Washington und seine NATO-Verbün­dete: Illu­sionen ablegen – Kriege beenden

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Von Colonel DOUGLAS MACGREGOR, US Army | Von dem Moment an, als der Krieg in der Ukraine begann, war die west­liche Bericht­erstat­tung über diesen Krieg durch radi­kale Ableh­nung der Wahr­heit geprägt. Washington und seine NATO-Verbün­deten wussten immer, dass die NATO-Erwei­te­rung bis an die Grenzen Russ­lands einen bewaff­neten Konflikt mit Moskau auslösen würde, aber das war der herr­schenden globa­lis­ti­schen Klasse der NATO egal. Für sie war das Russ­land des Jahres 2022 unver­än­dert das schwache und unfä­hige Russ­land der späten 1990er Jahre. Das Risiko eines Schei­terns schien gering. Ergo konnte Russ­land zur Unter­wer­fung gezwungen werden.
Die Ameri­kaner und die meisten Euro­päer machten sich nicht die Mühe, zu hinter­fragen oder zu analy­sieren. Die weit verbrei­tete stra­te­gi­sche Unkenntnis über Russ­land und Osteu­ropa sorgte dafür, dass die meisten Ameri­kaner und auch West­eu­ro­päer schnell und heftig auf die Zerr­bilder und Lügen der west­li­chen Medien über Russ­land reagierten. Gleich­zeitig wurde in der Presse Kritik an der Rolle Washing­tons bei der Gestal­tung des korrupten und betrü­ge­ri­schen Verhal­tens des Wolo­dymyr-Zelen­skyj-Regimes und seines Krieges nicht geduldet.

Washing­tons herr­schende Klasse jubelte, als sie russi­sche Gesprächs­vor­schläge mit der Begrün­dung ablehnte, sie würden das Recht der NATO nicht aner­kennen, die Ukraine in einen Stütz­punkt für die gegen Russ­land gerich­tete Mili­tär­macht der USA und der Alli­ierten zu verwan­deln. Ukrai­ni­sche Flaggen sprossen aus den üppigen Böden der wohl­ha­ben­deren Viertel Amerikas wie Blumen in einem Arbo­retum, und Präsi­dent Zelen­skyy wurden Wunder in Form von unbe­grenzter Mili­tär­hilfe, Wunder­waffen und Bargeld verspro­chen – Verspre­chen, die die stra­te­gi­sche Realität nicht rechtfertigte.

Im Jahr 2022 verfügte die Biden-Regie­rung nicht mehr über die mili­tä­ri­sche und wirt­schaft­liche Stärke, um einen konven­tio­nellen Krieg auf hohem Niveau zu führen, wie sie es 1991 getan hatte. Einen großen Krieg 10.000 Meilen von der Heimat entfernt auf dem eura­si­schen Konti­nent zu führen, ist ohne die Unter­stüt­zung wirk­lich mäch­tiger Bünd­nis­partner nach dem Vorbild des briti­schen Empire im Zweiten Welt­krieg unmög­lich. Die NATO-Verbün­deten Washing­tons sind mili­tä­risch Abhän­gige und keine formi­da­blen stra­te­gi­schen Partner.

Während die russi­sche Mili­tär­macht nach wie vor auf entschei­dende Opera­tionen von russi­schem Boden aus ausge­richtet ist, ist die ameri­ka­ni­sche Mili­tär­macht darauf ausge­richtet, eine begrenzte Luft‑, See- und Land­macht Tausende von Kilo­me­tern von der Heimat entfernt in die Rand­ge­biete Asiens und Afrikas zu proji­zieren. Die ameri­ka­ni­sche Mili­tär­macht besteht aus Boutique-Truppen, die für Safaris in Afrika und im Nahen Osten konzi­piert sind, nicht für entschei­dende Kampf­ein­sätze gegen konti­nen­tale Groß­mächte wie Russ­land oder China.

Acht­zehn Monate später liegt die Ukraine in Trüm­mern. Die jüngste Gegen­of­fen­sive hat nichts gebracht. In den letzten drei Wochen starben schät­zungs­weise 26.000 ukrai­ni­sche Soldaten bei sinn­losen Angriffen gegen russi­sche Vertei­di­gungs­an­lagen von Welt­rang. (Unter Vertei­di­gungs­an­lagen „in der Tiefe“ versteht man eine Sicher­heits­zone von 15 bis 25 Kilo­me­tern vor der Haupt­ver­tei­di­gung, die aus mindes­tens drei Vertei­di­gungs­gür­teln von zwanzig oder mehr Kilo­me­tern Tiefe besteht.)

Russi­schen Verluste im Vergleich minimal

Heute führen mehr als 100.000 russi­sche Soldaten Offen­siv­ope­ra­tionen entlang der Achse Lyman-Kupiansk durch. Zu diesen Kräften gehören 900 Panzer, 555 Artil­le­rie­sys­teme und 370 Mehr­fach­ra­ke­ten­werfer. Es braucht nicht viel Phan­tasie, um den Durch­bruch dieser Truppen nach Norden zu erahnen, wo sie Charkow einkes­seln können.

