Haushalts steigt um 200 EURO. Tausende von Rechtsanwälten und Gerichtsvollzieher können sinnvollere Arbeiten verrichten. Die GEZ-Zwangsbeiträge werden nicht gestrichen, weil Staat Nimmersatt die GEZ-Zwangsbeiträge als Insignien der Macht wie eine Monstranz vor sich herträgt.

    Inzwischen hat jeder Lebensbereich seine “GEZ”, und darum weichen kleine und mittlere Unternehmen aus Deutschland vermehrt nach Ungarn aus!

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