70. Jahrestag des Waffen­still­stands: Der Korea­krieg war Gene­ral­probe für Dritten Weltkrieg

Die beiden Fronten des Kalten Krieges sind gebildet

 

Von JURY TAWROWSKY | Die Feier­lich­keiten zum 70. Jahrestag des Waffen­still­stands im Korea­krieg am 27. und 28. Juli in Pjöng­jang und die Anwe­sen­heit von Dele­ga­tionen aus Russ­land und China verdeut­li­chen die stra­te­gi­sche Lage im Pazifik auf beson­dere Weise. Die korea­ni­schen Soldaten, die an der Parade teil­nahmen, trugen Galliffet-Armee-Reit­hosen und Stiefel, aber hinter ihnen bewegten sich Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten aus eigener Produk­tion mit atomarer Ladung. Der „Junge Führer“ Kim Jong-un zeigte dem russi­schen Vertei­di­gungs­mi­nister, Sergej Schoigu Lang­stre­cken­drohnen und andere Errun­gen­schaften der unab­hän­gigen Mili­tär­in­dus­trie seines Landes. Er befeh­ligt eine Armee mit 1.200.000 Bajo­netten, die der russi­schen und chine­si­schen Armee nur leicht unter­legen ist.

Nord­korea hat nie verschwiegen, dass im Krieg von 1950–1953 drei bis vier Millionen Menschen – ein Zehntel der Einwohner der korea­ni­schen Halb­insel – gestorben sind.


Die Ameri­kaner warfen 630.000 Tonnen Bomben auf Korea ab – 100.000 mehr als auf Japan und den gesamten Pazi­fik­raum während des Zweiten Welt­kriegs. Die USA zerstörten alle Städte, vernich­teten Brücken, Bewäs­se­rungs­an­lagen und sogar Reis­felder. Das schreck­liche Blut­ver­gießen und die Folgen des Krieges stählten die Führer sowohl in Nord- als auch in Südkorea, worauf harte Regimes die Bevöl­ke­rungen viele Jahre lang regierten.

Die Armee von Kim Il Sung, die einen Präven­tiv­schlag geführt und zunächst die südko­rea­ni­schen Truppen besiegt hatte, erlitt erste Nieder­lagen, nachdem die Verei­nigten Staaten in den Bürger­krieg einge­griffen hatten und sich an der Grenze zu China fest­ge­na­gelt wieder­fanden. Es drohte die Gefahr, dass die Ameri­kaner und ihre Verbün­deten das ganze Land besetzen würden, weshalb Pjöng­jang [Haupt­stadt der Demo­kra­ti­schen Volks­re­pu­blik Koreas] den Krieg auch einen Befrei­ungs­krieg nennt.

 

Demo­kra­ti­sche Volks­re­pu­blik Korea (DVRK) | Quelle: Tschubby, CC BY-SA 3.0 <creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/&gt;, via Wiki­media Commons

Nachdem Mao Zedong ameri­ka­ni­sche Divi­sionen an den Grenzen seiner nord­öst­li­chen Provinzen vorfand, ließ er keinen Krieg erklären, aber befahl den Kämp­fern der „Volks­frei­wil­li­gen­armee“, den Grenz­fluss Yalu­jiang zu über­queren. In der Volks­re­pu­blik China wird diesen Ereig­nissen offi­ziell unter der Bezeich­nung „Krieg gegen die ameri­ka­ni­sche Aggres­sion mit Hilfe für Korea“ gedacht.

Mit dem Eintreffen der Chinesen im November 1950 trat der Krieg in eine neue Phase. Die „chine­si­schen Frei­wil­ligen“ waren viel schlechter bewaffnet als die Ameri­kaner. Aber sie verfügten über einen reichen Erfah­rungs­schatz aus dem gerade been­deten Bürger­krieg (1946–1949). Sie wurden von talen­tierten Gene­rälen unter der Führung von Marschall Peng Dehuai (1898 – 1974) befeh­ligt. Die Chinesen erzielten takti­sche Erfolge, indem sie den Ameri­ka­nern Fallen stellten und ganze Einheiten auslöschten. Die Front­linie konnte so nach Süden verschoben werden. Doch zur Unter­stüt­zung der Ameri­kaner gesellte sich „General Frost“. Chinesen, die nur mit Sommer­uni­formen bekleidet waren, waren in den schnee­be­deckten Bergen schutzlos eisiger Kälte ausge­setzt. Aufgrund der Über­le­gen­heit des Feindes an Panzern, Artil­lerie und Hand­feu­er­waffen erlitten sie hohe Verluste. Ameri­ka­ni­sche Luft­herr­schaft wirkte sich erschwe­rend aus und hielt bis zum Erscheinen von MIG-15 Strahl­flug­zeugen mit sowje­ti­schen und chine­si­schen Piloten an.