Sobald die russi­schen Streit­kräfte die Stadt umzin­gelt haben, werden sie zu einem unwi­der­steh­li­chen Magneten für die letzte ukrai­ni­sche Reserve von 30–40.000 Mann. Die ukrai­ni­schen Streit­kräfte, die im Osten angreifen, um nach Charkow durch­zu­bre­chen, werden der Kombi­na­tion aus russi­schen welt­raum- und erdge­stützten ISR-Anlagen (Intel­li­gence, Surveil­lance, Recon­nais­sance) und Präzi­sions-Luft- und Raumfahrt‑, Artillerie‑, Raketen- und Rake­ten­sys­temen ein Ziel­feld bieten, das nur ein Blinder verfehlen kann.

Keine dieser Entwick­lungen sollte irgend­je­manden im Westen über­ra­schen. Der spon­tane Aufbau einer ukrai­ni­schen Armee mit einem Sammel­su­rium von eilig zusam­men­ge­stellter Ausrüs­tung aus einer Viel­zahl von NATO-Mitglie­dern und einem Offi­ziers­korps aus vielen mutigen, aber uner­fah­renen Offi­zieren hatte selbst unter den besten Umständen wenig Aussicht auf Erfolg.

Kriege werden in den Jahr­zehnten vor ihrem Ausbruch entschieden. Im Krieg verschafft das plötz­liche Auftau­chen von „Silver Bullet“-Technologie selten mehr als einen vorüber­ge­henden Vorteil, und starke Persön­lich­keiten in den Führungs­etagen können eine unzu­rei­chende mili­tä­ri­sche Orga­ni­sa­tion, Ausbil­dung, Denk­weise und effek­tive Ausrüs­tung nicht ausglei­chen. Ein neues, durch­ge­si­ckertes Memo­randum aus ukrai­ni­schen Quellen veran­schau­licht diese Punkte:

„Einheiten der ukrai­ni­schen Streit­kräfte befinden sich in einem so schreck­li­chen Zustand, dass die Soldaten ihre Posten verlassen, und obwohl dies in diesen Doku­menten nicht erwähnt wird, wurde eine Flut von Videos aus russi­schen Quellen veröf­fent­licht, in denen behauptet wird, dass ukrai­ni­sche Mili­tär­an­ge­hö­rige sich bei der ersten Gele­gen­heit ergeben, weil sie glauben, dass sie als ’nichts weiter als Kano­nen­futter‘ behan­delt werden.“

Die Ereig­nisse vor Ort beginnen, die sorg­fältig insze­nierte Scha­rade in Kiew zu über­holen. Es gibt wenig, was dozie­rende Gene­räle im Ruhe­stand und Mili­tär­ana­lysten am Schreib­tisch tun können, um das Unver­meid­liche aufzu­halten. Moskau ist sich darüber im Klaren, dass der Krieg ohne russi­sche Offen­siv­maß­nahmen nicht enden wird. Was auch immer die

ursprüng­li­chen Ziele Washing­tons gewesen sein mögen, sie sind nicht mehr zu errei­chen. Die russi­schen Streit­kräfte werden schon bald mit der Wucht und dem Einschlag einer Lawine auf die ukrai­ni­schen Streit­kräfte stürzen.

Bevor die gesamte ukrai­ni­sche Streit­macht vernichtet wird oder eine „Koali­tion der Willigen“ aus Polen und Litauen in die West­ukraine einmar­schiert, kann Washington die Abwärts­spi­rale der Ukraine in die totale Nieder­lage und sein eigenes unver­ant­wort­li­ches Abdriften in einen regio­nalen Krieg mit Russ­land aufhalten, auf den Washington und seine Verbün­deten nicht vorbe­reitet sind.

Neutra­lität statt NATO-Mitgliedschaft

Inner­halb des Regie­rungs­be­zirks könnten sich kühlere Köpfe durch­setzen. Die Kämpfe können aufhören, aber ein Waffen­still­stand und die diplo­ma­ti­schen Gespräche, die sich an einen Waffen­still­stand anschließen müssen, werden nicht zustande kommen, wenn Washington und seine Verbün­deten nicht drei entschei­dende Punkte anerkennen:

Erstens: welche Form der ukrai­ni­sche Staat nach dem Konflikt auch immer annehmen wird, die Ukraine muss neutral und bünd­nis­frei sein. Eine NATO-Mitglied­schaft kommt nicht in Frage. Eine neutrale Ukraine nach öster­rei­chi­schem Vorbild kann immer noch einen Puffer zwischen Russ­land und seinen west­li­chen Nach­barn bilden.

Zwei­tens müssen Washington und seine Verbün­deten sofort jegliche Mili­tär­hilfe für die Ukraine aussetzen. Eine Verdop­pe­lung des Schei­terns durch die Einfüh­rung von mehr Ausrüs­tung und Tech­no­logie, die die ukrai­ni­schen Streit­kräfte nicht schnell aufnehmen und einsetzen können, ist Verschwen­dung und selbstzerstörerisch.

US-Abzug aus Ukraine

Drit­tens muss das gesamte Personal der USA und ihrer Verbün­deten, ob in Zivil oder in Uniform, aus der Ukraine abziehen. Das Beharren auf einer gewissen Form der NATO-Präsenz als gesichts­wah­rende Maßnahme ist sinnlos. Der Versuch, die „neue globa­lis­ti­sche Welt­ord­nung“ der NATO auf Russ­land auszu­dehnen, ist gescheitert.

Die Sache ist ganz einfach. Es ist an der Zeit, dass Washington seine Aufmerk­sam­keit nach innen richtet und sich mit dem jahr­zehn­te­langen gesell­schaft­li­chen, wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Verfall Amerikas nach 1991 befasst. Es ist an der Zeit, den Rück­gang des natio­nalen Wohl­stands und der Macht Amerikas umzu­kehren, unnö­tige Konflikte in Übersee zu vermeiden und künf­tige Einmi­schungen in die Ange­le­gen­heiten anderer Natio­nal­staaten und ihrer Gesell­schaften zu vermeiden. Die Bedro­hungen für unser Land sind hier zu Hause zu finden, nicht in der östli­chen Hemisphäre.

Dieser Artikel erschien am 20. Juli 2013 auf  THE KENNEDY BEACON

Archiv > Artikel von Douglas Macgregor auf antikrieg.com

 


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7 Kommentare

  1. Aus dem Archiv gefischter Antrag der Grünen:

    „Die alle 2 Jahre statt­fin­denden Übungen WINTEX/CIMEX sind NATO-weite gemein­same Stabs­rah­men­übungen von mili­tä­ri­schen und zivilen Stellen, bei denen auf Verwal­tungs­ebene die Vorbe­rei­tung und Führung eines Krieges geübt wird, weil die NATO die Vorbe­rei­tung und Führung eines Krieges übt. Beendet werden diese Übungen regel­mäßig mit einem ange­nom­menen atomaren Schlag­ab­tausch und der völligen Vernich­tung Europas.“ (Nieder­säch­si­scher Landtag Druck­sache 11/166, 29.09,1986, Seiten 1–2)

    Ist doch schon ein bißchen her…

  2. Tut mir nicht Leid,
    der Artikel hätte mal da bleiben sollen wo er herkommt.

    Binsen­weis­heiten, Milch­mäd­chen­rech­nungen und Offensichtliches…

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  3. „Kriege werden in den Jahr­zehnten vor ihrem Ausbruch entschieden.“
    Endlich mal ein ameri­ka­ni­scher Soldat, der Sun Tzu nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hat.

    Bleibt nur zu hoffen, dass das neue Vorbild der US-Politik nicht Fran­çois I. ist – Krieg verlieren, weit­rei­chende Verspre­chungen machen, nichts davon erfüllen. Es entspräche genau der Menta­lität der Bewohner des Washing­toner Sumpfes, jetzt ein Vertrags­werk von den Dimen­sionen des West­fä­li­schen Frie­dens zu unter­zeichnen und dann jeden einzelnen Artikel übers Jahr zu brechen. In welchem Fall nicht nur die Russen, sondern auch die Chinesen ihr Lied­chen singen werden und außer den Berliner Skla­ven­seelen niemand mehr für die USA eintreten wird.

    Aber was hat Kennedy eigent­lich mit Schinken zu tun? Ich frage für eine Freundin in der Bundesregierung…

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  4. Wann ist Schluss mit den Uran­lie­fe­rungen aus Russ­land an die USA und Frank­reich? Wann ist Schluss mit den Liefe­rungen seltener Rohstoffe aus Russ­land? Ein russi­scher Liefer­stopp wird die Kriegs­ge­lüste der West­mächte schnell beenden.

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    • Ja, gut gestellte Fragen. Das weckt berech­tigte Zweifel am Konflikt zwischen den USA und Russ­land. Dient der Krieg doch zur Ablen­kung bzw. Neuge­stal­tung Europas? Die Ukraine hat als Staat ausge­dient. Welche Staaten werden folgen und wo wird der nächste Konflikt generiert?

  5. Die Russen sollten ihre sicher noch vorhan­denen Rechte, resul­tie­rend aus den
    Ergeb­nissen nach dem 2. WK einfor­dern, die deut­sche, von den Amis eingesetzte
    Regie­rung gefangen nehmen, nach Workuta bringen, den Hauprtwaffenlieferant
    Rhein­me­tall, dessen Führungs­kräfte in Moskau öffent­lich hin…
    Ganz einfach, aus der US ameri­ka­ni­schen BRD wieder ein Deutsch­land machen in
    den Grenzen von 1937 !

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