Die UdSSR, welche formell nicht am Krieg teil­nahm, ließ ein spezi­elles 64. Kampf­flie­ger­korps unter dem Kommando des drei­fa­chen Helden der Sowjet­union Iwan Kozhedub (1920 – 1991) aufstellen. Russi­sche Flug­zeuge star­teten von sowje­ti­schen und chine­si­schen Flug­plätzen aus. Die Piloten galten als Chinesen oder Koreaner und es war ihnen streng verboten, die vom Feind kontrol­lierten Gebiete zu über­fliegen, um nicht gefangen genommen oder getötet zu werden. So entstand der Witz über den chine­si­schen Piloten Li Si Tsing, der sein Flug­zeug nur mit den Füßen steuert, während er mit seinen Händen Schlitz­augen zieht.

Russi­sche Piloten absol­vierten etwa 64.000 Kampf­ein­sätze und führten mehr als 1.800 Luft­kämpfe durch. Insge­samt wurden 1.259 feind­liche Flug­zeuge abge­schossen. In diesem Krieg fielen 315 sowje­ti­sche Soldaten, von denen 244 auf dem Solda­ten­friedhof der chine­si­schen Stadt Dalian, neben den Kriegs­helden der Vertei­di­gung von Port Arthur im Russisch-Japa­ni­schen Krieg von 1904–1905, begraben liegen. Die Gräber sowje­ti­scher Gefal­lener wurden vor kurzem von der Vorsit­zenden des Föde­ra­ti­ons­rates, Valen­tina Matwi­jenko, geehrt.

Die Verluste auf beiden Seiten waren enorm: Nord­korea dürfte 535.000 und Südkorea 587.000 Menschen verloren haben. Truppen, der unter Schirm­herr­schaft der UNO gebil­deten Koali­tion aus 21 Ländern, worunter der Anteil ameri­ka­ni­scher Soldaten 90 % ausmachte, verloren 150 000 Menschen. Die Gefal­lenen der chine­si­schen „Volks­frei­wil­li­gen­armee“ beliefen sich auf 197.000.

Letz­tere Verlust­zahl wurde im November 2020 in Peking offi­ziell bekannt gegeben, nachdem der Jahrestag des Kriegs­ein­tritts Chinas erst­mals umfas­send begangen wurde. Zu diesem Zeit­punkt war die Ära der „Zweckehe“ zwischen China und USA, die 1979 unter Deng Xiao­ping und Jimmy Carter geschlossen worden war, schon zu Ende: Präsi­dent Donald Trump hatte 2018 den Kalten Krieg mit China wieder­auf­ge­nommen, Handels­sank­tionen verhängt, eine Tech­no­lo­gie­blo­ckade ausge­löst und die Waffen­lie­fe­rungen nach Taiwan ausgeweitet.

Peking entschloss sich Washington an die Gefahren zu erin­nern, die ein direktes Aufein­an­der­treffen mit sich brächte. Immerhin war der Korea­krieg schon der zweite chine­sisch-ameri­ka­ni­sche Zusam­men­prall, nachdem die USA schon am Boxer­krieg (1899 – 1901) der damals „Verei­nigten acht Staaten“ aktiv betei­ligt waren.

Mili­tär­mu­seen, die in all den Jahren der Entspan­nung mit Amerika unter Reno­vie­rung standen, wurden in den Grenz­ge­bieten zur DVRK wieder­eröffnet. Das ganze Land verfolgte Fern­seh­be­richte von der Über­füh­rung sterb­li­cher Über­reste chine­si­scher Kämpfer, die als „Märtyrer“ bezeichnet wurden, mit Trans­port­flug­zeugen aus Südkorea. Diese Spezi­al­flug­zeuge wurden von modernsten Kampf­jets eskor­tiert. Das letzte Geleit bewegte sich von den Flug­plätzen zu den finalen Ruhe­stätten unter den entrollten Kriegs­flaggen auf gepan­zerten Mannschaftstransportern.

Höhe­punkt der Trau­er­fei­er­lich­keiten bildete ein Akt in Peking unter Leitung von Xi Jinping: Als Ober­be­fehls­haber der Streit­kräfte und Gene­ral­se­kretär der Kommu­nis­ti­schen Partei rief er dazu auf, in der neuen Ära unter dem großen Wieder­erstarken der chine­si­schen Nation an den großen Geist des Wider­standes gegen Aggres­sionen anzuknüpfen.

Wladimir Putins Gruß an den korea­ni­schen Führer Kim Jong-un bezog sich auf den 70. Jahrestag des Sieges des korea­ni­schen Volkes im Vater­län­di­schen Befrei­ungs­krieg 1950–1953. Dieser Krieg, der auf der ganzen Welt als Korea­krieg bekannt ist, begann nicht zufällig, kurz nachdem der sowje­tisch-chine­si­sche Vertrag über Freund­schaft, Bündnis und gegen­sei­tigen Beistand am 14. Februar 1950 in Moskau unter­zeichnet worden war. Nach der Grün­dung des NATO-Mili­tär­blocks am 4. April 1949 spal­tete sich die Welt endgültig in zwei Lager, die sich im Kalten Krieg gegen­über­standen. Die Grün­dung der Warschauer-Pakt-Orga­ni­sa­tion lag noch einige Jahre in der Zukunft, aber das sozia­lis­ti­sche Lager in Osteu­ropa war bereits Realität. Nach dem erfolg­rei­chen Test der ersten Atom­bombe durch die UdSSR am 29. August 1949 hatte der Westen einen wich­tigen stra­te­gi­schen Vorteil gegen­über dem Osten verloren und die Kräfte waren wieder ausgeglichen.

Der Korea­krieg war der erste direkte Zusam­men­stoß zwischen Ost und West auf dem Schlacht­feld nach dem 2. Welt­krieg. Dieser Krieg kann auch als Gene­ral­probe für den Dritten Welt­krieg ange­sehen werden.

Es ist keine Über­trei­bung zu sagen, dass der sowje­tisch-chine­si­sche Vertrag 1950 den fron­talen Zusam­men­prall beider Global­sys­teme verhin­derte. Stalin betrach­tete die VR China als den wich­tigsten stra­te­gi­schen Verbün­deten der UdSSR in einem mögli­chen Weltkrieg.

Mao Zedong hoffte, durch ein Bündnis mit Stalin einen mögli­chen Gegen­an­griff mit ameri­ka­ni­scher Unter­stüt­zung aus Taiwan abwehren und das durch den Krieg gegen Japan und auch Chiang Kai-shek (1887 – 1975) geschwächte Land stärken zu können. Der Wunsch, die erfolg­rei­chen sowje­ti­schen Erfah­rungen beim Wieder­aufbau nach dem Krieg zu nutzen und umfas­sende Hilfe vom „großen Bruder“ zu beziehen, war verständ­lich. Beide Stra­te­gien entspra­chen den natio­nalen Inter­essen beider Länder, ergänzten sich und wurden weit­ge­hend verwirk­licht. Durch seine aufop­fe­rungs­volle Teil­nahme am Korea­krieg bestä­tigte die VR China die Bereit­schaft, ihren Verpflich­tungen als Verbün­deter nach­zu­kommen und im Falle eines globalen Zusam­men­stoßes zwischen den Lagern des Sozia­lismus und des Kapi­ta­lismus eine „zweite Front“ zu errichten.

Der neue Kalte Krieg verschärft sich vor unseren Augen, nachdem er einige Jahr­zehnte geruht hatte. Nachdem der Zusam­men­bruch der Sowjet­union betrieben war, hoffte der Westen, Russ­land über ihr liberal-kapi­ta­lis­ti­sches Entwick­lungs­mo­dell in einen gehor­samen Verbün­deten verwan­deln zu können. Nach Schei­tern seiner Bemü­hungen, entfes­selte der Westen eine Reihe von „Farb­re­vo­lu­tionen“ an den russi­schen Grenzen, wovon eine den russi­schen Präven­tiv­schlag bzw. die spezi­elle Mili­tär­ope­ra­tion auslöste. Die Stra­tegie einer Einbin­dung Chinas in das west­liche Lager in der Hoff­nung, die sozia­lis­ti­sche Kompo­nente zu verdrängen und eine Abkehr von der Kommu­nis­ti­schen Partei zu errei­chen, schei­terte ebenfalls.

Nun haben sich tatsäch­lich zwei Fronten des Kalten Krieges gebildet. An der West­front stehen die NATO-Truppen an den russi­schen Grenzen von Finn­land bis zur Türkei und kämpfen, notdürftig getarnt, an der ukrai­ni­schen Front. An der Fern­ost­front wird das derzei­tige System bila­te­raler Mili­tär­ab­kommen verstärkt und es werden neue Blöcke gebildet, um China einzu­dämmen. Die Aufrüs­tung Taiwans und der Druck auf das sepa­ra­tis­ti­sche Regime in Taipeh, sich von China abzu­spalten, sollen Peking zu einem Präven­tiv­schlag provo­zieren. Wie im Korea­krieg hofft Washington auf Bildung einer inter­na­tio­nalen Koali­tion zur Bekämp­fung von China.

Eine natür­liche Reak­tion auf die Schaf­fung der West- und Ostfront des Kalten Krieges ist die „Gefechts­ab­stim­mung“ zwischen Russ­land und China. Die dies­be­züg­li­chen stra­te­gi­sche Konturen wurden in den Gesprä­chen zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping im März 2023 umrissen.

Die DVRK könnte in besagter „Gefechts­ab­stim­mung“ eine beträcht­liche Reserve darstellen. Sie ist auch ein Objekt der Abschre­ckung, um am Rande eines Krieges ein Gleich­ge­wicht zu liefern. Die Rolle der DVRK bei der Konfron­ta­tion mit dem Westen wurde in der Begrü­ßung von Wladimir Putin erwähnt: „Die entschlos­sene Unter­stüt­zung der mili­tä­ri­schen Sonder­ope­ra­tion in der Ukraine durch die DVRK und die Soli­da­rität mit Russ­land in wich­tigen inter­na­tio­nalen Fragen unter­strei­chen unser gemein­sames Inter­esse und unsere Entschlos­sen­heit, der Politik des kollek­tiven Westens entgegenzutreten“.

Kim Jong-un sprach bei seinen Treffen mit russi­schen Vertei­di­gungs­mi­nister, Sergej Schoigu und dem Leiter der chine­si­schen Dele­ga­tion, Li Hong­zhong, Mitglied des Polit­büros des ZK der KPCh, über die Unan­nehm­bar­keit der Politik des Westens. Die Bereit­schaft, eine „Gefechts­ko­or­di­na­tion“ mit Moskau und Peking zu etablieren, wurde durch Demons­tra­tion neuester Waffen unterstrichen.

Die Tradi­tion des gemein­samen Wider­standes von Moskau, Peking und Pjöng­jang gegen das aggres­sive Vorgehen der USA und ihrer Verbün­deten wurde wiederbelebt!

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3 Kommentare

  1. Mit den Teilungen von Völkern teilten sich die Stalin UdSSR und die USA die Welt.
    In Europa mit uns Deut­schen und eben in Asien. Wir haben auch noch keinen Frie­dens­ver­trag und sind unselb­ständig und jeder­zeit erpreßbar. Was für Ganoven beherr­schen die Welt!!!!

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  2. OT: BTW: Wer 33.400 Treffer bei Google vergessen will, da es sich um 33.400 Propa­ganda-Artikel gegen China handelt und die Wahr­heit ueber das “Massaker auf dem Platz des Himm­li­chen Frie­dens” erfahren will, der lese den Artikel: “Der Test­fall Tian­anmen-Platz” auf der Webseite: peds-ansichten.de/2019/02/tiananmen-massaker-1989/
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